In seiner Welt waren die Rollen klar verteilt. Böse sind die mit zu viel Macht. „Insgeheim hasse ich Technologie. Ich bin darüber entsetzt, wie sich die Geek-Kultur entwickelt hat“, sagt er. „Sie verkaufen ihren Service immer mit der munteren Ankündigung, die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Dabei ist klar, dass das nicht ihr einziges Ziel ist“, sagte er noch vor fünf Jahren.
Dabei war jene Gegend rund um San Francisco für ihn einmal das gelobte Land. Marlinspike wächst in Georgia auf; das Internet wird für ihn zum Tor der großen, aufregenden Welt. Als Teenager lernt er das Programmieren und merkt rasch, dass er es besser kann als die anderen. Nach der Schule zieht es ihn deshalb wie viele Computernerds an die Westküste, ins Silicon Valley.
Dort ist er bald enttäuscht vom omnipräsenten Erfolgsanspruch, dem Paradigma vom Arbeiten bis zum Umfallen. Eine Zeit lang arbeitet er für eine Techfirma, dann kündigt er. Er lebt in besetzten Häusern, startet Projekte wie Audio Anarchy, für das er anarchistische Texte vorliest und ins Netz lädt. Das Programmieren war in dieser Zeit eine von vielen Beschäftigungen, scheint es auf seinem Blog, der zur Chronik seines Abenteuerlebens wird. Auf den Fotos hält er fast immer ein Surfbrett oder ein anderes Outdoor-Accessoire in den Händen.
Was WhatsApp mit Facebook teilen wollte – und was nicht
Nachdem bei der Übernahme durch Facebook 2014 vereinbart wurde, die Daten getrennt zu lassen, macht WhatsApp nun einen vorsichtigen Schritt. Facebook soll die Telefon-Nummer des Nutzers bekommen sowie Informationen dazu, wann er bei dem Dienst aktiv war.
Es heißt, damit solle die Werbung bei Facebook besser personalisiert werden. Zum anderen solle innerhalb der Facebook-Gruppe auch ein Dienst wie die Fotoplattform Instagram WhatsApp-Daten nutzen können, um Nutzer zum Folgen vorzuschlagen.
Ja, daran soll sich nichts ändern, wie Gründer Jan Koum schon oft zugesichert hatte.
Nein, versichert WhatsApp. Die Inhalte seien seit Einführung der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung im Frühjahr nur für die beteiligten Nutzer selbst sichtbar, also selbst nicht für WhatsApp.
WhatsApp erklärt, man habe „im Moment“ nicht vor, sogenannte optionale Account-Informationen wie zum Beispiel Profilnamen, Profilfoto oder Statusmeldung mit Facebook zu teilen.
Wer am 25. August bereits bestehender WhatsApp-Nutzer ist, könne Facebook verbieten, die Profilinformationen zur Personalisierung der Werbung und Freunde-Vorschläge einzusetzen, heißt es. Die Telefonnummer und Daten zur Nutzung würden aber in jedem Fall mit Facebook geteilt.
Mit der Telefonnummer können Profile eindeutig einer bestimmten Person zugeordnet werden. Zugleich macht sie es einfacher, für die Sicherheit bei Online-Diensten zu sorgen, weil über sie zum Beispiel eine Zwei-Stufen-Authentifizierung laufen kann.
WhatsApp schafft erste Grundlagen für die geplante Öffnung des Dienstes für die Kommunikation zwischen Nutzern und Unternehmen. Dabei gehe es etwa um Informationen zu Bestellungen oder Versand-Benachrichtigungen. „So kannst du zum Beispiel Informationen zum Flugstatus für eine bevorstehende Reise, einen Zahlungsbeleg für etwas, das du gekauft hast, oder eine Benachrichtigung bezüglich eines Liefertermins erhalten.“ WhatsApp machte bisher keine Angaben dazu, wie der Service konkret aussehen soll.
An seinem verstrubbelten Hinterkopf hängen bis heute blonde Dreadlocks. Er strahlt die Gelassenheit aus, wie sie Menschen haben, die wissen, dass sich die Dinge immer irgendwie fügen. Nur ein Thema regt ihn auf: Übergriffe von Behörden.
In seinen Abenteuern spielen Polizisten stets die ätzende Rolle. Mal verlangen sie unbegründet seine Personalien, mal verbieten sie ihm das Weintrinken im Hafen. „Du vertraust Autoritäten, ich vertraue mir selbst“, überschreibt er eine solche Episode in seinem Blog. Im digitalen Raum aber ist staatliche Autorität mehr als ein Spielverderber für ihn. Als der Patriot Act erlassen wird, wonach das FBI im Zeichen der Terrorabwehr ohne Richterbeschluss auf Daten zugreifen darf, nimmt er das als Bedrohung wahr: „Sie wollen unsere Daten oft nur, weil sie nichts verpassen wollen. Ich denke nicht, dass wir in einer solchen Welt leben wollen.“ Und beschließt, sein Programmiertalent politisch einzusetzen. Er beginnt, Nachrichten zu verschlüsseln.
Seine Codes sind so gut, dass Twitter sein Start-up kauft und ihn als Sicherheitschef einstellt. Marlinspike hält es nur ein Jahr dort aus. Dann reaktiviert er seine Firma. In der Zwischenzeit hat er einiges über die Regeln erfolgreicher Apps gelernt.
Jeder Klick Mehraufwand entscheidet über Erfolg oder Misserfolg, die Nutzer sind zu bequem, um ihre Daten zu verschlüsseln, wenn sie etwas „extra“ dafür tun müssen. „Unser Programm soll unsichtbar sein“, fasst er seine Philosophie zusammen. Fortan programmiert er nach dem Prinzip: schlicht und massenkompatibel. Davor war das Verschlüsseln eine Methode von Dissidenten, Whistleblowern und Nerds. Eine Nische für Menschen wie Matthew Green.