Polizisten und Geheimdienstler aus ganz Europa haben ihn gejagt: Salah Abdeslam, den letzten flüchtigen Terrorverdächtigen der Pariser Anschläge vom November 2015 mit 130 Toten. Am Ende war es wohl ein geradezu banales Detail, das am 18. März zu seiner Festnahme in Brüssel führte: Eine ungewöhnlich große Pizzalieferung in eine konspirative Wohnung habe die Fahnder stutzig gemacht, zitiert das Brüsseler Onlinemagazin „Politico.eu“ Sicherheitsbeamte.
In dem von einer einzelnen Frau bewohnten Apartment hielten sich offensichtlich zahlreiche Personen auf. Potenziell Hochgefährliche aus Sicht der Sicherheitsbehörden, denn im Haus lebte auch ein Freund von Abdeslam, polizeibekannt dafür, Straftätern Unterschlupf zu gewähren. Es ist kurz nach halb vier freitagnachmittags, als die Sicherheitskräfte die Wohnung stürmen – und Abdeslam festsetzen.
Erfolgreich waren die Ermittler in dieser enorm aufwendigen Fahndung wohl auch, weil ihnen in bisher kaum gekanntem Maß digitale Analysen Indizien lieferten. Sie hatten Tausende Telefonate, Handybewegungsprofile, Onlinestatusmeldungen, Chat-Protokolle, Log-Dateien auf App-Servern, Personenprofile in sozialen Netzen und weitere elektronische Quellen ausgewertet. Kommissar Computer, das zeigt nicht nur die erfolgreiche Jagd auf Abdeslam, ist aus moderner Polizeiarbeit nicht mehr wegzudenken.
Große Terroranschläge in Europa
Ein Lieferwagen rast auf der Flaniermeile "Las Ramblas" im Zentrum Barcelonas in eine Menschenmenge. Nach offiziellen Angaben soll es mindestens einen Toten und 32 Verletzte gegeben haben, Medien berichten von zwölf Toten. Die Polizei bestätigt, dass es sich um einen Terroranschlag handelt. Die Hintergründe der Tat sind zunächst unklar.
Auf der London Bridge überfahren drei Attentäter mehrere Fußgänger, dann greifen sie eine beliebte Markthalle an. Mindestens sechs Menschen kommen ums Leben, die Angreifer werden getötet.
Bei dem Selbstmordanschlag in Manchester auf Gäste eines Pop-Konzerts hatte Salman Abedi, ein Brite libyscher Abstammung, 22 Menschen ermordet. Außerdem wurden 116 Menschen zur Behandlung von Verletzungen in Krankenhäuser gebracht. Die Polizei geht davon aus, dass Abedi kein Einzeltäter war, sondern dass ein ganzes Terrornetzwerk hinter der Tat steckt.
Auf dem Pariser Boulevard Champs-Élysées schießt ein Islamist mit einem Sturmgewehr in einen Polizeiwagen. Ein Beamter wird getötet, zwei weitere Polizisten und eine deutsche Passantin werden verletzt. Die Polizei erschießt den Angreifer, die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) reklamiert die Attacke für sich.
Ein gekaperter Lastwagen rast in einer Einkaufsstraße erst in Stockholm in eine Menschenmenge und dann in ein Kaufhaus. Fünf Menschen werden getötet, 15 verletzt. Noch am selben Tag nimmt die Polizei einen 39-jährigen Usbeken unter Terrorverdacht fest.
Ein Attentäter steuert ein Auto absichtlich in Fußgänger auf einer Brücke im Zentrum Londons und ersticht anschließend einen Polizisten. Von den Opfern auf der Brücke erliegen vier ihren Verletzungen. Sicherheitskräfte erschießen den Täter.
Auf dem Pariser Flughafen Orly verhindern Soldaten nur knapp einen möglichen Terroranschlag. Ein Mann will einer dort patrouillierenden Soldatin das Gewehr entreißen und wird von anderen Soldaten erschossen. Erst Anfang Februar war nahe dem Louvre-Museum ein Ägypter niedergeschossen worden, der sich mit Macheten auf eine Militärpatrouille gestürzt hatte.
Am Abend des 19. Dezember 2016 rast ein LKW in einen Weihnachtsmarkt an der Berliner Gedächtniskirche. Das Attentat fordert 12 Tote und viele teils Schwerverletzte.
