Instagram Das teuerste Fotoalbum der Welt

Eine Milliarde Dollar für ein Startup, das noch keinerlei nennenswerten Umsatz eingefahren hat: Mit der Übernahme der Foto-App Instagram sorgt Facebook weltweit für Erstaunen. Was trieb Facebook-Gründer Zuckerberg zu dem teuersten Deal seiner Laufbahn?

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Mit einer Milliarde Dollar ist der Kauf der Foto-App Instagram der bis dato teuerste Kauf von Facebook. Quelle: dpa

Fotos aufnehmen, sie verfremden und dann mit Freunden teilen: Das ist so ziemlich alles, was die Smartphone-App Instagram zu bieten hat. Seit seiner Gründung vor zwei Jahren hat das gleichnamige Startup keine nennenswerten Umsätze verzeichnet, in seinem Hauptquartier in San Francisco arbeiten gerade mal 13 Mitarbeiter.

Es gibt zig Startups, die Ähnliches bieten. Und trotzdem zahlt Facebook, eines der wichtigsten Internet-Unternehmen der Welt, eine Milliarde Dollar, um Instagram zu übernehmen. Es ist die größte Übernahme, die Facebook je getätigt hat.

Der neue Startup-Hype

Welche sozialen Netzwerke wirklich genutzt werden
So lange werden soziale Netzwerke wirklich genutztGoogle+ - Mit allen Mitteln versucht Google sein soziales Netzwerk zum Erfolg zu bringen. Vor allem die Verknüpfung mit den eigenen Diensten wie Google Mail oder Youtube soll Google+ helfen. Seit dem Start haben sich auch immerhin 90 Millionen Nutzer registriert, allerdings bleibt es oft auch dabei. Nach einer Erhebung der US-Marktforscher Comscore haben sich die Nutzer seit September im Schnitt nur drei Minuten pro Monat bei Google+ aufgehalten. Das „Wall Street Journal“ schreibt daher schon von einer „virtuellen Geisterstadt“. Quelle: dapd
Myspace - Selbst das schon oft totgesagte MySpace wird intensiver genutzt – mit acht Minuten sogar fast drei Mal solange wie Google+.
LinkedIn - 17 Minuten pro Monat halten sich die Nutzer des Online-Karrierenetzwerks LinkedIn auf der Seite auf. Für den deutschen Wettbewerber Xing lagen keine Daten vor. Quelle: REUTERS
Twitter - Mit 21 Minuten nur knapp davor liegt der Kurznachrichtendienst Twitter. Allerdings erfasst Comscore nur Besucher der Twitter-Website, gerade die intensiven Nutzer greifen jedoch gern auf spezielle Zusatzprogramme wie Tweetdeck zurück, so dass die echte Zahl höher liegt. Auch die mobilen Zugriffe wurden nicht erhoben, was jedoch alle Netzwerke betrifft. Quelle: dpa
Pinterest - Erstaunlich ist, dass sich zwei relative junge Netzwerke ganz vorn platzieren konnten. So gelang Pinterest mit 89 Minuten der Sprung aufs Treppchen. Auf der Seite können Nutzer Bilder und Netzfundstücke teilen. Pinterest ist derzeit eine der angesagtesten und am schnellsten wachsenden Seiten überhaupt .
Tumblr - Ebenso lange wie Pinterest wird Tumblr genutzt. Der Dienst bietet ist eine besonders schnelle und einfache Art des Bloggens. Auch bei Tumblr werden oft besondere Fotos geteilt – Musikstar Beyonce Knowles veröffentlichte beispielsweise exklusiv Fotos ihres Babys Blue Ivy Carter auf einer eigenen Tumblr-Seite. Beliebt sind auch die „Looking at Things“-Reihen, beispielsweise von Kim Jong-Il oder Christian Wulff.
Facebook - Mit riesigem Abstand steht Facebook an der Spitze: 405 Minuten halten sich die Nutzer im Schnitt jeden Monat in dm Netzwerk auf.     Quelle: dapd

So groß die Fangemeinde von Instagram auch sein mag: Experten sehen die Entwicklung mit Sorge. „Wir bewegen uns auf eine Übertreibung zu, die ans Irrationale grenzt“, sagt Ray Valdes, Technik-Analyst der Marktforschung Gartner, WirtschaftsWoche Online. Die Branche habe schon „leichtes Fieber“.

Startups, die vor einem Jahr noch Monate für die Kapitalbeschaffung gebraucht hätten, schaffen das jetzt in Wochen oder Tagen. Und sie bekommen zwei oder drei Mal mehr Geld als vor einem Jahr. Und das, so glauben viele, sei erst der Anfang eines neuen Hypes.

