Spezial-Smartphones Sicherer als Blackberry & Co.

Bundesregierung und EU-Kommission verzichten wegen Sicherheitsbedenken auf die Nutzung von Blackberrys. Die Kanzlerin und ihre Minister vertrauen zwei deutschen Spezialisten, die auch die Smartphones von Unternehmen sicher machen.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel Quelle: dpa

Eigentlich kann es für den Blackberry-Hersteller Research in Motion (RIM) keine bessere Werbung geben. Da die Sicherheitsbehörden der Vereinigten Arabischen Emirate die Daten des Smartphones nicht überwachen können, sollen die Dienste verboten werden. Auch Indonesien, Saudi-Arabien und Indien fordern stärkere Kontrollmöglichkeiten.

Denn RIM verschlüsselt die mit dem Blackberry versandten Daten. Wenn selbst die Geheimdienste verschiedener Länder die Kommunikation nicht knacken können, müssen die Daten ja sicher sein, oder?

BSI und Innenministerium raten von Blackberry ab

Leider nicht. Gerade in Europa gab und gibt es mehrfache Warnungen, sensible Informationen über das Smartphone zu verschicken. Auch die Bundesregierung hat sich aus Sicherheitsgründen gegen die Nutzung von Blackberry-Geräten entschieden. Das Bundesinnenministerium hat den anderen Ressorts bereits am 19. November 2009 empfohlen, auf die Nutzung sowohl von Blackberrys als auch iPhones zu verzichten.

Den Schutz von sensiblen Regierungsdaten regelt die Verschlusssachenanordnung (VSA). Sie gibt Anweisungen, wie mit Computern und Smartphones umgegangen werden muss, die Inhalte der Kategorie VS-NfD („Verschlusssache-Nur für den Dienstgebrauch“) bergen. Prüf- und Kontrollinstanz ist das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Deren Experten beraten die Bundesbehörden bei IT-Systemen; Verschlüsselungstechnologien muss das BSI sogar explizit zulassen.

Blackberrys und iPhones gehören nicht dazu. Minister wie Behördenmitarbeiter müssen deshalb auf diese kleinen schwarzen Helfer verzichten. Die Geräte erfüllen aus Sicht des Innenministeriums „nicht die notwendigen Sicherheitsanforderungen“.

Bekannte Sicherheitslücke bei Blackberry

Auch die Europäische Kommission hat sich unter anderem aus Sicherheitsgründen gegen Blackberrys für ihre 32.000 Mitarbeiter entschieden. In Frankreich hatten die Sicherheitsbehörden bereits 2007 Nicolas Sarkozy und seinen Regierungsmitgliedern die Blackberry-Nutzung untersagt.

Hintergrund der Anweisungen sind vor allem Befürchtungen, Geheimdienste in den USA, Kanada oder Großbritannien könnten trotz Verschlüsselung auf die Daten zugreifen. 

In den USA können sich die Strafverfolgungsbehörden Experten zufolge einen Zugriff auf den Email-Verkehr und andere Kommunikationsdienste des Blackberry verschaffen. Vorraussetzung dafür sei aber eine gerichtliche Anordnung, sagte Mark Rasch, ehemals Chef der Abteilung für Computerkriminalität im US-Justizministerium.

Doch nicht nur Amerikaner kommen als potentielle Mitleser von Blackberry-Nachrichten in Frage. Der gesamte europäische Datenverkehr von RIM wird über ein Rechenzentrum in Egham bei London geleitet. Bereits 2005 berichtete die WirtschaftsWoche vor einer Warnung des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik vor Sicherheitsproblemen.

„Auf Grund der unsicheren Architektur ist der Blackberry für den Einsatz in sicherheitsempfindlichen Bereichen der öffentlichen Verwaltung und spionagegefährdeten Unternehmen nicht geeignet“, heißt es in einer BSI-Analyse.

Denn nach britischem Recht können die örtlichen Sicherheitsbehörden laut BSI unter sehr weit gefassten Voraussetzungen (unter anderem zum Wohle der britischen Wirtschaft) Zugang zu allen Verbindungsdaten und Inhalten erhalten. „Es gibt damit die theoretische Möglichkeit, dass Dritte auf die E-Mails zugreifen, die vom Blackberry versandt werden“, erklärte BSI-Referatsleiter Michael Dickopf.

Das BSI empfiehlt derzeit nur ein einziges Gerät, nämlich das „Simko2“ der Telekom- Großkundensparte T-Systems. Es handelt sich dabei um speziell aufgerüstete HTC Touch Smartphones, in die eine spezielle microSD-Karte des Nürnberger Unternehmens Secusmart eingesetzt wird. Der Zugang zum Telefon und der Datenverkehr werden durch die Krypto-Karte verschlüsselt und über eine eigene, sichere VPN-Verbindung ohne den Umweg über fremde Server versandt.

Bis Jahresende sollen 4000 Geräte an verschiedene Bundesministerien und Behörden ausgeliefert werden. Doch auch Firmenkunden können Simko2 nutzen, einige große Unternehmen haben die Hochsicherheitstelefone bereits im Einsatz. Zu den Referenzkunden von Certgate gehören E.On und die Datev.

Ob die „sichere mobile Kommunikation“ – dafür steht das Kürzel Simko – eingesetzt werden kann und wie teuer die Anschaffung ist, hängt auch von der vorhandenen IT-Infrastruktur der Unternehmen ab. „Wirtschaftlich sinnvoll ist das etwa in einer Größenordnung ab 100 Nutzern“, erklärte ein Telekom-Sprecher. Nach der Anschaffung entstehen pro Gerät monatliche Kosten von etwa 80 Euro.      

Sicherheitshandys mit Grenzen

Doch auch diese Hochsicherheitslösungen hat ihre Grenzen: Die Sicherheit bleibt nur gegeben, so lange Sender und Empfänger Simko2 nutzen und innerhalb des gesicherten Systems kommunizieren. Zudem funktioniert die Verschlüsselung nicht für die Sprachübertragung, wer auch abhörsicher telefonieren möchte braucht noch ein zweites System.

Dazu gibt es eine andere Lösung: Secuvoice vom Düsseldorfer Anbieter Secusmart, die ebenfalls vom BSI empfohlen wird. Die Verschlüsselung funktioniert ebenfalls mit einer Sicherheitskarte, die in den Speicherslot des Handys gesteckt wird. Secusmart liefert mehrere tausend dieser Krypto-Handys an Bundesbehörden. Secuvoice ist derzeit jedoch nur für Nokia-Geräte der N- und E-Serie verfügbar.

Am Einsatz für weitere Geräte arbeitet das Unternehmen derzeit, auch eine Lösung zur  sicheren Kommunikation soll demnächst kommen und ein Feature, dass vor allem die Kanzlerin freuen dürfte: sichere SMS. Denn die kurzen Textnachrichten kann bislang keiner der beiden Ausrüster von Sicherheitshandys für die Regierung verschlüsseln.

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