Serie Wirtschaftswelten 2025 Wie wir in Zukunft arbeiten werden

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Wer profitiert, wenn Maschinen den Menschen überholen?

IBM plante 2012 bereits, Arbeiten auf Zuruf auf höher Qualifizierte auszudehnen. Mit kleiner Kernmannschaft sollte ein weltweites Heer freier Mitarbeiter geführt werden. Programmierer und Ingenieure sollten kurzzeitig in Gruppen von Nigeria über Finnland bis Chile tätig werden. Die Empörung war groß, das Modell womöglich unzuverlässig. Der Konzern nahm Abstand. Doch im Kleinen passiert so etwas längst.

Arbeitsforscher Bauer sagt voraus: „Wer in dieser Welt gut abschneiden will, muss das Lernen lernen und möglichst nie damit aufhören.“ Das sei wichtiger als eine bestimmte Ausbildung. Ein Sachbearbeiter habe gegen Computer keine Chance. Zwar warnt der US-Autor Nicholas Carr vor der Technik: Wir würden dumm und träge. Der Computer halte Ärzte ab, eine Krankheit intuitiv zu ergründen. Dank Autopilot seien Piloten bereits auf Gefahren schlecht vorbereitet. Für Bauer ist aber klar: „Die Aufgaben der Zukunft sind: koordinieren, steuern, entscheiden und beraten.“

Wohlstand - aber für wen?

Wer profitiert also, wenn Maschinen den Menschen überholen? Constanze Kurz und Frank Rieger, die Autoren von „Arbeitsfrei“, glauben: wir alle. Wenn wir Regeln aufstellen. Sie erinnern an den britischen Ökonomen John Maynard Keynes, der schon in den Dreißigerjahren eine rationalisierte Zukunft beschrieb, in der der Mensch sich andere Lebensinhalte und Einkommen organisieren müsse.

Kurz und Rieger formulieren das so: „Es darf nicht länger ein persönliches Drama sein, wenn ein im Grunde langweiliger, anstrengender, gesundheitsverschleißender Job von Maschinen erledigt wird.“ Wenn Maschinen mehr erwirtschaften, passt das nicht mehr zum Prinzip, dass vorrangig Arbeitende Steuern und Sozialabgaben zahlen. Wir sollten über andere Steuern nachdenken. Roboter könnten Weiterbildung und Rente finanzieren. Menschen hätten mehr Zeit, auch für Gemeinnütziges.

Wie realistisch aber ist das Szenario, wenn gerade Datenkonzerne wie Google, Apple oder Amazon durch geschicktes Verschieben von Gewinnen über Ländergrenzen ihre Steuerlast sehr klein halten?

Auch die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens ist wieder da. Brynjolfsson und McAfee wollen, dass Staaten den Bürgern ein solches Einkommen gewähren, um sie an Zuwächsen zu beteiligen. Je mehr Grundeinkommen sich eine Gesellschaft leistet, desto hinfälliger werden allerdings Sozialsysteme wie unseres, in denen Arbeitslose oder Rentner umso mehr bekommen, je mehr sie beigetragen haben.

Eine andere Hoffnung gründet darauf, dass Technik gestaltbar ist. Wer wirtschaftliche Bedingungen kritisiert, müsste als Verbraucher umdenken. Wer bei Amazon bestellt, könnte den eigenen Job im Einzelhandel an die Billigkonkurrenz verlieren. Der US-Informatiker und Künstler Jaron Lanier will das Geschäftsmodell Google oder Facebook begrenzen, massenhaft persönliche Daten von Nutzern zu sammeln und zu nutzen. „Wir brauchen eine neue Art von Balance“, sagt Lanier. Er favorisiert eine Internet-Wirtschaft, in der Privatleuten jede Nutzung und jeder Aufruf ihrer Daten mit Kleinstbeträgen vergütet wird.

Optimisten vertrauen auf die Zeit und darauf, dass noch immer gute Jobs dazukamen. Fraunhofer-Mann Bauer glaubt, das Internet der Dinge werde nicht als Schnecke, aber als Schildkröte daherkommen. Die Investitionen seien enorm hoch – das habe auch Vorteile. „Wahrscheinlich dauert es 15, vielleicht 25 Jahre, eine Generation.“ Jüngere kämen in der neuen Welt zurecht, glaubt er. „Bis dahin gehen aber die, die sich von der Technik abgehängt fühlen, in Ruhestand.“

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