Sharing Economy boomt Deutsche teilen gerne ihre Wohnung mit Touristen

Lange wurde die Idee als abwegig abgetan. Doch die Buchungszahlen des Tourismus-Portals Airbnb zeigen: Übernachten im Privathaus statt im Hotel hat sich als Reisetrend etabliert.

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Spektakuläre private Unterkünfte
Über 500 Baumhäuser werden auf Airbnb angeboten. Dieses liegt im italienischen Arlena Di Castro. Quelle: Screenshot
Ein Hausboot in der Kaizergracht in Amsterdam. Insgesamt können laut Airbnb über die Plattform weltweit etwa 1000 Boote gemietet werden. Quelle: Screenshot
Typisch Deutsch - Vermieter aus dem Westfälischen Ostbevern haben ein Bierfass zu einer Schlafkoje umgebaut. Quelle: Screenshot
Bunter geht es kaum - In der Gemeinde Paradou in Südfrankreich können Besucher in einem Bauwagen übernachten. Quelle: Screenshot
Gestrandet - ein altes Boot wurde nahe Konya an der türkischen Mittelmeerküste zu einer Ferienwohnung umgebaut. Quelle: Screenshot
Vor den Toren von Los Angeles liegt diese private Villa, die sogar Spa anbietet. Über 11.000 Villen können laut Airbnb weltweit gebucht werden. Quelle: Screenshot
Und noch ein Hausboot - Nicht nur in Amsterdam, auch an der Halbinsel Wong Chuk Hang in Hongkong liegen Boote zur Vermietung bereit. Quelle: Screenshot

Es ist eine Erfolgsgeschichte: Seit der Gründung vor rund vier Jahren haben mehr als vier Millionen Reisende eine Privatunterkunft über das Online-Portal Airbnb gebucht. Allein in 2012 stiegen die Gästezahlen weltweit um 250 Prozent: drei Millionen Menschen waren im vergangen Jahr mit Airbnb unterwegs. „Unser starkes Wachstum ist auch ein Beweis dafür, dass die Sharing Economy kein medialer Hype ist, sondern eine tiefgreifende gesellschaftliche Veränderung“, sagt Eugen Miropolski, Regional Director Europa bei Airbnb. „Die Menschen teilen statt zu kaufen – ihr Auto, ihre Wohnung, ihre Kleidung.“

Was die Gäste bei Airbnb buchen, sind private Unterkünfte, zum Teil einfache Zimmer innerhalb einer privat bewohnten Wohnungen, in der Bad und Küche geteilt werden. Schon seit einigen Jahren bieten die Portale Hospitality Club und Couchsurfing ebenfalls private Unterkünfte an. Professioneller sind die Mietportale 9flats.com, Wimdu und Airbnb aufgestellt. Sie werden als Vermittlungsportale auch finanziell für ihre Dienstleistung entlohnt. Für die Vermittlung der Unterkünfte erhält Airbnb laut Deutscher Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) von den Vermietern einen Abschlag in Höhe von drei Prozent der Zimmerpreises sowie sechs bis zwölf Prozent von den Mietern. Bei 9flats zahlen die Mieter keine Vermittlungsgebühr. Diese übernimmt mit 15 Prozent der Vermieter.