In Nordfrankreich ermorden zwei Angreifer einen katholischen Priester in einer Kirche und verletzen eine weitere Person schwer. Beide Attentäter werden von den Sicherheitskräften erschossen.
In Ansbach in Bayern sprengt sich ein 27-jähriger syrischer Flüchtling vor dem Eingang zu einem Musikfestival mit einer Rucksackbombe in die Luft. Der Attentäter stirbt. 15 Menschen werden verletzt. Auf dem Handy des Mannes findet die Polizei später ein Bekennervideo. Das IS-Sprachrohr Amak behauptet einen Tag später, der Attentäter sei „Soldat des Islamischen Staates“.
In einem Vorort von Würzburg greift ein 17-jähriger Flüchtling aus Afghanistan in einem Regionalzug Fahrgäste mit einer Axt an. Er verletzt mehrere Menschen teils schwer. Auf seiner Flucht wird er von der Polizei erschossen. Einen Tag später veröffentlichte das IS-Sprachrohr Amak im Internet ein Video des Attentäters. Darin spricht er davon, dass er im Auftrag des IS gehandelt habe und sich an Nicht-Muslimen rächen wollte, die seinen Glaubensbrüdern Leid angetan hätten.
In Nizza fährt ein schwer bewaffneter Franzose tunesischer Herkunft mit einem Lastwagen in die Menge, die den französischen Nationalfeiertag feiert. Er tötet 84 Menschen.
Am Flughafen Istanbul-Atatürk schoss am 28. Juni 2016 ein Attentäter in der Eingangshalle mit einem Sturmgewehr um sich, warf Handgranaten in die Menge und zündete einen Sprengsatz. Zeitgleich sprengte sich ein weiterer Attentäter in einem Parkhaus in die Luft. Ein dritter Täter zündete offenbar einen Bombe in U-Bahn-Nähe. Die türkische Regierung ordnet den Anschlag dem Islamischen Staat zu. Insgesamt kamen 44 Menschen ums Leben (darunter die drei Attentäter); 239 weitere wurden verletzt. (Stand: 29.06.2016, 14:30 Uhr)
Ein Franzose marokkanischer Herkunft ermordet in einem Pariser Vorort einen Polizisten und dessen Lebensgefährtin, die ebenfalls bei der Polizei arbeitet.
Am Morgen des 22. März 2016 sprengten sich zwei Terroristen am Flughafen Brüssel-Zaventem in die Luft sowie ein weiterer im U-Bahnhof Maalbeek/Maelbeek in der Brüsseler Innenstadt nahe der EU-Behörden. Nach offiziellen Angaben kamen 35 Menschen ums Leben, darunter drei der Attentäter. Mehr als 300 Personen wurden verletzt.
Zwei Attentäter brachten ihr gestohlenes Auto an der Bushaltestelle einer Metrostation im Stadtzentrum von Ankara zur Explosion – 38 Menschen kamen ums Leben, darunter waren auch die Attentäter. Mehr als 120 Menschen wurden verletzt. Zu dem Anschlag, der sich am 13. März 2016 ereignete, bekannte sich eine Splittergruppe der Terrororganisation PKK.
Ein IS-Attentäter sprengte sich am 12. Januar 2016 auf dem belebten Sultan-Ahmed-Platz in Istanbul in die Luft – und riss 12 Menschen mit in den Tod. Elf von ihnen gehörten einer deutschen Touristengruppe an. 13 weitere Personen wurden verletzt.
Extremisten mit Verbindungen zur Terrormiliz Islamischer Staat greifen die Konzerthalle Bataclan und andere Ziele in der französischen Hauptstadt Paris an. Dabei kommen 130 Menschen ums Leben. Ein Hauptverdächtiger im Zusammenhang mit den Angriffen ist der 26 Jahre alte Salah Abdeslam, der am 18. März 2016 in Brüssel festgenommen wird.
Ein 22-jähriger radikalislamischer Angreifer tötet den Filmemacher Finn Nørgaard und einen jüdischen Wachmann einer Synagoge in Kopenhagen. Bei einem Feuergefecht mit einer Spezialeinheit der Polizei wird er erschossen.
