„Man könnte es auch Chaos nennen“, grummelt meine Frau beim Blick auf unseren Couchtisch. Wo bisher schon unsere Sammlung aus TV-, Digitalrekorder- und Kabelbox-Fernbedienung lag, kommen nun noch zwei weitere Exemplare dazu. Eine für die Internetbox des Onlineriesen Amazon, eine für das Soundsystem von Bose.
Amazons Fire TV genanntes Gerät habe ich an unseren Fernseher angeschlossen. Es öffnet uns nicht nur den Zugriff auf fast alle beliebigen Internetangebote. Vor allem natürlich bringt es die Inhalte von Amazons Filmportal Prime Instant Video auf unseren Bildschirm, daneben aber unter anderem auch das Film- und Serienportal Netflix. Beides konnte ich mit unserem TV-Gerät bisher nicht nutzen. Denn dessen leicht angejahrte Onlinesoftware kannte die Videodienste schlicht noch nicht.
Die vernetzten Bose-Boxen bringen uns nicht bloß Webradio oder Inhalte von Musikdiensten wie Spotify oder Deezer ins Haus. Ich kann auch die digitale Plattensammlung auf der Multimediafestplatte in unserem Familiennetzwerk ansteuern oder Musik aus meinem Handy abrufen. Es wäre sogar möglich, sie via WLAN auf andere Boxen zu Hause zu streamen.
Das Geschäft mit dem Musik-Streaming
Nachdem MP3-Dateien CDs und Platten ersetzten, bringt das Streaming eine vielleicht noch größere Veränderung für die Musikbranche. Denn die Nutzer zahlen nicht mehr für den Besitz von Musik, sondern deren Nutzung. Für eine Monatsgebühr erhalten sie Zugriff auf Musikkataloge mit Millionen Titeln. Zudem gibt es auch kostenlose Angebote, die über Werbung Geld einnehmen.
Laut dem Bundesverband der Musikindustrie haben die Streamingdienste stark an Bedeutung gewonnen. Derzeit (Stand Sommer 2014) haben sie einen Anteil von fünf Prozent am Musikmarkt. Nach Schätzungen sollen sie 2018 schon 35 Prozent des Marktes ausmachen.
Künstler kritisieren immer wieder die geringe Vergütung – pro gehörtem Stück erhalten sie Bruchteile eines Cents. Die Einnahmen sind bislang deutlich geringer als über die Verkaufsbeteiligungen. Trotzdem schreiben auch Streamingdienste wie Spotify Verluste. Wie sich die Kalkulationen von Streaminganbietern, Plattenfirmen und Musikern künftig ausbalancieren, ist eine der entscheidenden Fragen.
Zumindest theoretisch. In der Praxis hat die vernetzte Unterhaltungswelt durchaus noch ihre Tücken. Nicht bloß, weil die Zahl der Fernbedienungen wächst. Vielmehr haben sich die Hersteller bisher nicht auf einen Standard einigen können, der es erlaubt, beliebige Technik des einen ohne Aufwand mit Geräten eines anderen zu koppeln.
Keine Kommunikation unter Konkurrenten
Netzwerk-Lautsprecher von Bose etwa kommunizieren nicht mit denen des Konkurrenten Sonos. Und dessen Boxen nicht mit jenen des Raumfeld-Systems von Teufel. Was in analogen Hi-Fi-Zeiten völlig selbstverständlich war – einen Verstärker von Yamaha mit einem Tuner von Onkyo zu verbinden und die Musik auf Boxen von Sony abzuspielen –, ist im Digitalzeitalter bisher nahezu unmöglich.
Will ich die Netzwerk-Lautsprecher ausreizen, also etwa beim Wechsel aus dem Wohn- ins Arbeitszimmer mein Musikprogramm einfach mitnehmen, oder aber auf Knopfdruck gleich das ganze Haus beschallen, dann muss ich die komplette Audiotechnik beim gleichen Anbieter kaufen.
Nicht anders sieht es mit den neuen Filmangeboten aus dem Netz aus, mit denen ich den Techniktest meiner Frau schmackhaft zu machen versuche. Um die Videos aus dem iTunes-Archiv ihres iPads auf dem Fernseher anzusehen, brauchen wir entweder die Netzwerkbox Apple TV als Zuspieler oder müssen den Tablet-Rechner an den Bildschirm klemmen. Direkt aus dem Netz lassen sich die Inhalte nicht im Heimkino abspielen. Filme und Serien aus Googles Play Store wiederum zeigt Amazons Fire TV nicht. Umgekehrt finden Inhalte von Amazons Videothek nicht ihren Weg in Googles TV-Adapter Chromecast.
Aus Sicht der Markenstrategen bei den Herstellern mag das verständlich sein. Sie wollen schließlich möglichst viel ihrer eigenen Technik verkaufen. Meine Frau – und mit ihr vermutlich die Mehrheit der potenziellen Kundschaft – findet es schlicht „dämlich“.
Immerhin, geht es um die Inhalte, wächst bei der Software schon zusammen, was bei der Hardware noch nicht harmoniert.
So bietet etwa Sonos’ Handy-App Zugriff auf rund 60 vorkonfigurierte Musik- und Audio-Streaming-Angebote sowie Zigtausende Webradiostationen. „Wir arbeiten auch mit Apple an der Integration von Apple Music in unsere Software und hoffen, dass das noch dieses Jahr klappt“, sagt Jörn Taubert, Chef des Zentraleuropa-Geschäfts bei Sonos. Microsofts Groove-Music-Dienst ist bereits seit Juli in die App integriert.