Hier schläft Deutschland am besten
Im weltweiten Vergleich schnitt das Four Seasons Resort Hualalai at Historic Ka'upulehu auf Hawaii gleich zweimal hervorragend ab: Sowohl in der Kategorie „Top-Hotels“ als auch „Luxus“ bekam das Hotel einen Award. Für einen stolzen Preis von circa 675 Euro pro Nacht lässt sich hier das Naturparadies genießen. Quelle: Tripadvisor
In der TripAdvisor-Kategorie „Schnäppchen“ sahnte das Hotel SeaCoast Inn in Cape Cod (USA) den Preis ab. Die Fischerei ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor auf der Halbinsel, die zu deutsch „Kap Kabeljau“ heißt. Quelle: Tripadvisor
Das Lauriston Court Hotel in Wales ist das erstplatzierte Hotel in der Kategorie „Service“. Auch im Europavergleich ist das Hotel im „Service“ der Rangführer.                                         Quelle: Tripadvisor
In der Kategorie „kleine Hotels“ räumte das Anastasis Apartments in Griechenland den TripAdvisor-Award ab. Die nahe Lage an felsiger Mittelmeerküste zieht viele Touristen an. Quelle: Tripadvisor
Auch im europäischen Vergleich liegt das griechische Hotel Anastasis auf dem ersten Platz der „kleinen Hotels“. Quelle: Tripadvisor
Das Casa Portagioia in Italien gewann den Award in der Kategorie „Hostels und Pensionen“ im weltweiten Vergleich. Die Unterkunft liegt inmitten der Urlaubsregion Toskana umgeben von Zypressen. Das Hotel überzeugte auch... Quelle: Tripadvisor
... im europäischen Vergleich in der Kategorie „Hostels und Pensionen“. Quelle: Tripadvisor

Und hier wird nicht nur die Couch im Wohnzimmer geboten. In etlichen Fällen sind es ganze Ferienwohnungen, manchmal gar Hausboote, Hütten, Baumhäuser oder Villen, die gemietet werden können. Was den Gast genau erwartet, ist im Internet einzusehen. Besser als manches Hotel wird die Unterkunft auf dem Portal in Bildern gezeigt. Das simple Design macht die Buchung einfach, und die Auswahl ist riesig.

Stephan Uhrenbachers 9flats bietet weltweit bereits über 86.500 Unterkünfte an. Im Februar 2013 wurden über das Portal vier mal so viele Übernachtungen wie im Februar 2012 gebucht, heißt es seitens des Unternehmens. Dabei ist 9flats gerade mal seit zwei Jahren online. Bei Airbnb stehen derzeit über 300.000 Unterkünfte in 35.000 Städten rund um den Globus. Davon kamen allein im vergangenen Jahr über 180.000 Unterkünfte neu hinzu, das entspricht einem Wachstum von 250 Prozent.

Deutsche Hoteliers sind alarmiert

Die Top-Sehenswürdigkeiten in Deutschland
Auf der Internetseite der Deutschen Zentrale für Tourismus (DZT) konnten Besucher aus aller Welt drei ihrer persönlichen Lieblingsreiseziele in Deutschland angegeben. 5.500 haben mitgemacht und so kam eine Rangliste der Top-Sehenswürdigkeit zustande. Auf Platz 25 landet der Schwarzwald, Deutschlands höchstes Mittelgebirge. Quelle: dpa
Burgen, Schlösser, Kirchen – davon hat Deutschland einige. Zu den bekanntesten und beliebtesten, gehört der Dom zu Speyer, der vermutlich schon im 11. Jahrhundert gegründet wurde. Das Gotteshaus belegt Platz 24 der Top-Sehenswürdigkeiten. Quelle: ap
Berlin als Touristen-Magnet: Ob Partylöwe oder Bildungsreisender – in der deutschen Hauptstadt kommen die verschiedensten Reisetypen auf ihre Kosten. Wer noch nie da war, für den ist der Reichstag, Sitz des Bundestags, ein Muss. Das Gebäude mit der markanten Kuppel steht auf Platz 22 zusammen mit... Quelle: dpa
...dem malerischen Königssee. Beliebt ist der Malerwinkel, ein Aussichtspunkt, von dem aus neben den hoch aufragenden Bergen die Wallfahrtskapelle St. Bartholomä zu sehen ist. Quelle: dpa/picture alliance
Bauwerke, die zum Unesco-Weltkulturerbe gehören, sind allein neun auf der Liste der 25 größten Touristenmagneten zu finden. Darunter ist auch die Residenz von Würzburg. Das barocke Schloss belegt Platz 21 der größten Besucherattraktionen. Quelle: dpa/picture alliance
Das Museumsufer Frankfurt lebt durch seine Kontraste: Bedeutender Museen und Sammlungen finden sich dort. Durch seine exponierte Lage mit der Skyline des Bankenviertels lädt sie zum Flanieren ein. Es belegt Platz 20 auf der Liste der Top-Sehenswürdigkeiten in Deutschland. Quelle: dpa
Weimar – die Wirkungsstätte Goethes und Schillers. Rund drei Millionen Menschen kommen jährlich in das thüringische Städtchen, das schon einmal Kulturhauptstadt Europas war. Dort hatte auch das „Bauhaus“ seinen Sitz, das später nach Dessau zog. Zusammen landen beide Orte auf Platz 19. Quelle: ZB