Drei Extremisten töten bei einer mehrere Tage dauernden Terrorwelle in Paris 17 Menschen, bevor sie selbst erschossen werden. Zunächst greifen zwei Brüder das Büro der Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ an und erschießen zwölf Menschen. Für den den Angriff übernimmt Al-Kaida auf der arabischen Halbinsel die Verantwortung. In den Tagen darauf tötet ein weiterer Extremist eine Polizistin und nimmt in einem koscheren Supermarkt Geiseln. Vier jüdische Kunden sterben.
Im Jüdischen Museum in Brüssel tötet ein Angreifer mit einer Kalaschnikow vier Menschen. Der mutmaßliche Täter ist ein ehemaliger französischer Kämpfer, der Verbindungen zur Terrormiliz Islamischer Staat in Syrien haben soll.
Zwei von Al-Kaida inspirierte Extremisten greifen auf einer Londoner Straße den britischen Soldaten Lee Rigby an und töten ihn mit Messern und einem Fleischerbeil.
Ein Bewaffneter, der nach eigenen Angaben Verbindungen zur Al-Kaida hat, tötet in der südfranzösischen Stadt Toulouse drei jüdische Schulkinder, einen Rabbi sowie drei Fallschirmjäger.
Der muslimfeindliche Extremist Anders Behring Breivik legt eine Bombe im Regierungsviertel der norwegischen Hauptstadt Oslo und greift anschließend ein Jugendlager auf der Insel Utøya an. 77 Menschen werden getötet, viele davon Teenager.
52 Pendler kommen ums Leben, als sich vier von Al-Kaida inspirierte Selbstmordattentäter in drei Zügen der Londoner U-Bahn und einem Bus in die Luft sprengen.
Bombenanschläge auf Züge zum Madrider Bahnhof Atocha töten 191 Menschen.
Software sagt Verbrechen vorher
Die Elektronenhirne unterstützen die Ermittler dabei, Bewegungsdaten zu analysieren, digitale Kommunikation auszuwerten oder verborgene Beziehungen zwischen Verdächtigen zu enthüllen. Mittlerweile hilft Software den Behörden sogar, Straftaten zu verhindern, bevor sie überhaupt geschehen.
Predictive Policing – vorausschauende Polizeiarbeit – heißt der Trend, der auf den ersten Blick verblüffend an Steven Spielbergs Science-Fiction-Thriller „Minority Report“ mit Tom Cruise in der Hauptrolle erinnert. Darin können drei Menschen, die „Precogs“, Morde voraussagen. Dank ihrer Visionen ermittelt und verhaftet die Polizei künftige Täter, bevor sie die Tat begangen haben.
Polizeibehörden in den USA aber auch in Europa und Deutschland nutzen bereits entsprechende Prognosesoftware, um etwa Einbrüche zu verhindern, ehe sie passieren. Müsste dann, so drängt sich die Frage auf, Kommissar Computer nicht auch Anschläge wie zuletzt in Brüssel mit 32 Toten einigermaßen verlässlich vorhersagen können?
Forschung liefert kaum Ergebnisse
„Das ist derzeit eine der am intensivsten diskutierten Fragen in der Sicherheitsszene“, sagt Thomas Feltes, Leiter des Lehrstuhls für Kriminologie, Kriminalpolitik und Polizeiwissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum. In die Forschung fließe jede Menge Geld und noch viel mehr Gehirnschmalz. „Nur leider bisher ohne erkennbare Ergebnisse.“ Was nicht an der Unfähigkeit der Ermittler liegt – sondern mit der Besonderheit terroristischer Anschläge zu tun hat.
Bisher helfen Computersysteme wie SPSS von IBM oder Predictive Crime Analytics von Hitachi Data Systems vor allem bei überschaubarer Kriminalität. Polizeichefs von US-Großstädten wie etwa Memphis lassen sich teils seit Jahren von Prognoseprogrammen errechnen, in welchen Straßenzügen in den nächsten Stunden konkret Einbruchs- und Bandenkriminalität, Drogenhandel oder Gruppenschlägereien drohen. Dort schicken sie Einsatzteams präventiv auf Streife.
Wohnungseinbrüche sind leichter zu berechnen als Terroranschläge
„In der Tat liefern die Systeme bei solchen Kriminalitätsarten recht verlässliche Prognosen akut gefährdeter Quartiere“, bestätigt auch der Bochumer Kriminologe Feltes. Grundlage der Berechnungen sei eine Vielzahl ortsbezogener Daten, deren Verknüpfung mit Informationen über frühere Verbrechen und das Wissen um sich wiederholende kriminelle Handlungsmuster.
