Serie Wirtschaftswelten 2025 Wie wir in Zukunft arbeiten werden

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"Strombergs" ohne Zukunft

Klassische Zwischen-Hierarchen wie der Versicherungsabteilungsleiter Stromberg aus der gleichnamigen TV-Serie gehören der Vergangenheit an: Verwalten und Koordinieren kann schlaue Software besser. Welche Wellen das schlägt, beschreiben die Informatikerin Constanze Kurz und der Hacker Frank Rieger im Buch „Arbeitsfrei“: Der Wohlstand steige durch die Job-Revolution, aber etliche würden sich nicht mehr ihr eigen Brot erarbeiten können. Das wäre ein Abschied von der Mittelschicht.

Seit Gründung der Bundesrepublik definiert sie sich über ihre Arbeit und das Einkommen daraus. Profiteure und Pechvögel sind nicht sofort nach Branchen oder Bildungsstand zu trennen: Von der menschenleeren Fabrik spricht niemand mehr. In Gefahr könnten aber viele Bürojobs sein. E-Mails nach 22 Uhr, kurzfristige Telefonkonferenzen oder das Arbeiten in der Cloud – mehr Flexibilität wird Weißhemden (im Büro) wie Blauhemden (in der Produktion) abverlangt.

Die Entwicklungsstufen Künstlicher Intelligenz

Drei Revolutionen haben unsere Art zu arbeiten bereits verändert. Ende des 18. Jahrhunderts verdrängte die Dampfmaschine Handwerker aus den Manufakturen. Elektrizität und das Fließband erlaubten die Massenfertigung. In den Siebzigerjahren hielten Computer Einzug. Jeder der Umbrüche schuf mehr Wohlstand, aber auch Verlierer. Vor mehr als 200 Jahren begehrten in England die Ludditen gegen frühindustrielle Waren auf. Ähnliche Maschinenstürmer protestierten in Deutschland Mitte des 19. Jahrhunderts beim Weberaufstand gegen Fabriktextilien. Ab Mitte der Siebzigerjahre wurde Massenarbeitslosigkeit zum zentralen Thema.

Motoren der Revolution

Es ist keine einzelne Erfindung, viele Neuerungen treiben die Revolution an. Rechenleistung von Computern ist billig geworden. Mit mobilen Geräten können wir uns vernetzen, Riesenmengen an Daten sammeln und auswerten. Billige Sensoren reagieren auf jede Bewegung, sonst könnten sich Mensch und Maschine nicht so nah kommen. Daten fließen in Echtzeit, Maschinen lernen aus ihnen.

Das Handy oder ein Tablet mühelos zu bedienen ist der Einstieg in die neue Ära. „Wer sein Smartphone beherrscht, braucht hier keine Hemmungen zu haben“, sagt Fabian Borowski, bald 28 und Industrie-4.0-Beauftragter bei Bosch in Homburg. Mit der Fertigungsplanerin Nicole Arendt baut er die smarte Produktion seit Sommer 2014 auf. Sie haben einiges bereits umgesetzt, was die Zeitreise ins Jahr 2025 beschreibt. Dazu mussten die Maschinenbauer programmieren lernen. Beide wissen: Nicht nur für sie wird Informatik bald die wichtigste Fremdsprache.

3D-Drucker, fahrerlose Autos und vernetzte Maschinen: Neue Technologien werden in Zukunft die Arbeitswelt bestimmen. Von den Chancen neuer Entwicklungen profitieren alle Beteiligten.

Dafür reichen einem Facharbeiter nun drei bis vier Tage Anlernzeit, um eine Maschinenstrecke zu bedienen. Schweres Schleppen wird überflüssig - ein Vorteil für alternde Belegschaften.

Neue Anforderungen entstehen auch bei der Arbeitszeit. Was bisher noch ein Test ist, könnte bald Alltag sein. Beim Fraunhofer-Projekt „KapaflexCy“ lernen Mitarbeiter, kurzfristig anberaumte Extraschichten selbst zu organisieren. Die Anfrage landet auf dem Smartphone, in Echtzeit sollen die Betroffenen abstimmen, wer anrückt.

von Max Haerder, Henning Krumrey

In den USA ertüftelt Software Dienstpläne – etwa für Fastfoodketten –, abhängig vom Wetter oder kurzfristigen Ereignissen. Die „New York Times“ porträtierte eine Kaffeehaus-Barista, die als Alleinerziehende mit wechselnden Einsatzorten und -zeiten kämpft. Vor solchen Extremen steht aber das deutsche Arbeitsrecht.

Gegen immer flexiblere Zeiten wehren sich Gewerkschafter. Roman Zitzelsberger, Bezirkschef der IG Metall in Baden-Württemberg, ist auf der Hut. Er nennt sich „Fan von Industrie 4.0“. Doch: „Der Mensch muss bestimmen und nicht die Maschine.“ KapaflexCy sieht er kritisch: „Es darf nicht sein, dass bei der Arbeit gesagt wird, übrigens haben wir sieben zusätzliche Aufträge bekommen, also arbeite du nachher noch länger. Da hat der eine sein Fußballtraining, der andere muss zur Familie.“

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