Google vs. Facebook Mathematik oder Mensch - wem gehört die Zukunft?

Facebook ist ein Phänomen: 560 Millionen Menschen nutzen inzwischen das Online-Netzwerk - und es werden mehr und mehr. Im neuen Jahr tritt Facebook zum Entscheidungskampf um die Vorherrschaft im Web an - gegen Google. Es ist ein Kampf der Systeme, bei dem der Herausforderer nicht die schlechtesten Karten hat.

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Google kämpft weiter um die Vorherrschaft. Quelle: dpa

DÜSSELDORF . Noch 2009 war die Angst vor der Weltherrschaft Googles allgegenwärtig. Statt Konkurrenten im Suchgeschäft gab es nur erfolglose Mitbewerber, selbst in den Krisenjahren beeindruckte CEO Eric Schmidt mit robustem Wachstum bei Umsatz und Ertrag. Das Werbegeschäft läuft gut, ein furioser Markteintritt im Mobilfunkgeschäft mit "Android" schien die Dominanz aus dem alten Web nahtlos in die neue mobile Welt zu verlängern. Wer kann den "Datenkraken" überhaupt noch stoppen, fragten sich ängstlich Bürger, Politiker, Datenschützer und Manager.

Schon 2010 hat sich das Bild grundlegend gewandelt. Es war das Jahr von Mark Zuckerberg und Facebook. Praktisch aus dem Nichts ist das weltweite Phänomen Facebook mit heute über 560 Millionen Nutzern auf Augenhöhe zur allmächtigen Suchmaschine aufgestiegen. 2011 werden beide zum Entscheidungskampf um die Vorherrschaft im Web antreten müssen.

Bereits im August war es so weit: Nach Analysen des Marktforschers Comscore verbrachten Web-Surfer mehr Zeit auf Facebook als auf allen Google-Sites zusammen, die Videoseite Youtube und Google-E-Mail inbegriffen. Insgesamt 41 Millionen Minuten lang trafen sich Facebook-Nutzer mit Freunden, teilten Fotos, Links und Videos miteinander, kommentierten und chatteten. Google hatte mit 39 Millionen Minuten Aufmerksamkeit das Nachsehen.

"Das ist ein Kampf der Systeme"

Im November kam die nächste Hiobsbotschaft. Nun war Facebook laut Comscore bereits mit 648 Millionen einzelnen Nutzern pro Monat die drittgrößte Webseite der Welt vor Yahoo (630 Millionen). Die Nummer zwei, Microsoft (869 Millionen), und Nummer eins, Google (970 Millionen), kommen in Schlagdistanz. Yahoo-Chefin Carol Bartz spricht offen aus, was alle schon ahnen: "Facebook ist heute für uns der größere Gegner als Google." Die Kaninchen starren auf eine neue Schlange - und diesmal ist Google unter den Kaninchen.

Noch sprechen die rein finanziellen Daten von einer haushohen Überlegenheit Googles: Der Umsatz lag in den ersten drei Quartalen 2010 bei 20,8 Milliarden Dollar, während Facebook für das ganze Jahr nur auf gut 1,3 Milliarden Dollar kommt. Der Trend jedoch spricht unverkennbar für das soziale Netzwerk: 2008 war Facebook praktisch noch knapp über der Nulllinie bei den Werbeeinnahmen.

Grund für den Wandel: Eine grundlegende Hypothese der Onlinewerbung hat sich als nicht haltbar erwiesen. Sie besagt, dass Menschen, die privat mit Freunden interagieren, keine Werbung wollen und wahrnehmen. Bei Suchmaschinen seien die Surfer hingegen bereits im "Kaufmodus", schließlich suchen sie gezielt nach etwas.

Facebook schaffte es, diese Barriere zu überwinden, verbindet die Nutzer mit Freunden und damit mit Vorlieben und Gewohnheiten, schafft Vertrauen und Wahrnehmung, was Werber ausnutzen können. Google stellt die Nutzer dagegen nur ins Web durch. Veit Siegenheim, Partner der Unternehmensberatung Siegenheim & Cie in Düsseldorf: "Das ist ein Kampf der Systeme. Google löst alles mit mathematischen Gleichungen und Algorithmen. Facebook setzt auf die soziale Vernetzung. Und das funktioniert erstaunlich gut."

Roman Friedrich von Booz&Co bestätigt den Trend: "Das Machtzentrum bei Suchmaschinen und die sich dadurch ergebenden Werbeumsätze könnten von Google zu Bing, Facebook und anderen wandern." Laut Comscore hat Facebook in den USA bereits die Marktführerschaft bei der Displaywerbung im Web übernommen. 297 Milliarden Bild-Anzeigen (ohne Videowerbung) landeten auf den Bildschirmen der Facebook-Nutzer, Google liegt mit 35 Milliarden auf Platz fünf.

Kann Google Kompetenz kaufen?

Mit Akquisitionen versucht Google, seine Schwächen im sozialen Netz aufzuarbeiten. So kaufte der Konzern die soziale Suchmaschine Ardvark, bei der Antworten auf Fragen nach dem Prinzip der sozialen Relevanz für Nutzer von Facebook oder Myspace herausgefiltert werden. Die angeblich geplante, aber nie bestätigte Übernahme des Rabatt-Einkaufsdienstes Groupon für sechs Milliarden Dollar scheiterte jedoch.

Daneben hat Google noch ein weiteres Problem, dass seine Schlagkraft schwächen könnte. Die EU-Kommission ermittelt, weil Google eigene Produkte in Suchergebnissen bevorzugt haben soll. Womöglich muss die Suchmaschine künftig Google-Suchergebnisse und Google-Produkte zwangstrennen. Allerdings sind diese Ermittlungen noch in einem sehr frühen Stadium.

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