Inzwischen setzen auch Europas Polizeibehörden auf die Prognosekraft der Rechner. Wohl nicht ganz zufällig heißt die vom Institut für musterbasierte Prognosetechnik (IFMPT) in Oberhausen entwickelte Analysesoftware „Precobs“. Das steht für Pre Crime Observation System und beschreibt eine Kernerkenntnis klassischer Kriminalistik: „Speziell bei Wohnungseinbrüchen belegen internationale Studien, dass es in Vierteln, in denen eingebrochen wurde, oft kurz darauf im direkten Umfeld erneut zu Einbrüchen kommt“, sagt der Soziologe Thomas Schweer, Gründer des IFMPT.
Dieser Trend ist offenbar so robust, dass die Polizeibehörden in München und Nürnberg Precobs bereits nutzen, genauso wie Kollegen in einigen Schweizer Kantonen. Stuttgart und Karlsruhe erproben das System. In Köln und Duisburg testet die Polizei Prognosen auf Basis der IBM-Analysesoftware.
Bei Terrorismus gelten rationale Prämissen nicht
Wenn also Datenanalyse Polizeistreifen recht zielsicher vorab in kriminalitätsgefährdete Viertel führt. Wenn das elektronische Puzzlespiel Fahnder besser denn je auf die Spur Terrorverdächtiger bringt. Warum hat all die digitale Prognostik bei den Brüsseler Anschlägen so dramatisch versagt?
Weil die statistischen Methoden, die bei Massenvergehen wie Einbrüchen ermöglichen, Handlungsmuster zu erkennen, „bei Terrorismus, erst recht fundamentalistischem, nicht greifen“, so Precobs-Entwickler Schweer. Die Prämissen rationalen Handelns, das etwa Serientäter bei Diebstählen leite, würden bei Selbstmordattentätern nicht gelten. Zudem sei die Zahl von Terrortaten für eine Datenanalyse „Gott sei Dank viel zu gering“, so der Soziologe.
In der Tat. Trotz der – gerade nach Paris und Brüssel – gefühlt hohen terroristischen Bedrohung, ist das Risiko extrem gering, hierzulande Opfer eines Anschlags zu werden. Nur gut 200 Taten mit terroristischem Hintergrund – und vier Toten – ereigneten sich 2014 in ganz Westeuropa (siehe Grafik). Die Zahl der Verkehrstoten in der EU lag im gleichen Jahr bei knapp 25.700. Einschließlich der Anschläge von Paris und Brüssel summiert sich die Zahl der Terroropfer seit 2014 EU-weit auf rund 195.
Analysten brauchen Big Data
Die Informationen über die wenigen Täter lassen kaum statistisch verwertbare Rückschlüsse zu. „Predictive Policing braucht Big Data“, sagt Ludwig Schierghofer, Leiter der Abteilung Staatsschutz und Terrorismusbekämpfung beim Bayrischen Landeskriminalamt. „Doch was wir bei der Terroranalytik haben, ist bestenfalls Very Little Data.“
Nicht einmal in den USA sieht das besser aus, die seit den Anschlägen auf das World Trade Center 2001 in enormem Umfang potenziell kriminalitätsrelevante Daten erfassen. „Es ist nicht so, dass sie einfach Millionen von Daten sammeln, und der Computer spuckt dann die Terrorverdächtigen aus“, sagt John Hollywood. Der Politologe arbeitet für die Rand Corporation, den legendären US-Thinktank, der Sicherheitsbehörden berät. „Wer das verspricht, weckt falsche Hoffnungen“, meint er. Zu autark und diskret würden Terrorzellen heute arbeiten.
Die Gegner des Islamischen Staates
Die mächtigste Militärmacht der Welt führt den Kampf gegen den IS an. Seit mehr als einem Jahr bombardiert die US-Luftwaffe die Extremisten in Syrien und im Irak. An ihrer Seite sind auch Jets aus Frankreich und anderen westlichen Staaten sowie aus arabischen Ländern im Einsatz. Washington hat zudem US-Militärberater in den Irak entsandt, die Bagdad im Kampf am Boden unterstützen.
Moskaus Luftwaffe fliegt seit Ende September Luftangriffe in Syrien. Sie sollen nach Angaben des Kremls den IS bekämpfen. Der Westen und syrische Aktivsten werfen Russland jedoch vor, die meisten Luftangriffe richteten sich gegen andere Rebellen, um so das Regime von Präsident Baschar al-Assad zu unterstützen.
