Mobiles Zahlen ohne Kreditkarte Ein Überlebensstrohhalm für die SMS

Die SMS scheint wie ein Relikt aus alter Zeit. Als Bezahlmittel hätte sie aber weiterhin großes Potential, was weitgehend ignoriert wird.

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Fünf Jahre nach der Deutschen Post zieht nun die Schweizerische Post nach und bietet einen Service, um die Briefmarke für einen Standardbrief per SMS zu kaufen. Die beiden Dienste funktionieren praktisch identisch. Der große Unterschied: Während die Idee 2008 noch innovativ war, wirkt eine SMS-Lösung heute ziemlich altbacken. Auf den zweiten Blick zeigt sich aber, wo die gute alte SMS gegenüber Apps doch noch die Nase vorn hat: Das Inkasso ist schon mit dabei.

Online-Bezahlung als Dauerbaustelle

Online-Zahlung ist auch im Jahr 2013 tatsächlich immer noch ein Problem. Trotz vieler Bemühungen hat sich noch kein Zahlungsdienst so richtig breit durchgesetzt. Zwar zeigen Studien, dass Paypal in Deutschland die häufigste Zahlungsart im Online-Geschäft ist. Die Vermutung liegt jedoch nahe, dass dies oft nur mangels Alternativen der Fall ist.

Gerade die Zahlung per Rechnung wird von vielen Usern immer noch bevorzugt – für Händler besteht dabei jedoch kein unwesentliches Inkassorisiko. Häufig bleibt dann noch die Bezahlung per Kreditkarte. Auch diese ist aber oft nur das geringste Übel, sind die Zahlungsprozesse doch alles andere als benutzerfreundlich und die Angst vor Missbrauch der Daten schwingt in so manchem Hinterkopf mit – wenn auch nicht unbedingt begründet. Nimmt man noch die Problematik dazu, dass Händler im Bereich Micropayment eigentlich überall hohe Gebühren zahlen müssen, ergibt sich in der Summe ein Armutszeugnis für das Web: Ein befriedigender Vorgang der Online-Zahlung ist eigentlich noch ausstehend.

Ausgerechnet die SMS bietet an dieser Stelle einen entscheidenden Vorteil: Die Premium-SMS (in Deutschland übrigens erst seit 10 Jahren verfügbar) kann dem Endkunden mit einem Preis von bis zu 5 Euro zugestellt werden und wird direkt dessen Mobilfunkrechnung belasten. Kein zusätzlicher Account und keine Kreditkarte ist notwendig. Zwar hat die Premium SMS einen schlechten Ruf, doch eigentlich wäre sie ein geeignetes Mittel für die Telekommunikationsanbieter um den wegen Gratis-Messengern wie WhatsApp laufend sinkenden SMS-Umsätzen etwas entgegenzusetzen. Die Voraussetzungen sind eigentlich ideal: Die User-Daten sind bereits vorhanden, das Inkasso-System steht bereit und die Technologie ist auch jedermann zugänglich.

Durchbruch kaum zu erwarten

Die Mobilfunkanbieter wollen diesen Kanal aber offenbar gar nicht als allgemeinen Zahlungskanal anbieten. Vodafone beispielsweise bewirbt Premium SMS als “ideal, wenn Sie zum Beispiel SMS-Chats und TV-Votings, Gewinnspiele [oder] SMS-Games […] anbieten möchten”.

Die Swisscom sieht SMS-Mehrwertdienste für “Wettbewerbe, mobile Inhalte fürs Handy, Chat-Dienste oder Mobile-Marketing-Aktionen” – in erster Linie alles mobilfunknahe Anwendungen. Eine erstaunliche, selbstauferlegte Einschränkung, die aber nicht ohne Ausnahmen gehandhabt wird. Dass auch es anders geht, zeigen vereinzelte Umsetzungen. Beispielsweise kann in der Schweiz an vielen Snack-Automaten per Handy bezahlt werden.

Kurzzeit-Parktickets, Bus-Tickets im lokalen öffentlichen Verkehr, Kleineinkäufe am Kiosk - spontan kommen einem sofort einige Möglichkeiten in den Sinn, bei denen eine SMS-Zahlung rasch und unkompliziert wäre. Erste Umsetzungen gibt es fast in jedem Bereich, eine grossflächige Nutzung ist bisher aber ausgeblieben.

Es ist davon auszugehen, dass die Bezahlung per SMS den Durchbruch nicht mehr schaffen wird. Zu zurückhaltend sind die Mobilfunkanbieter in diesem Bereich, zu angestaubt wirkt die Technologie mittlerweile für die User.

Eigentlich schade, denn man fühlt sich einem Fall einer ignorierter naheliegender Lösung gegenüber. Vielleicht wäre es für alle Entwickler von Zahlungslösungen Zeit, wieder einmal innezuhalten.

Dieser Artikel ist zuerst auf netzwertig.com erschienen

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