Gründer Die meisten Start-Up-Produkte sind zum Scheitern verurteilt

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Der Luxus meiner Tätigkeit


Dass selbst die hervorragend vernetzten, problemlos an Kapital gelangenden Entrepreneure aus dem Silicon Valley Schwierigkeiten dabei haben, ihre an Endanwender gerichteten Services zum großen Wurf zu machen, heißt für Unternehmer in Deutschland, Österreich und der Schweiz nicht viel mehr außer: Es ist extrem schwierig. Ich glaube, mit einfallslosen Me-Too-Produkten – was klassische Copycats, austauschbare 0815-Konzepte sowie Ideen mit Nähen zu existierenden, bereits etablierten Webfirmen betrifft – ist Misserfolg fast garantiert. Klar, man lernt viel. Aber das allein sollte nicht die Motivation für eine Gründung sein.
Junge Entrepreneure hierzulande, aber natürlich auch in allen anderen Ländern, sollten aufhören, Zeit und Ressourcen mit sinnlosen, von vorne herein zum Scheitern verurteilten Startup-Unterfangen zu verschwenden, und stattdessen Ideen verwirklichen, die es in dieser Form noch nicht gibt. Ich höre einige wettern: “Der Martin hat leicht reden, er muss es ja nicht selbst machen”. Stimmt. Das ist der Luxus meiner Tätigkeit. Ich kann meine Sicht auf die Dinge wiedergeben und daraus Ratschläge ableiten.

Werdende Gründer können sich diese durch den Kopf gehen lassen oder ignorieren, wie sie wollen. Und sicherlich wird es immer Fälle geben, in denen sich ein spät in einen extrem wettbewerbsintensiven Digitalmarkt einsteigender Anbieter tatsächlich gegen deutlich stärkere Wettbewerber behauptet und ihnen Anwender/Kunden abspenstig macht. Oder für viel Geld und zum Unverständnis aller Beobachter übernommen wird. Das gelingt einem von tausend.

Nicht jedes Startup wird zum Knaller

Digitale Märkte, die es zu erobern gilt, und in denen sich nicht schon zahlreiche deutlich größere, finanzstärkere, besser vernetzte Konkurrenten dicht drängen, existieren genug. Viele bisher ungelöste oder schlecht gelöste Probleme warten nur darauf, durch Internet- und mobile Technologien endlich zur Zufriedenheit von Millionen Menschen angegangen zu werden. Identifiziert diese Bereiche, anstatt euch in einen scheinbar einfachen Markt zu begeben, bei dem ihr einer von vielen seid, und in dem ihr mit ein paar Hunderttausend Euro Seedkapital nur dann eine Chance habt, wenn ein Mark Zuckerberg in euch schlummert.

Artikel wie diesen hier habe ich schon häufiger geschrieben, und es wird sicher nicht der letzte sein. Nicht jedes Startup kann zum Knaller werden. Traditionell schaffen dies nur die wenigsten. Gründer, die aber ihre Chancen erhöhen möchten, zu dem elitären Club der Gewinner zu gehören, sollten sich genau überlegen, ob ihre Geschäftsidee dafür originell genug ist.

Um mit etwas Positivem abzuschließen: Eines der beeindruckendsten Startups der letzten zwei Jahre mit deutschsprachiger Beteiligung stellt für mich Buffer dar. Der im April 2011 lancierte englisch-österreichische Service erlaubt das Planen und zeitversetzte Publizieren von Social-Media-Updates wie Tweets oder Facebook-Posts.

Einige Monat nach dem Debüt siedelten die Gründer Leonard Widrich und Joel Gascoigne ins Silicon Valley um. Heute hat die junge Firma rund 500.000 User und erwirtschaftet jetzt mit einem vierköpfigen Team 70.000 Euro Umsatz pro Monat, Tendenz steigend. Dieses lesenswerte Portrait skizziert den bemerkenswerten, geradlinigen Aufstieg von Buffer. Ich wünsche mir für 2013 mehr derartige Stories von Startups aus dem D-A-CH-Raum.

Dieser Artikel erschien zuerst auf netzwertig.com.

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