Deutschland liefert seit mehr als einem Jahr Waffen an die Kurden im Norden des Iraks, darunter die Sturmgewehre G3 und G36 und die Panzerabwehrwaffe Milan. Die Bundeswehr bildet zudem kurdische Peschmerga-Kämpfer für den Kampf am Boden aus.
Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrain, Katar und Jordanien unterstützen die USA bei den Luftangriffen. Vor allem Saudi-Arabien und Jordanien sehen den IS als Gefahr, weil die Extremisten bis an ihre Grenzen herangerückt sind.
Sowohl im Norden Syriens als auch im Nordirak gehören die Kurden zu den erbittertsten Gegnern des IS. Die kurdischen Volksschutzeinheiten (YPG) im Syrien und die Peschmerga im Irak konnten den Extremisten empfindliche Niederlagen beibringen. Unterstützt werden sie von mehreren westlichen Staaten.
Das irakische Militär geht in mehreren Regionen des Landes gegen den IS vor. Allerdings kann sie nur wenige Erfolge vorweisen. Seit Monaten versucht die Armee erfolglos, die westirakische Provinz Al-Anbar zu befreien. Unterstützt wird sie von schiitischen Milizen, die eng mit dem Iran verbunden sind.
Sie bekämpfen das Regime und den IS. Das gilt auch für die Nusra-Front, syrischer Ableger des Terrornetzwerks Al-Kaida. Sie teilt die Ideologie des IS, ist aber mit ihm verfeindet.
Auch das syrische Militär geht gegen den IS vor. Kritiker werfen dem Regime jedoch vor, es greife vor allem andere Rebellen an und lassen die Extremisten gewähren. Auffällig ist, dass sich die meisten syrischen Luftangriffe nicht gegen den IS, sondern gegen Regionen unter Kontrolle anderer Gruppen richten.
Zudem haben es die Fahnder mit ganz verschiedenen Tätergruppen zu tun: Sie reichen von sogenannten Gefährdern, bekannt für ihren politisch oder pseudoreligiös terroristischen Hintergrund, die sich hoch konspirativ verhalten; über bekannte Straftäter, etwa aus der Rauschgiftkriminalität, aber ohne erkennbaren Bezug zur Terrorszene; bis hin zu unauffälligen, radikalisierten Tätern wie die Attentäter vom 11. September 2001, die in Hamburg studierten, ohne Verdacht zu erregen.
Menschenansammlungen sind stark gefährdet
Statt also Terroranschläge vorhersagen zu wollen, versuchen Forscher wie Hollywood, Denkmuster der Attentäter per Datenanalyse zu entschlüsseln. Etwa indem er die zahlreichen Anschläge in Israel auswertet.
Ein Ergebnis: Terroristen schlagen oft zu, wenn ihre Ideologie unter Druck gerät; wie aktuell beim „IS“ in Syrien und im Irak. Und Attentäter kopieren zumindest dort erfolgreiche Anschläge. Daher rät Hollywood, den Brüsseler Flughafen besonders gut zu schützen.
Eine Erkenntnis, für die der bayrische LKA-Experte Schierghofer „aber keine Software benötigt hätte“. Es sei bekanntermaßen Ziel islamistischer Attentäter, „möglichst viele Tote und Verletzte zu produzieren“. Orte mit Menschenansammlungen seien also per se stärker gefährdet. Statt auf präventive Analytik zu setzen, will er eher die Beziehungen zwischen bekannten Tätern umfassend analysieren. Und das durchaus mit massiven Computereinsatz, etwa um auszuwerten, wie Verdächtige ihre Kreditkarten genutzt haben oder was der Speicher von Navis aus Autos verrät, die sie gemietet haben. „Nach einem Anschlag ist vor einem Anschlag“, sagt Schierghofer. Je genauer die Fahnder auch grenzüberschreitend ermittelten, wer Unterstützer, wer Mittäter, wer Sympathisant sei, „desto eher können wir die nächsten Pläne vereiteln“.
Entscheidend dabei sei, dass Fahndungsdaten von einem Land ins andere, von einer Behörde zur anderen gelangten. Genau daran aber hapere es. „Terror kennt in Europa keine Grenzen mehr, also darf auch die Bekämpfung des Terrors keine mehr haben.“