Start-Up Junge baut Braille-Drucker aus Lego und wird Firmenchef

Ein 13-jähriger Kalifornier macht vielen etwas vor. Er entwickelt ein Gerät, dass auch für ärmere blinde Leser erschwinglich sein soll. Und wie es aussieht, könnte es noch dieses Jahr auf den Markt kommen.

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In Amerikas Hightech-Hochburg Silicon Valley ist es niemals zu früh, Unternehmer zu werden. Man muss nur den 13-jährigen Shubham Banerjee fragen. Der kalifornische Achtklässler hat eine eigene Firma gestartet, die preisgünstige Maschinen zum Drucken der Braille-Blindenschrift herstellen soll. Technik-Riese Intel hat kürzlich in das Startup-Unternehmen investiert.

Braigo Labs heißt die Firma. Shubham selbst hat vor einem Jahr im Rahmen eines Schulausstellungsprojekts einen Braille-Drucker gebaut - aus einem Lego-Robotik-Kasten. Ausgangspunkt dafür war sein Wissensdurst. „Wie können blinde Menschen lesen?“, hatte er seine Eltern gefragt. „Google es“, antworteten sie ihm.

Und so forschte der Junge im Internet und war schockiert, als er herausfand, dass Braille-Drucker mindestens 2000 Dollar (rund 1700 Euro) kosten - zu viel für die meisten blinden Leser, vor allem in Entwicklungsländern.

„Ich habe mir einfach gedacht, dass es einen solchen Preis nicht geben sollte. Ich weiß, dass es einen einfacheren Weg gibt, das hinzukriegen“, schilderte Shubham kürzlich. Er demonstrierte, wie sein Printer funktioniert - auf dem Küchentisch, an dem er viele Abende damit verbracht hat, das Gerät aus einem Lego-Kasten zu bauen.

Wo Maschinen menschliche Arbeitskraft ersetzen
1. BankkassiererWann haben Sie eigentlich das letzte Mal Geld am Schalter bei einem Bankkassierer abgehoben? Richtig, das ist lange her. Mittlerweile können Überweisungen, Auszahlungen und die Abfrage des Kontostands bequem am Automaten erledigt werden. Lediglich bei komplizierten Überweisungen oder spezielle Fragen zieht es die Kunden noch zu den Bankkassierern an den Schalter. Laut Mark Gilder von der Citibank können „mindestens  85 Prozent der Transaktionen, die am Schalter gemacht werden können, auch durch den Automaten übernommen werden.“ Und das ist noch nicht das Ende: Citibank experimentiert derzeit mit videobasierten Schaltern in Asien. Quelle: AP
2. KassiererWer in einem großen Supermarkt einkaufen geht, kann sie kaum übersehen: Die Selbstzahl-Schalter. Anstatt sich an der Kasse anzustellen, greifen viele Kunden schon jetzt auf die Möglichkeit der Zahlung am Automaten zurück. Selbst die Produkte aus dem Einkaufswagen einscannen und am Automaten bar oder mit der EC-Karte bezahlen. Rund 430.000 solcher Automaten sind weltweit bereits in Betrieb – mehr als das Vierfache als noch im Jahr 2008. Auch wenn Supermärkte wie Big Y und Albertson’s (USA) und auch Ikea nach Kundenbeschwerden ihre Selbstzahl-Automaten wieder zurückzogen geht der Trend doch eindeutig in Richtung elektronischer Bezahlung. Quelle: dpa
3. RezeptionistLange waren Rezeptionisten das "Gesicht" der Hotels und erste Anlaufstelle für die Gäste. Bald könnten auch sie durch virtuelle Arbeitskräfte ersetzt werden. In Japan wurde sogar schon mit Robotern experimentiert. Ob das den Kunden gefällt, ist jedoch eine andere Frage. Mit einem Automaten zu telefonieren, geht den meisten auf die Nerven, bei einem Roboter einzuchecken, macht ihnen Angst. Viele bevorzugen nach wie vor das persönliche Gespräch. Deswegen gute Nachricht für Rezeptionisten: Die Anzahl an Arbeitsplätzen in der Branche steigt derzeit um etwa 14 Prozent. Quelle: AP
4. TelefonistMenschen, die in einer lange Reihe vor Telefonen sitzen und Kundenanfragen bearbeiten, dieses Bild könnte bald schon der Vergangenheit angehören. Anrufbeantworter und computergenerierte Antwortprogramme ersetzen in diesem Bereich zunehmend die menschliche Arbeitskraft. Insbesondere Telefonumfragen, Tickethotlines und Informationsdienste von Firmen greifen bereits auf computergesteuerte Telefonannahmen zurück. Per Tastenkombination kann der Anrufer sich dann durch ein Menü klicken und auswählen, welche Informationen er abrufen möchte. Quelle: AP
5. PostboteDie E-Mail-Branche stellt Postunternehmen zunehmend vor finanzielle Probleme. Handgeschriebene Briefe werden immer seltener, wer sich etwas zu sagen hat, sei es privat oder im Job, der tut das meist per E-Mail. Immer weniger Briefe werden daher ausgetragen. Das Bureau of Labor Statistics sagt Postboten bis 2022 einen Arbeitsplatzrückgang von 28 Prozent voraus. Quelle: dpa
6. Reisebürokaufmann/-frauEs gab Zeiten, da existierte weder Expedia noch Orbitz. Um einen Flug zu buchen, musste man ins Reisebüro und sich von Reisekaufleuten beraten lassen. Heutzutage wird das für viele überflüssig. Anstelle von Katalogen und persönlicher Beratung vergleich sie im Internet die Preise und buchen ihren Urlaub direkt online. Das spart den Gang zum Reisebüro und kann bequem von zu Hause erledigt werden. Das  Bureau of Labor Statistics sagt der Branche daher einen Rückgang von gut zwölf Prozent bis 2022 voraus. Quelle: AP
8. MaschinenschreiberKönnen Sie sich vorstellen, wie der Geschäftsführer seine Sekretärin bittet auf der Schreibmaschine „einen Brief auf zusetzen?“ Das ist heute längst aus der Mode geraten. In Zeiten bloggender, twitternder Chefs und stimmenaufzeichnender Software, sind Maschinenschreiber längst überflüssig. In den nächsten acht Jahren wird die Anzahl der Arbeitskräfte in diesem Bereich laut Bureau of Labor Statistics noch um weitere sechs Prozent zurückgehen.   Quelle: dpa