Geht man von der einen Milliarde aus, für die Facebook die Fotoplattform übernimmt, zahlt das soziale Netzwerk 33 Dollar pro Instagram-Nutzer. Auch andere soziale Netzwerke mit Smartphoneanbindung werden mit 30 bis 50 Dollar pro Nutzer bewertet. Facebooks Nutzer sind den Investoren dagegen kurz vor seinem Börsenstart etwa 100 Dollar wert.

Gartner-Analyst Valdes sieht nur einen Grund, gerade jetzt, kurz vor dem Börsengang, so viel Geld für eine Übernahme locker zu machen: „Facebook wollte Instagram seinem Wettbewerber Google oder vielleicht auch Twitter oder Yahoo wegschnappen.“

Peanuts als Versicherungsprämie

Die Übernahme hatte also nicht das Ziel, einen direkten Konkurrenten auszuschalten. Zwar ist Instagram eines der am schnellsten wachsenden sozialen Netzwerke aller Zeiten – aber mit knapp 30 Millionen Mitgliedern bleibt das Foto-Portal weit abgeschlagen hinter dem 850-Millionen-Netzwerk Facebook.

„Allein war Instagram keine Bedrohung für Facebook - in Kombination mit Wettbewerbern aber durchaus“, sagt Valdes. „Eine Milliarde Dollar sind ein Prozent des potentiellen Werts Facebooks - als Versicherungsprämie gegen eine lebensbedrohende Situation ist das nicht zu viel.“

Was macht Instagram so interessant?

Dass es einen Bieterwettstreit gab, dafür spricht nicht nur der astronomische Kaufpreis, den Facebook zu zahlen bereit ist. Auch der Zeitpunkt der Übernahme deutet darauf hin: Kurz vor einem Börsengang vermeiden Unternehmen es gewöhnlich, ihre potentiellen neuen Anteilseigner mit größeren Aktionen zu überraschen. „Dass Facebook jetzt zuschlägt, deutet darauf hin, dass es einen Wettbewerber gegeben haben muss“, sagt Valdes.

Doch neben Instagram gibt es rund 30 Foto-Apps, die ganz ähnlich funktionieren. Was macht gerade Instagram so interessant, dass sich die größten Internet-Konzerne der Welt darum reißen?

Offenbar hat die Foto-App besser als alle anderen die Befindlichkeit der Internet-Nutzer getroffen. Fotos sind das beliebteste Medium, um schnell und unkompliziert Eindrücke aus dem Leben mit anderen zu teilen. Auch bei Facebook spielen Fotos eine Schlüsselrolle, 250 Millionen Bilder laden die Nutzer jeden Tag hoch.

Instagram hat den Nerv der fotoaffinen Internet-Nutzer aber offenbar besonders gut getroffen: Mit klarer, einfacher Bedienung, beliebten Foto-Effekten und einer geschickten Anbindung an andere soziale Netzwerke wie Tumblr und auch Facebook macht die App offenbar mehr Menschen Spaß als alle vergleichbaren Angebote. Vor allem die hohe Zahl regelmäßiger Nutzer und das starke Wachstum machten Instagram für Facebook so wertvoll, sagt Valdes.

Facebook zahlt bis zu zwei Millionen Dollar für einen Ingenieur

Allerdings ist der Internet-Riese bei Übernahmen immer auch an etwas anderem interessiert – nämlich an überdurchschnittlich talentierten Programmierern und App-Entwicklern. Schon mehrfach kaufte Facebook Startups auf, nur um die Gründer für sich zu gewinnen – und das übernommene Produkt sogleich zu beerdigen.

„Im Schnitt gibt Facebook ein bis zwei Millionen Dollar für jeden neuen Ingenieur aus“, sagt Valdes. Die Philosophie des Unternehmens laute: Lieber wenige sehr gute Entwickler, als viele durchschnittlich begabte. Gleichzeitig habe Facebook mit jeder weiteren Million Mitglieder einen neuen Ingenieur eingestellt – mehr als 800 sind es dementsprechend heute.

Zum Vergleich: Pinterest, neben Instagram derzeit das zweite boomende soziale Netzwerk im Silicon Valley, hat laut Valdes nur einen Entwickler pro drei Millionen Nutzer. Facebook hat im Vergleich also die besten Voraussetzungen, um sein Angebot stetig zu verbessern.

Dennoch sei Pinterest nach der Instagram-Übernahme ein „sehr attraktives Übernahmeziel“ geworden, sagt Gartner-Experte Valdes. „Es gibt viele andere junge soziale Netze, aber nur wenige mit einer exponentiellen Wachstumskurve, die mehrere zehn Millionen Nutzer erreicht.“ Gleich, wie hoch Pinterest vor wenigen Tagen noch bewertet worden sei ­ der Wert des Startups habe sich nach dem Facebook-Deal verdreifacht bis vervierfacht, schätzt der Experte.

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