Neues Sony-Projekt Die Kassette kommt zurück

Die Kassette ist tot? Von wegen: Zahlreiche Unternehmen und Institutionen nutzen sie weiterhin als Speichermedium - inzwischen fasst eine Kassette bis zu 185 Terabyte Daten.

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Kürzlich hat Sony die erfolgreiche Entwicklung einer neuen Magnetband-Technik vorgestellt, welche die Datendichte um den Faktor 74 erhöht. Auf eine Kassette passen somit bis zu 185 Terabyte. Quelle: imago/blickwinkel

"Sony will der Kompaktkassette zum Comeback verhelfen" hieß es kürzlich in etlichen Zeitungen. Wie früher der Musik-Fan vor dem Radio, soll künftig wieder die "Record"-Taste gedrückt werden. Denn ausgerechnet die scheinbar ausgediente Kassette ist in den Augen der Japaner besonders geeignet, um Daten zu speichern.

Ungewöhnlich? Absolut. Verrückt? Absolut nicht.

Auch wenn Hörspiele der "Drei Fragezeichen" inzwischen von der Kassette über die CD in die Cloud gewandert sind – als Speichermedium war die Kassette nie wegzudenken. Bis heute nutzen sie Unternehmen, Bibliotheken und Forschungseinrichtungen, um relevante Daten festzuhalten.

Die spezielle Magnetband-Kassette sieht genauso aus wie eine handelsübliche Audiokassette. Sie passt sogar in jeden mechanischen Kassettenrekorder. Doch weil auf den Magnetbändern nicht nur Audio-Files, sondern auch Computerdaten gespeichert werden, nennen Experten sie seit den Achtzigerjahren auch Datasette. Eingeführt hatte den Begriff das Unternehmen Commodore, verwendet wurde er später aber auch von Computerherstellern wie Atari und Apple.

Wie Unternehmen ihre Daten in Schuss bringen können
1. Data Governance: Klare Regeln sind ChefsacheWerden die gleichen Stammdaten in verschiedenen Unternehmensbereichen, auf unterschiedlichen Hierarchie-Ebenen oder in mehreren Geschäftsprozessen genutzt, ist die Einführung einheitlicher Standards, Regeln und Abläufe unumgänglich. Dafür hat sich der Begriff Data Governance eingebürgert. Die Entwicklung einer einheitlichen Strategie und gemeinsamer Prinzipien ist Chefsache. Sie wird ergänzt durch die Definition von verbindlichen Datenpflegeprozessen und die Festlegung von Kennzahlen.Quelle: http://www.humaninference.de/master-data-management Quelle: Fotolia
2. Data Steward: Einer hat den Hut aufImmer freundlich lächeln und das Essen servieren: Trotz des etwas irreführenden Namens hat der Data Steward ganz andere Aufgaben. Als Verantwortlicher für die Verbesserung der Datenqualität soll er die in der Data Governance festgelegten Prinzipien im gesamten Unternehmen durchsetzen, Metriken entwickeln, die Interessen der einzelnen Fachabteilungen miteinander in Einklang bringen und für die nachhaltige Konsistenz und Genauigkeit der Daten sorgen. Quelle: Fotolia
3. Datenmodell: Struktur erkennenAls zentrales Element steuert das Datenmodell sämtliche Prozesse und Ereignisse im Master Data Management. Denn keine Datenquelle ist wie die Andere, und die wertvollen Daten des Unternehmens finden sich oft über eine ganze Reihe von Datenbanken verteilt. Fusionen, Übernahmen und neue Anforderungen erfordern oft Anpassungen des Datenmodells und der benutzten Datenquellen - dementsprechend flexibel sollte es sein. Quelle: Fotolia
4. Datenreinigung: Frühjahrsputz in der DatenbankDaten falsch einzugeben, ist ganz einfach. Ausgesprochen kompliziert dagegen ist es festzustellen, ob Informationen korrekt, eindeutig und vollständig sind. Um dies zu erreichen, wird der gesamte Bestand mit Hilfe einer Datenqualitätssoftware gesäubert. Das Tool erkennt die Struktur von Adressen, Namen, Telefonnummern oder anderen Kundendaten und prüft sie auf ihre Plausibilität – und das für alle Länder. Buchstabendreher und andere Fehler werden automatisch korrigiert. Quelle: Fotolia
5. Data Matching: Dubletten beseitigenFür die Mitarbeiter im Call Center oder im Vertrieb ist es häufig einfacher, einen Kunden neu in der Datenbank anzulegen, statt zunächst zu kontrollieren, ob diese Person bereits bekannt ist. Dadurch wächst der Anteil an Mehrfacheinträgen in vielen Unternehmen jährlich um 20 Prozent, was fatal für eine einheitliche Sicht auf den Kunden ist. Data Matching stellt den Grad der Übereinstimmung zwischen verschiedenen Datensätzen fest und zeigt Dubletten an, damit sie entfernt werden können. Quelle: Fotolia
6. Zusammenführung: Das "Golden Record"Dabei handelt es sich nicht um eine goldene Schallplatte, sondern um den „einzig wahren“ Stammdatensatz. Er wird zentral verwaltet, dient als verlässliche und aktuelle Informationsquelle und kann an den verschiedensten Stellen im Unternehmen genutzt werden. Die Zusammenführung erfolgt nach unterschiedlichen Kriterien, z.B. der Aktualität oder Priorität für eine bestimmte Quelle. Bei Bedarf findet auch noch eine Anreicherung der Datensätze statt. Beispielsweise um Informationen aus den sogenannten "Robinsonlisten", in denen Verbraucher den Versand von Werbung untersagen. Quelle: Creative Commons-Lizenz
7. First Time Right: Gleich alles richtig machenNachdem die Daten mit Hilfe der Datenqualitätssoftware erfolgreich gesäubert wurden, sollte dieser Zustand möglichst erhalten bleiben. Schon bei der Dateneingabe einer neuen Adresse in eines der operationellen Systeme ist deshalb sicherzustellen, dass alle Elemente eines Datensatzes korrekt sind. Dafür sorgt das "First Time Right"-Prinzip, bei dem eine neue Adresse blitzschnell mit den bereits vorhandenen Daten verglichen und auf Fehler überprüft wird. So gelangen nur saubere und korrekte Daten in das Master Data Management-System. Quelle: Fotolia

