Als Domenico Amodeo am Wochenende seine E-Mails kontrollierte, staunte er nicht schlecht. Dutzende unzustellbarer Nachrichten fanden sich in seinem Postfach, dabei hatte er gar keine Mails geschickt.
„Ich habe dann mein Passwort geändert“, sagt Amodeo. Als er sich am nächsten Tag wieder anmelden wollte zeigte ihm GMX an, dass in der Zwischenzeit 180 mal erfolglos versucht wurde, sich in das Konto einzuloggen. In einem anderen Fall meldete ein Nutzer via Twitter gar 2832 fehlgeschlagene Loginversuche.
Eigentlich wird die Zahl der Versuche, sich anzumelden von GMX technisch begrenzt. So soll verhindert werden, dass Passwörter ausprobiert und geraten werden bzw. automatisierte Programme zahlreiche Kombinationen durchprobieren.
Doch es ist den Angreifern offensichtlich gelungen, dies zu umgehen. Verschiedene GMX-Kunden berichten der WirtschaftsWoche, dass von ihren Konten Spam versandt wurde. „Seit letztem Freitag häufen sich Anfragen von Nutzern, die beschreiben, dass Spam von Ihren E-Mail-Accounts versendet wird“, bestätigt ein GMX-Sprecher. Wie viele Kunden betroffen sind, konnte das Unternehmen nicht sagen.
Daher hat das Unternehmen zahlreichen Betroffenen eine Nachricht an die hinterlegte alternative E-Mail-Adresse geschickt. „Unsere Sicherheitsexperten haben festgestellt, dass unbefugte Dritte möglicherweise auf Ihren GMX Account zugegriffen haben“, heißt es darin.
Die Kunden werden aufgefordert, ein neues Passwort zu wählen und dabei besonders auf die Sicherheit zu achten. Zudem sollten Betroffene ihre Rechner auf Viren überprüfen, kostenlose Tools gibt es beispielsweise unter botfrei.de.
Merkregeln für sichere Passwörter
Zugegeben, „Password“, „12345“, „qwert“, „0000“ oder der eigene Name sind leicht zu merken. Trotzdem sollte sich, wer eine dieser Zeichenfolgen als Zugangscode für das Konto, den Computer oder die Kreditkarte gewählt hat, schleunigst Gedanken über sicherere Alternativen machen. Denn viel leichter kann man es Hackern kaum noch machen.
Doch selbst ein schwacher Schutz ist besser als gar keiner. Aktivieren Sie deshalb am Mobiltelefon neben der PIN-Abfrage der SIM-Karte auch den Passwortschutz des Gerätes selbst. So wird nicht nur die SIM, sondern auch das Mobiltelefon für Diebe unbrauchbar. Prüfen Sie zudem, ob die Passwortabfrage in Ihrem heimischen schnurlosen Funknetz (WLAN) aktiv ist. Sonst surfen Fremde kostenlos mit.
Vermeiden Sie es, identische Passwörter für mehrere Zwecke zu nutzen. Wer im WLAN-Netz eines Cafés den gleichen Zugangscode zur Abfrage der E-Mails verwendet wie daheim für Zugriffe auf das Online-Bankkonto, handelt fahrlässig. Denn die Codes werden über Funk meist unverschlüsselt übertragen. Sicherheitsexperten empfehlen, wenigstens drei unterschiedlich komplexe Schlüssel für unterschiedlich sensible Anwendungen einzusetzen. Wichtig: Wenn die Gefahr besteht, dass ein Passwort bekannt geworden ist oder gar geknackt wurde, tauschen Sie es sofort aus.
Auch bei Passwörtern gilt: „Viel hilft viel“. Je länger und komplexer die Codes sind, desto sicherer sind sie. Je weniger Systematik und Semantik in ihnen steckt, desto besser. Vor allem der Einsatz von Sonderzeichen wie §, &, $ oder @ steigert die Zahl der Passwort‧alternativen enorm. Leider nur sind diese Schlüssel auch schwerer zu merken.
Reine Zahlencodes wie Handy-, EC- oder Kreditkarten-PINs geraten im alltäglichen Informationswust allzuleicht in Vergessenheit. Sie lassen sich besser merken, wenn Sie diese mit emotional relevanten Fakten assoziieren – und die voreingestellten Codes der Karten entsprechend umprogrammieren. Vergessen Sie Ihr Geburtsdatum, das recherchieren Datendiebe im Zweifel auch. Wie wäre es aber mit dem Tag, an dem Ihr Lieblingsverein zum letzten Mal Meister wurde, Sie Ihr Diplom gemacht oder die Ausbildung abgeschlossen haben? Darauf kommt keiner – und Sie können es zur Not sogar nachschlagen.