Der Junge will jetzt einen Desktop-Drucker entwickeln, der um die 350 Dollar kostet und nur wenige Pfund wiegt - im Gegensatz zu gegenwärtigen Modellen, die mehr als neun Kilo schwer sein können. Die Maschine könnte dazu benutzt werden, Braille-Lesestoff von Computern oder anderen Geräten auf Papier zu übertragen, mit den angehobenen Punkten der Blindenschrift statt Tinte. Sein Ziel wäre es natürlich, dass die meisten blinden Menschen eines Tages seinen Drucker benutzten, sagt Shubham, der in Santa Clara lebt, nur Minuten vom Hauptquartier des IT-Konzerns Intel entfernt.

Nachdem sein „Braigo“-Modell zahlreiche Preise und großen Beifall aus der Blindengemeinschaft gewonnen hatte, startete der Junge im vergangenen Sommer Braigo Labs. Sein Grundkapital betrug damals 35 000 Dollar, das Geld kam von seinem Vater. „Wir haben uns als Eltern stärker eingebracht, weil wir dachten, dass da etwas dran ist und dieser Innovationsprozess weitergehen muss“, sagt Niloy Banerjee, ein Ingenieur bei Intel.

Shubham verwendete das Geld zum Bau einer ausgeklügelteren Version seines Lego-Druckers. Er benutzte dazu einen Desktop-Drucker und einen just auf den Markt gekommenen Intel-Computerchip. Das neue Modell, Braigo 2.0, kann elektronische Texte vor dem Drucken in Braille übersetzen.

Intel-Manager waren so beeindruckt, dass sie im November eine nicht näher bezeichnete Summe in die Startup-Firma des Jungen investierten. Sie glauben, dass er der jüngste Entrepreneur ist, der Risikokapital erhalten hat - Investmentgelder im Gegenzug zu einer finanziellen Beteiligung an der Firma. „Er löst ein wirkliches Problem, er will sich aufmachen und eine existierende Industrie herausfordern. Und das ist es wirklich, worum es geht“, sagt Edward Ross, Direktor von Intels Inventor Platforms.

Braigo Labs benutzt das Geld, um Ingenieure und Berater einzustellen, die beim Design und Bau von Braille-Druckern auf der Basis der Ideen des Jungen helfen sollen. Die Firma hat es sich nach Angaben von Vater Niloy Banerjee zum Ziel gesetzt, Blindenorganisationen im Sommer einen Prototyp zum Testen zur Verfügung zu stellen und den Printer dann später im Jahr auf den Markt zu bringen.

„Dieser Drucker ist wirklich ein großartiger Weg für Menschen rund um die Welt, die nicht viele Mittel haben, um Braille zu lernen und es in der Praxis zu verwenden“, sagt Henry Wedler, der an der University of California in Davis in seiner Chemie-Doktorarbeit steckt. Wedler ist selbst blind und berät Braigo Labs.

Shubham ist zu jung, um Topmanager seines eigenen Unternehmens zu sein. Daher hat seine Mutter vorläufig diesen Job übernommen - wobei sie zugibt, dass sie anfangs zögerlich war, als ihr Sprössling sein Projekt startete. „Ich bin wirklich stolz auf Shubham“, sagt Malini Banerjee. „Woran er gedacht hat, daran hätten, glaube ich, die meisten Erwachsenen denken sollen.“

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