Sicherheit im Internet Das kann der Datenschutz für Dummies

Die NSA soll draußen bleiben: Neue Filterboxen verhindern Tracking - manchmal ziemlich radikal. Quelle: Illustration: Kati Szilágyi

Wer im Netz surft, wird fast überall von Google und Co. ausgeforscht. Neue Filterboxen für daheim verhindern das. Doch wer ganz und gar anonym im Netz unterwegs sein will, muss Abstriche bei der Bedienbarkeit machen.

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Hermann Sauer und Christian Bennefeld kennen sich aus im Netz: Der eine, 63, hat eine Karriere als Informatiker bei Techkonzernen wie EDS und Hewlett-Packard hinter sich. Der andere, 48, war einer der Ersten, die Händlern und Werbern halfen, ihre Kunden im Internet besser kennenzulernen.

Beide eint nun eine Mission: Sie wollen den Deutschen die Hoheit über ihr Surfverhalten zurückgeben.

Sauer entwickelt seit drei Jahren mit seinem Unternehmen Comidio im hessischen Weinörtchen Eltville die Trutzbox, einen Schutzschild für PC, Handy und vernetztes Heim. Bennefeld arbeitet seit 2010 beim Start-up eBlocker an einer Box, die Konzernen wie Google oder Facebook die Erfassung von Protokollen und Profilen von Internetnutzern unmöglich machen soll.

Die größten Mythen zur IT-Sicherheit
Mythos: Das Internet ist so unendlich groß. Niemand wird gerade mich angreifen. Quelle: dpa
Mythos: Ich besitze überhaupt keine wertvollen digitalen Informationen. Quelle: dpa
Mythos: Um die Sicherheit kümmere ich mich dann, wenn mich einer versucht anzugreifen. Quelle: dpa
Mythos: AV und Firewall genügen dann aber auch, um meinen Computer sicher zu machen. Quelle: dapd
Mythos: Ich habe die kritischen Daten auf meiner Festplatte gelöscht - nun sind sie weg. Quelle: dpa
Mythos: Gefährliche Websites lassen sich direkt erkennen. Quelle: Fraunhofer SIT
Mythos: Ich bekomme es mit, wenn mein Computer infiziert oder unterwandert wurde. Quelle: REUTERS

Tracking heißt das – und es passiert ständig und überall im Netz. Laut einer Umfrage der Verbraucherzentralen wären mehr als die Hälfte der Deutschen bereit, für besseren Datenschutz und Werbung, die auf Grundlage der erfassten Daten ausgespielt wird, zu bezahlen.
Nur war die Technik dafür bisher selbst für erfahrene Computernutzer zu kompliziert. Sauer und Bennefeld dagegen versprechen Datenschutz für Dummies.

Die WirtschaftsWoche hat den Cyberschutz zum Anstecken an den heimischen Internetrouter ausprobiert (siehe Box unten). Das Ergebnis erschreckt: Je nach Seite versuchten 5 bis 35 ungebetene Schnüffler im Hintergrund, Konsumenten zu vermessen, sobald die eine Webseite bloß aufrufen. Die Boxen zeigen das an Zählern im Browserfenster. Die meldeten nach kurzer Zeit Hunderte geblockter Zugriffe von Servern, die keinen erkennbaren Bezug zu den aufgerufenen Onlineseiten hatten.

Die NSA soll draußen bleiben

Bennefeld kennt solche Tricks: Mit seinem ersten Unternehmen, eTracker, beobachtete er lange im Auftrag von Werbern und Händlern das Surfverhalten ihrer Kunden. „Aber streng datenschutzkonform, ohne webseiten-übergreifend Profile anzulegen“, betont der Mathematiker aus Hamburg. 2013 hat er sich bei eTracker aus dem Tagesgeschäft zurückgezogen und 600.000 Euro per Crowdfunding für den eBlocker eingesammelt.

„Was speziell die US-Riesen an Daten sammeln, geht definitiv zu weit“, sagt er. Seine Box wehrt Tracker daher weitgehend ab und erlaubt es im Normalfall nur den Seitenbetreibern, Daten von denen zu erfassen, die ihre Webseite ansteuern. Google und Co. bleiben draußen.

Sauer ist strenger: Seine Trutzbox macht, wo immer möglich, komplett dicht. Das Gerät ist Internet- und WLAN-Router, Firewall und E-Mail-Server in einem und ermöglicht außerdem verschlüsselte Telefon- und Videokonferenzen. „Da kann nicht mal die NSA meine Daten mitlesen“, versichert er.

Das leisten die Schnüffelschützer

Doch Sicherheit hat ihren Preis. Einige Smartphone-Apps wie WhatsApp oder Facebook funktionieren nicht mehr, wenn der Nutzer die maximale Filterung aktiviert. Auch manche Webseite, die intensiv auf Tracking beruht, würde bei schärfstem Schutz fehlerhaft angezeigt, weshalb die Boxenbauer vereinzelt die Filter angepasst haben.

Angriffsziele von aufsehenerregenden Cyberangriffen

Auch bei verschlüsselten Webseiten, erkennbar am Kürzel „https“ in der Adresse, können die Geräte in der Grundeinstellung keine Tracker blocken. Wer den Schutz auch dafür aktivieren will, muss in PC, Smartphone oder Browser zusätzliche Sicherheitsdateien installieren. Das hat zwar im Test problemlos funktioniert. Doch spätestens damit wären Laien überfordert.

Bennefeld wie Sauer räumen ein, wer im Netz ganz und gar anonym bleiben will, muss kleine Abstriche bei der Bedienbarkeit machen. „Den Konflikt können auch wir nicht auflösen“, sagt Sauer.

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