Trotzdem wird die Zahl der Arbeitslosen in Japan deswegen nicht nach oben schnellen. Denn in vielen Service-Branchen sind Arbeitskräfte so knapp wie noch nie. In Japan herrscht bei einer Arbeitslosenrate von 3,1 Prozent de facto Vollbeschäftigung - und dies trotz einer seit Jahren steigenden Zahl von Erwerbstätigen.
Auf 100 Arbeitssuchende kamen zuletzt 141 Stellenangebote. Darunter sind viele Tätigkeiten im Einzelhandel, in Restaurants, auf dem Bau und in der Altenpflege. Solche Arbeiten werden oft in Teilzeit und mit begrenzter Vertragszeit vergeben, weil Firmen und Geschäfte die Festanstellung scheuen. In diesen Bereichen könnten die freigesetzten Zeitarbeiter aus den Versicherungsfirmen ohne großen Verdienstrückgang schnell unterkommen.
Noch ein zweiter Faktor macht Japan zum Sonderfall. In Nippon ist es nämlich die wichtigste Aufgabe eines Unternehmens, Arbeitsplätze zu schaffen und bis an die Grenze des Möglichen zu erhalten. Der Gewinn und die Dividende spielen traditionell eine untergeordnete Rolle.
Auch wenn es für festangestellte Mitarbeiter gerade keine "richtige" Arbeit gibt, werden sie trotzdem beschäftigt - und sei es auf scheinbar sinnlose Weise. Oft sieht man Menschen, die Schilder mit Informationen hochhalten (zur Veranstaltung XYZ nach rechts gehen) oder überflüssige Durchsagen mit dem Megafon machen (Die Rolltreppe ist kaputt, bitte die Treppe nehmen). Darüber kann man sich lustig machen. Aber das schont den Sozialstaat und die Allgemeinheit.
Unter den vielen offenen Stellen finden sich auch Jobs, die es in Deutschland gar nicht gibt: Etwa Parkplatzwächter für Supermärkte und Einkaufsmeilen. Diese Jobs sind dem japanischen Service-Gedanken geschuldet, dass der Kunde schon auf dem Parkplatz das Gefühl bekommen soll, umsorgt zu sein. Oder die Einweiser vor größeren Baustellen, die den Verkehr regeln. Diese Jobs sind eine Folge der engen Straßen und der vielen Menschen, die das An- und Abfahren von Lieferfahrzeugen erschweren.
Für solche Aufgaben wird man auch in Zukunft keine künstliche Intelligenz einsetzen. Japan scheint damit ein gutes Umfeld zu haben, um die kommende Automatisierung ohne soziale Aufstände zu verkraften.
In dieses Bild passt die Nachricht, dass es selbst einem speziellen KI-Programm nicht gelungen ist, die Aufnahmeprüfung der Universität Tokio zu bestehen. Die Forscher haben ihr Projekt vor wenigen Wochen aufgegeben. "KI ist nicht besonders gut bei Prüfungsfragen, die ein Verständnis über ein breites Spektrum voraussetzen", gestand Professor Noriko Arai vom Nationalen Informatik-Institut.