Bei einem Konzern wie der Lufthansa, der seine Facebook-Seite auf Englisch betreibt, sind ausländische Anhänger normal. Doch wer hätte gedacht, dass die Airline außerhalb Deutschlands ausgerechnet in Indonesien, Ägypten, Pakistan und auf den Philippinen am beliebtesten ist? Allein aus diesen Ländern kommen fast doppelt so viele Fans wie aus Deutschland. Von den Unternehmen äußerte sich nur die Lufthansa: Sie bestreitet einen Fankauf und erklärt die Zahlen mit einer Verlosung von Meilen, die auch auf Arabisch erfolgte.
Krieg um die Vorherrschaft
Von den Freundehändlern aber ist zu hören, dass der Handel mit ausländischen Fans immer unbeliebter wird. Stattdessen steigt die Nachfrage nach deutschen Gefolgsleuten. Die sind zwar teurer – aber kosten immer noch nicht die Welt. Für 1000 Fans zahlt der Münchner Marco Müller – der unter dem Namen Promokönig Facebook-Fans vermittelt – 30 Euro an Netzwerke bezahlter Klickarmeen. Anschließend verkauft er sie für 70 Euro an Unternehmen mit Fanbedarf weiter. Immer noch eine satte Marge.
Grund genug für immer mehr dubiose Figuren, in das Geschäft einzusteigen. "Es ist ein Krieg um die Vorherrschaft entbrannt", sagt Müller, "einige Anbieter versuchen, sich gegenseitig zu zerstören." Sie hetzen sich wegen kleinster Fehler auf Web-Seiten Anwälte auf den Hals und behaupten auf einschlägigen Internet-Seiten, der jeweils andere würde seine Klickhelfer nicht auszahlen. Auch von Hackerangriffen auf die Web-Seiten konkurrierender Händler ist die Rede.
All das schreckt Unternehmen nicht ab, mit den dubiosen Anbietern ins Geschäft zu kommen. Recherchen der WirtschaftsWoche zeigen, dass Seiten wie Fanpromotion oder Facebooktausch24 im Februar für diverse Markenartikler nach falschen Freunden jagten: unter anderem für den Reifenhersteller Goodyear, den Speicherkartenhersteller Sandisk oder den Spirituosenriesen Pernod Ricard. Äußern wollten sich die Unternehmen dazu nicht.
Konkurrenten mit Fake-Fans schaden
Ob die Aufträge im Einzelfall wirklich von den Konzernen stammten, ist kaum 100- prozentig nachweisbar. Manchmal kauft gar ein Konkurrent allzu offensichtlich Fans, um seinen Wettbewerber anzuschwärzen.
So erging es der FDP, deren Twitter-Followerzahl kürzlich von rund 6000 auf fast 100 000 schoss. Ein Teil davon stammte von dem Portal Fandealer. Allerdings hatte ein politischer Konkurrent die Firma des Erfurters Rönsch beauftragt: "Das entsprechende Benutzerkonto", sagt Rönsch, "wurde zweifelsfrei mit einer E-Mail-Adresse einer anderen deutschen Partei eingerichtet." Ziel war es wohl, die FDP in eine peinliche Lage zu bringen. Das glückte: Medien spotteten über den Reichweiten-Kauf.