Streaming-Revolution der Unterhaltung Woran es bei der Vernetzung hapert

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Tücken des Streamings: Ärgerliche Insellösungen der Hersteller

„Man könnte es auch Chaos nennen“, grummelt meine Frau beim Blick auf unseren Couchtisch. Wo bisher schon unsere Sammlung aus TV-, Digitalrekorder- und Kabelbox-Fernbedienung lag, kommen nun noch zwei weitere Exemplare dazu. Eine für die Internetbox des Onlineriesen Amazon, eine für das Soundsystem von Bose.

Amazons Fire TV genanntes Gerät habe ich an unseren Fernseher angeschlossen. Es öffnet uns nicht nur den Zugriff auf fast alle beliebigen Internetangebote. Vor allem natürlich bringt es die Inhalte von Amazons Filmportal Prime Instant Video auf unseren Bildschirm, daneben aber unter anderem auch das Film- und Serienportal Netflix. Beides konnte ich mit unserem TV-Gerät bisher nicht nutzen. Denn dessen leicht angejahrte Onlinesoftware kannte die Videodienste schlicht noch nicht.

Die vernetzten Bose-Boxen bringen uns nicht bloß Webradio oder Inhalte von Musikdiensten wie Spotify oder Deezer ins Haus. Ich kann auch die digitale Plattensammlung auf der Multimediafestplatte in unserem Familiennetzwerk ansteuern oder Musik aus meinem Handy abrufen. Es wäre sogar möglich, sie via WLAN auf andere Boxen zu Hause zu streamen.

Das Geschäft mit dem Musik-Streaming

Zumindest theoretisch. In der Praxis hat die vernetzte Unterhaltungswelt durchaus noch ihre Tücken. Nicht bloß, weil die Zahl der Fernbedienungen wächst. Vielmehr haben sich die Hersteller bisher nicht auf einen Standard einigen können, der es erlaubt, beliebige Technik des einen ohne Aufwand mit Geräten eines anderen zu koppeln.

Keine Kommunikation unter Konkurrenten

Netzwerk-Lautsprecher von Bose etwa kommunizieren nicht mit denen des Konkurrenten Sonos. Und dessen Boxen nicht mit jenen des Raumfeld-Systems von Teufel. Was in analogen Hi-Fi-Zeiten völlig selbstverständlich war – einen Verstärker von Yamaha mit einem Tuner von Onkyo zu verbinden und die Musik auf Boxen von Sony abzuspielen –, ist im Digitalzeitalter bisher nahezu unmöglich.

Will ich die Netzwerk-Lautsprecher ausreizen, also etwa beim Wechsel aus dem Wohn- ins Arbeitszimmer mein Musikprogramm einfach mitnehmen, oder aber auf Knopfdruck gleich das ganze Haus beschallen, dann muss ich die komplette Audiotechnik beim gleichen Anbieter kaufen.

Die bekanntesten Musik-Portale im Internet
Amazon startet Prime Music in Deutschland und Österreich - als Bestandteil von Amazon Prime ohne zusätzliche Kosten. Quelle: obs
Apple Music Quelle: dpa
Die seit März 2012 existierende Plattform Spotify bietet mehr als 30 Millionen Songs an. Eine Gratis-Version erlaubt das Anhören der Musik mit Werbeunterbrechungen. Zusätzliche Premiumfunktionen wie das Downloaden von Liedern sind wie bei den meisten Streaming-Angeboten kostenpflichtig. Nach eigenen Angaben hat Spotify mehr als 75 Millionen Nutzer, 20 Millionen von ihnen zahlen. Der Streaming-Dienst ist in 58 Ländern verfügbar.Preis: kostenlos bis 9,99 Euro monatlich
Die Streaming-Plattform Deezer ist vor allem in Frankreich sehr beliebt. 2007 startete sie als erster Gratis-Streamingdienst auf dem Markt. Heute kostet eine Mitgliedschaft, wie auch bei vielen anderen Diensten, Geld. Kostenlos gibt es nur ein Radio-Angebot und Lied-Ausschnitte. Die Plattform ist mittlerweile in mehr als 180 Ländern verfügbar.Preis: kostenlos bis 9,99 Euro monatlich Quelle: Screenshot
Mit Ampya versucht die ProSiebenSat.1 Media seit 2011 auf dem boomenden Markt der Streaming-Dienste Fuß zu fassen. Beflügelt durch viel Werbung auf den TV-Kanälen des Medienunternehmens zählt Ampya zu den bekanntesten Diensten in Deutschland. 2014 wurde Ampya von Deezer mit dem Ziel übernommen, in Europa noch weiter zu wachsen.Preis: kostenlos bis 9,99 Euro monatlich Quelle: Screenshot
Seit 2012 ist WiMP aus der Bethaphase heraus. Gegründet wurde der Musikstreamingdienst in Norwegen, wo sein Mutterkonzern "Aspiro" sitzt. WiMP gibt es bis jetzt in fünf Ländern zu hören: Deutschland, Norwegen, Dänemark, Schweden und Polen. "Aspiro" spielt schon mit dem Gedanken WiMP auch in Finnland, Portugal, Österreich und der Schweiz zu etablieren. Mit einer hohen Sound-Qualität (gegen Aufpreis) und einem eigenen Redaktionsteam, das Musik empfiehlt, will sich WiMP von der Konkurrenz abheben.Preis: 4,99 bis 19,90 Euro monatlich
Napster startete als Musiktauschbörse und wurde schnell zur Plattform für illegale Raubkopien. Auf rechtlichen Druck der Musik-Industrie wurde die Plattform 2001 geschlossen. Der legale Streaming-Dienst gleichen Namens bietet mehr als 25 Millionen Songs und ist damit einer der größten überhaupt. Nach einer kostenlosen Testphase gibt es den Dienst allerdings nur noch gegen Geld.Preis: 7,95 bis 9,95 Euro monatlich Quelle: AP

Nicht anders sieht es mit den neuen Filmangeboten aus dem Netz aus, mit denen ich den Techniktest meiner Frau schmackhaft zu machen versuche. Um die Videos aus dem iTunes-Archiv ihres iPads auf dem Fernseher anzusehen, brauchen wir entweder die Netzwerkbox Apple TV als Zuspieler oder müssen den Tablet-Rechner an den Bildschirm klemmen. Direkt aus dem Netz lassen sich die Inhalte nicht im Heimkino abspielen. Filme und Serien aus Googles Play Store wiederum zeigt Amazons Fire TV nicht. Umgekehrt finden Inhalte von Amazons Videothek nicht ihren Weg in Googles TV-Adapter Chromecast.

Aus Sicht der Markenstrategen bei den Herstellern mag das verständlich sein. Sie wollen schließlich möglichst viel ihrer eigenen Technik verkaufen. Meine Frau – und mit ihr vermutlich die Mehrheit der potenziellen Kundschaft – findet es schlicht „dämlich“.

Immerhin, geht es um die Inhalte, wächst bei der Software schon zusammen, was bei der Hardware noch nicht harmoniert.

So bietet etwa Sonos’ Handy-App Zugriff auf rund 60 vorkonfigurierte Musik- und Audio-Streaming-Angebote sowie Zigtausende Webradiostationen. „Wir arbeiten auch mit Apple an der Integration von Apple Music in unsere Software und hoffen, dass das noch dieses Jahr klappt“, sagt Jörn Taubert, Chef des Zentraleuropa-Geschäfts bei Sonos. Microsofts Groove-Music-Dienst ist bereits seit Juli in die App integriert.

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