Sonys echte Innovation ist die Datenmenge, die auf der Kassette Platz findet. Bis zu 185 Terabyte erfasst das Medium. Ein neuer Rekord, heißt es in einer Pressemeldung des Unternehmens. Möglich gemacht habe das die Zusammenarbeit mit dem IT-Unternehmen IBM. Dabei wurde an der Optimierung der "Aufzeichnungsdichte für Kassettenspeichermedien" gearbeitet. Mit Erfolg.

Der neu gewonnene Speicherplatz ist tatsächlich beeindruckend. Denn bisher umfasste die größte Kassette gerade einmal 2,5 Terabyte. Und selbst das ist für den Otto-Normal-Nutzer schon viel Platz. Ein einstündiger HD-Film mit zwei Tonspuren belegt knapp 2,5 Gigabyte.

Innovation für Unternehmen

Doch die Datasette der Japaner richtet sich nicht an Endkunden, sondern an Unternehmen. Der Grund: Viele Unterlagen liegen nur noch digital vor, müssen aber über einen langen Zeitraum auffindbar und abrufbar sein – zum Beispiel Baupläne von Flugzeugen, Schiffen oder Autos.

Und obwohl die Schreibgeschwindigkeit deutlich langsamer ist als beim Archivieren auf einer Festplatte, setzen etliche Konzerne auf die Magnetbandkassette. Sie gilt als robust, verträgt sie doch Hitze, Staub und Stöße deutlich besser als andere Speichermedien.

Sony könnte also mit seinem Produkt durchaus Erfolg haben. „Die Frage ist, wie teuer das Daten-Tape von Sony am Ende wird - der Preis bestimmt das Geschäft. Schließlich ist Speicherplatz in den vergangenen Jahren immer günstiger geworden“, heißt es beim Leibniz-Institut für Informationsinfrastruktur in Karlsruhe.

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