Sicherer als reine Zahlen-PINs sind Kombinationen aus Zahlen und Buchstaben. Sie haben am 31. März 89 geheiratet? Lesen Sie im Wechsel die Buchstaben von hinten, die Zahlen von vorn: „3z1r8ä9m“ ist schwer zu knacken, für Sie aber leicht zu merken. Mischen Sie die letzten vier Zeichen des Geburtsorts der Mutter und des Geburtsdatums des Vaters und lesen sie beides rückwärts. „h1c4i0r1“ errät niemand – Sie müssen sich lediglich die Systematik merken.
Merken Sie sich statt vieler Zahlenfolgen nur eine, mit dem Sie alle anderen verschlüsseln. Die können Sie dann sogar im Adressbuch notieren. Wählen Sie ein Wort, bei dem sich in den ersten zehn Buchstaben keiner wiederholt, zum Beispiel „Aktienkurs“, „Herbstwald“ oder „Blumengruß“. Ersetzen Sie die Ziffern Ihrer PIN durch die an der entsprechenden Stelle Ihres persönlichen Schlüsselwortes stehenden Buchstaben. Bei „Herbstwald“ würde aus „4735“ der Code „bwrs“, aus „901628“ das neue „ldhtea“. Für Sie ist der Weg zurück ein Leichtes. Doch wer Ihr Geheimwort nicht kennt, hat kaum Chancen, die ursprüngliche Zahlenfolgen zu rekonstruieren.
Zumeist sind PINs und Passwörter relativ kurz. Wer – etwa bei der Wahl des Zugangsschlüssels für das WLAN-Funknetz, aber auch beim Start des PCs – die Möglichkeit hat, kann auch statt weniger Zeichen viele Buchstaben verwenden und sich einen Satz mit einem starken persönlichen Bezug merken: „Wedeln_im_Tiefschnee_ist_mein_Traum“ weiß ich sogar im Tiefschlaf. Sie finden sicher Ähnliches.
Sehr sichere – aber deutlich kürzere – Codes lassen sich mithilfe von Sätzen oder den Titeln Ihrer Lieblingsbücher, -bands oder -hits bilden. Aus den ersten Buchstaben von „Seit 10 Jahren schnorchele ich vor Hawaii“ wird dann „S1JsivH“, aus den jeweils beiden letzten von „Money for nothing“ wird „ngorey“. Auch hier ist nur wichtig, dass Sie sich die Systematik merken. Ihren Lieblingstitel sollten Sie ohnehin kennen.
Selbst vergleichsweise einfach zu merkende Schlüssel sind schwerer zu knacken, wenn Sie Buchstaben durch Zeichen ersetzen – etwa „T“ durch „+“, „H“ durch „#“, „E“ durch „3“, „I“ durch „!“ oder „S“ durch „$“. Wenn Sie sich den Satz merken können „Meine Tochter heißt Sarah“, dann sollte das auch mit „M+#$“ klappen.
Nicht jedes Passwort lässt sich an die eigenen Bedürfnisse anpassen. Dann hilft nur noch Büffeln. Wirksam (und nicht nur bei Vokabeln bewährt) ist die Strategie, sich die Codes in wachsenden Abständen selbst abzufragen. Beginnen Sie dabei im Minutenabstand und steigern Sie die Zeiträume in Etappen. Wichtig ist, gerade selten benötigte Codes regelmäßig zu wiederholen. Sonst sind sie im entscheidenden Moment weg.
Wer Mails auch über ein Android-Smartphone abruft, dem rät GMX zudem auch auf seinem Telefon einen Virenscan durchzuführen. Auch hier gibt es sogar kostenlose Anbieter, wie "avast! Mobile Security".
Wie man sich Passwörter merkt
Denn wie in vielen anderen Fällen machen es schwache Passwörter den Angreifern leicht. Nutzer sollten generell Passwörter meiden, die in Lexika oder Wörterbüchern stehen.
Vergleichsweise sichere Passwörter bestehen aus mindestens acht Zeichen und beinhalten Nummern und Sonderzeichen. Zudem sollten für die wichtigsten Accounts (Mail, Online-Banking, Soziale Netzwerke) immer verschiedene Passwörter genutzt werden. Ein einfacher Trick, um sich komplexere Zeichenketten zu merken, besteht darin sie in einen Satz zu zerlegen. Also beispielsweise: „Wie hieß nochmal das verdammte Passwort?“ Als Passwort nimmt man dann die Anfangsbuchstaben – in diesem Fall also „WhndvP?“. Daran kann man dann noch eine Zahl hängen, die man sich leicht merken kann.