Firmen tricksen für bessere Reputation Der große Pfusch bei Kundenbewertungen

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Anbieter markieren Manipulationen

Die meist genannten Marken im Netz
Die wichtigsten Marken im Netz. Quelle: dpa
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Ikea Quelle: dpa
Ebay Quelle: dapd
Microsoft Quelle: dpa

Das Hotelbewertungsportal Holidaycheck geht einen ähnlichen Weg. So prangt auf dem Foto des "Hotel Zum Löwen" in Bad Homburg ein grauer Stempel: "Vorsicht Manipulationsverdacht". Die Betreiber äußerten sich auf Anfrage nicht. Doch sie sind keine Einzelfälle: Auch bei deutschen Hotels großer Anbieter wie Radisson oder Mercure hat Holidaycheck auf diese Weise bereits Fake-Verdachtsfälle öffentlich gemacht. Keine gute Werbung.

Fake-Bewertungen sind schlechte Werbung

"Wir haben lange diskutiert, bis wir uns dazu durchgerungen haben", sagt Tobias Hammer, der bei Holidaycheck das Antibetrugsteam leitet. Doch die immer ausgefeilteren Methoden der Betrüger gaben den Ausschlag. "Es gibt mehr kriminelle Energie als früher", sagt er. Mitunter akzeptiert Holidaycheck Bewertungen nur noch dann, wenn Nutzer belegen, dass sie in dem bewerteten Hotel übernachtet haben. Doch selbst das hält Betrüger nicht ab: In einem Fall reichten sie einfach eine gefälschte Rechnung ein.

Denn die Kundenurteile beeinflussen direkt die Geschäfte von Gaststätten und Hotels. Das zeigte unlängst eine Studie zweier Ökonomen der University of California in Berkeley: Die Kalifornier analysierten die Yelp-Kritiken von populären Restaurants in San Francisco. Neben Beschreibungen können Yelp-Nutzer Restaurants und Bars auch mit bis zu fünf Sternen bewerten. Das Ergebnis der Berkeley-Forscher: Schon ein halber Stern mehr steigert die Zahl der Reservierungen um 19 Prozent.

Das digitale Sternesystem wirkt offline noch in anderer Weise weiter: Wenn Hotels im Netz schlecht abschneiden, fliegen sie mitunter bei großen Reiseveranstaltern aus dem Programm.

Kein Wunder, dass Hoteliers um jeden Stern kämpfen. Immer öfter berichten Urlauber über Praktiken wie im Hotel Side Sun an der türkischen Riviera. Dort wurden Zettel an die Gäste verteilt: Wer eine positive Bewertung abgebe, könne einen einwöchigen Urlaub gewinnen. Das Hotel The Cove im britischen Cornwall bot Kunden sogar Rabatte von bis zu 15 Prozent, wenn diese eine "ehrliche, aber positive Rezension" bei Tripadvisor schreiben.

Neue Erkennungsalgorithmen

Das größte Problem sind jedoch Anbieter, die Bewertungen fälschen oder sich dabei helfen lassen. "Wir haben jeden Monat mindestens 50 Manipulationsversuche", sagt Anette Hahnfeld, Managerin beim Produkt-Bewertungsportal Dooyoo. Deutlich mehr als noch vor einigen Jahren.

Die Anbieter entwickeln daher Technologien, um die Fälscher schneller erkennen zu können. Spracherkennungsprogramme zum Beispiel, die prüfen, ob bestimmte Formulierungen in Testberichten mehrfach auftauchen. Forscher der US-Eliteuni Cornell haben ein Programm geschrieben, dass angeblich 90 Prozent der falschen Bewertungen erkennt. Das, so versprechen die Forscher, hätten sie mit realen Rezensionen der beliebtesten Hotels in Chicago überprüft, die sie mit von ihnen eigenhändig gefälschten Kommentaren verglichen.

Ihre Erkenntnis: Die echten Bewertungen zeichneten sich durch konkretere Sprache und insbesondere räumliche Beschreibungen aus. Die Fälscher nutzten dagegen mehr positive Begriffe und Superlative. Zudem beschrieben sie oft externe Aspekte, beispielsweise warum sie in dem Hotel waren ("kurzfristige Dienstreise", "mein Ehemann...") – wohl um den Betrug glaubwürdiger erscheinen zu lassen.

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