Laut Technikexperten war das damals ein Ding der Unmöglichkeit. Bildsensoren seien dafür zu langsam, die Auflösung nicht hoch genug, warnten sie.
Jannard rief Programmierer, Physiker und Chipentwickler dennoch zu einem Projekt zusammen. Das Ergebnis nach drei Jahren Arbeit: ein Bildsensor von 35 Millimeter Größe, wie er auch in hochwertigen Spiegelreflexkameras steckt, nur zwölf Mal schneller als die Fotosensoren und mit einer für damalige Verhältnisse gewaltigen Auflösung von 11,5 Megapixeln. Auch die Farben und Schärfeeinstellungen imitierten herkömmlichen Polyesterfilm.
Damit lieferte Jannards digitale Kamera, die im Jahr 2008 unter dem Namen Red One auf den Markt kam, erstmals genauso gute Bilder wie analoge Filmkameras.
Hollywoodgrößen wie Herr-der-Ringe-Macher Peter Jackson oder Avatar-Regisseur James Cameron konvertierten umgehend zu Jannards Technik. Neben der Blockbusterfraktion arbeiten laut dem Berliner Produzenten Fabian Gasmia aber auch immer mehr Independent-Regisseure digital.
Die vielfach preisgekrönten Filme, die Gasmias Unternehmen Detailfilm produziert, laufen zwar auf renommierten Festivals wie der Berlinale, haben aber oft nur kleine Budgets. Das erklärt die Begeisterung der Independents für die neue Technik. Denn eine 35-Millimeter-Filmkamera klassischer Bauart belastete Gasmias Produktionskasse mit rund 150 000 Euro. Für Filmmaterial kamen noch einmal bis zu 40 000 Euro hinzu.
Kameras wie die Red One dagegen kosten mit 15 000 Euro gerade noch ein Zehntel. Und Ausgaben für Filmmaterial entfallen ganz. „Zwar werden wegen der günstigeren Technik jetzt nicht mehr anspruchsvolle Filme produziert als vorher“, sagt Gasmia. Doch die Finanzierung laufe jetzt schneller.
Festplatte statt Filmrolle
Neben Gewinnern der Digitalisierung produziert die Technikrevolution auch Verlierer. Eines der prominentesten Opfer dieses radikalen Wandels ist Kodak. Der Absatzeinbruch, ausgelöst durch die Digitalrevolution, trieb den Filmhersteller Anfang 2012 in die Insolvenz.
Aber auch der Weg, den der Film zwischen Set und Kino nimmt, verändert sich radikal. Das lässt sich zum Beispiel im Kopierwerk des Nachproduktionsdienstleisters Cinepostproduction im Hamburger Stadtteil Rahlstedt besichtigen.
Bis Ende Juli kopierten in dem dreistöckigen, roten Klinkerbau noch rund 40 Mitarbeiter an knapp einem Dutzend zimmergroßen, dunkelgrün lackierten Maschinen in einem umständlichen Prozess die Filme. Sie entwickelten die bis zu 50 Kilometer Filmmaterial, die vom Drehort kamen, kopierten, scannten und bearbeiteten es am Computer, nur um es am Ende wieder auf Filmrollen zu spielen. Mit denen belieferten Laster zur Premiere eines großen Streifens dann rund 700 deutsche Kinos. Dabei karrten sie rund 2100 Kilometer Filmmaterial durch die Republik.