Krank durch 3-D-Filme Fernsehen bis der Arzt kommt

3-D gilt als der kommende Trend der Unterhaltungselektronik. Doch die schöne neue Fernsehwelt hat auch Schattenseiten: Viele Menschen klagen über Kopfschmerzen beim Ansehen eines 3D-Films.

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3-D-Filme wie

NEW YORK. Die Filmstudios in Hollywood und auch die TV-Gerätehersteller in Asien setzen darauf, dass 3-D der nächste große Trend in der Unterhaltungselektronik wird. Und das, obwohl es offenbar nicht zu unterschätzende Nebenwirkungen gibt. Millionen Menschen berichten von Beschwerden beim Ansehen eines 3D-Films.

Nach Angaben von Augenoptikern hat möglicherweise bis zu jeder Vierte Zuschauer Probleme bei 3-D-Filmen. Im schlimmsten Fall führen sie zu Übelkeit und Kopfschmerzen.

Da die Probleme bekannt sind, haben Forscher schon damit begonnen, 3-D-Bildschirme zu entwickeln, die genau das verhindern sollen. Von der Marktreife sind solche Geräte aber noch Jahre entfernt. Das hält die Unterhaltungsindustrie aber nicht davon ab, immer mehr Filme, Fernsehshows und anderes Material in 3-D zu produzieren. Jeff Katzenberg, der Chef von Dreamworks Animation, nennt 3-D "die größte Innovation für das Kino seit der Einführung des Farbfilms".

Unternehmen wie der Kino-Konzern AMC Entertainment oder der Elektronikkonzern Panasonic investieren Milliarden, um Kinos und Fernsehen auf 3-D zu trimmen. Auch die Fernsehsender rüsten auf und bieten erste Programme in 3-D.

Aber es gibt auch Hinweise, dass die Verbraucher von 3-D nicht so begeistert sind wie die Industrie dies erwartet hat. Im Kino waren die Menschen im vergangenen Jahr noch bereit, mehr Geld für einen Film in 3-D auszugeben. Genutzt hat es der Kino-Branche in den USA aber nichts. Mit 10,6 Milliarden Dollar ließen die US-Bürger 2010 insgesamt etwas weniger Geld an der Kinokasse als im Vorjahr.

3-D-Fernseher waren in den USA im vergangenen Jahr erstmals erhältlich, aber der Absatz von etwas unter 1,6 Millionen Geräten entsprach nicht ganz den Erwartungen, wie die Marktforschungsfirma DisplaySearch ermittelte. Trotzdem wurden auf der diesjährigen International Consumer Electronics Show in Las Vegas wieder neue und mehr 3-D-Fernseher vorgestellt. Wie im Kino, braucht man auch bei diesen Geräten eine Extra-Brille.

Kopfschmerzen, Übelkeit und eingetrübte Sehfähigkeit

Wie sich das Betrachten eines 3-D-Films auf den Menschen genau auswirkt, ist noch kaum erforscht. Größere Studien gibt es noch nicht. Eine Untersuchung mit 115 Südkoreanern zeigte, dass 3-D die Augen mehr belastet als 2-D. Die Regierung empfiehlt seitdem, dass man nach einer Stunde 3-D-Film eine Pause von 15 Minuten machen sollte. Auf Basis einer Online-Befragung erklärte die Vereinigung der Amerikanischen Augenoptiker, dass bis zu 25 Prozent der Zuschauer beim Betrachten eines 3-D-Films Kopfschmerzen, Übelkeit oder eine eingetrübte Sehfähigkeit hätten.

Die TV-Hersteller forschen zwar auch zu dem Thema, veröffentlichen ihre Ergebnisse aber nicht. Samsung warnt aber beispielsweise auf seiner australischen Website, die 3-D-Fernseher könnten zu "Bewegungskrankheit, Desorientierung, Augenbelastung und verminderter Haltungsstabilität" führen. Zuschauer können also das Gleichgewicht verlieren und hinfallen.

Wer in schlechter körperlicher Verfassung sei, Schlaf brauche oder Alkohol getrunken habe, solle auf 3-D verzichten, heißt es weiter. Nintendo empfiehlt, dass Kinder unter sechs Jahren die neue 3-D-Konsole nicht nutzen sollten, weil die Entwicklung der Sehfähigkeit beeinträchtigt werden könnte.

Augen sind beim Fokussieren überfordert

Der dreidimensionale Eindruck entsteht bei 3-D-Filmen dadurch, dass dem Auge verschiedene Bilder gleichzeitig gezeigt werden. Aber das Auge sucht in einer Szene auch noch nach einem anderen Hinweis auf die räumliche Tiefe: Es erwartet, dass es auf unterschiedliche Entfernungen fokussieren muss, um scharf zu sehen. Wenn ein Objekt näher kommt, dann dreht sich das Auge nach innen, zur Nase hin. Dies geschieht auch bei 3-D-Filmen, wenn ein Objekt auf den Betrachter zu kommt.

Das Problem ist, dass die Augen, wenn sie sich nach innen drehen, erwarten, dass sich der Fokus ändert. Der Bildschirm kommt aber nicht näher. Dieser Zwiespalt führt dazu, dass die Augen ständig umschalten und so sehr viel arbeiten müssen.

"Das ist zumindest ein Grund, warum sich Menschen müde und nicht wohl fühlen", sagt Martin Banks, Professor an der Universität von Kalifornien in Berkeley. Das Problem wird noch größer, je näher der Betrachter an den Bildschirm heranrückt, zum Beispiel beim Fernseher.

Roger Phelps, Augenoptiker in Ojai in Kalifornien, erklärt, die meisten Probleme hätten diejenigen, die auch sonst Schwierigkeiten mit den Augen hätten. "Wenn ihnen beim Autofahren leicht übel wird, dann sind sie möglicherweise auch betroffen", sagt Phelps.

Möglichst weit hinten sitzen

Auf die Probleme reagieren auch die Filmemacher. Sie vermeiden allzu drastische Effekte, die die Augen zu sehr belasten könnten.

Auch achten sie darauf, dass das Hauptelement einer Szene, zum Beispiel das Gesicht eines Schauspielers, in der gleichen Entfernung wie der Bildschirm zu sein scheint. Das bringt die Augen weniger durcheinander. Andererseits schränkt dies aber auch die Möglichkeiten der Regisseure ein.

Forscher arbeiten zwar an neuen Brillen, die 3-D besser abbilden, bis sie auf den Markt kommen, können aber noch Jahre vergehen. Bis dahin sollten die, die 3-D sehen wollen, aber Probleme bemerkt haben, zumindest im Kino möglichst weit hinten sitzen.

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