Das Prinzip ist auf allen Portalen gleich: Privatleute erstellen eine Art Profil ihrer Wohnung. Ausstattung, Lage, Preis manchmal sogar Fotos der Mitbewohner informieren recht gründlich. Besonders hilfreich bei der Entscheidung sind die Benotungen und Kommentare früherer Gäste. Schlampige oder unzuverlässige Gastgeber haben so kaum eine Chance sich durchzusetzen. Denn die private Unterkunft hat auch ihre Tücken: Mal sind die Gastgeber nicht pünktlich, nicht zu Hause oder gar nicht zu erreichen. Vor allem bei der Schlüsselübergabe gibt es – glaubt man den Kommentaren in den Foren – immer wieder Probleme.

Besonders junge Menschen haben wenige Hemmungen sich bei Privatleuten für meist billiges Geld einzunisten. Zwischen 30 bis 100 Euro werden bei Airbnb im Schnitt gezahlt. Viele der Unterkünfte liegen in den großen Metropolen – Hamburg, Paris, London, New York, Dehli, Moskau oder auch Sidney. Weltweit steht Wohnraum für den Kurztrip zur Verfügung.

Der neue Trend alarmiert den Deutscher Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga). "Der Markt der privaten Apartments ist grau und undurchsichtig. Es gibt keine Auflistung, keine statistischen Erhebungen über Anzahl, Größe und Ausstattung der Unterkünfte", sagt Dehoga-Sprecher Benedikt Wolbeck. "Mitunter kommen in den Apartments ganze Schulklassen unter." Außerdem gebe es keinen offiziellen Check-In und in vielen Fällen nicht einmal eine Rechnung. Die Kritik kommt nicht von ungefähr. Schließlich findet das Geschäft mit den privaten Unterkünften außerhalb der Vereinsstrukturen der Dehoga statt. "87 Millionen Übernachtungen pro Jahr in privaten Unterkünften, sind ein nicht zu unterschätzendes Marktsegment", sagt Wolbeck.

Ein weiteres Problem sieht die Dehoga in den Hygiene- und Sicherheitsstandards, die oft nicht eingehalten würden. "Feuerlöscher und Fluchtwegepläne, die für Hotels durch die Betriebsverordnung vorgeschrieben sind, fehlen oft völlig", sagt Wolbeck. "Das gefährdet nicht nur die Gäste sondern häufig auch die übrigen Bewohner der betroffenen Häuser."

Die Kunden scheinen sich an diesen Fragen bisher nicht zu stören. Das Modell Airbnb ist in Deutschland nach eigenen Aussagen besonders erfolgreich. Mit dem Büro in Hamburg wurde hier zulande sogar die erste Niederlassung außerhalb der USA gegründet. Deutschland hat 2012 eine Schlüsselrolle im Wachstum von Airbnb gespielt: Um 417 Prozent ist die Zahl der Gäste, die hierzulande bei einem privaten Airbnb-Gastgeber gewohnt haben, gestiegen. Das Ranking der beliebtesten Städte wird angeführt von Berlin, dicht gefolgt von München und Hamburg auf Platz 2 und 3, sowie Köln und Frankfurt auf den Rängen 4 und 5. 

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