Streit im Paralleluniversum Bei Youtube tobt der Kampf um die Stars

Die Videos auf der Internet-Plattform Youtube sind zum Milliardengeschäft geworden. Neue Online-TV-Anbieter und Medienkonzerne streiten um die Stars und Zuschauer.

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Die erfolgreichsten YouTube-Stars Deutschlands
Gronkh Genre: Videospiele Netzwerk: Studio71 Abonnenten: 3,39 Millionen Videoaufrufe/Monat: 33,2 MillionenKanal: www.youtube.com/user/Gronkh Quelle: Screenshot von Youtube.com
Y-Titty Genre: Comedy/Musik Netzwerk: MediakraftAbonnenten: 3,07 Millionen Videoaufrufe/Monat: 9,9 MillionenKanal: www.youtube.com/user/YTITTY Quelle: Screenshot von Youtube.com
LeFloid Genre: News/Entertainment Netzwerk: Mediakraft (gekündigt)Abonnenten: 2,23 Millionen Videoaufrufe/Monat: 9,6 MillionenKanal: www.youtube.com/user/LeFloid Quelle: Screenshot von Youtube.com
Die AußenseiterGenre: Comedy Netzwerk: TubeOneAbonnenten: 2,07 Millionen Videoaufrufe/Monat: 9,2 MillionenKanal: www.youtube.com/user/DieAussenseiter Quelle: Screenshot von Youtube.com
ApeCrimeGenre: Comedy Netzwerk: Mediakraft (gekündigt)Abonnenten: 1,94 Millionen Videoaufrufe/Monat: 18,3 MillionenKanal: www.youtube.com/user/ApeCrimeReloaded Quelle: Screenshot von Youtube.com

Die Tür in die andere Welt liegt gegenüber eines Erotik-Discounters zwischen einem Fitnessstudio und einem Ibis-Hotel, an einer viel befahrenen Straße am Barbarossaplatz in Köln. Von hier geht es in die Zentrale von Mediakraft.

Die unscheinbare Firma ist ein sogenanntes Youtube-Netzwerk, das mit 150 Mitarbeitern Stars produziert. Seine Zugpferde nennen sich Y-Titty, ApeCrime oder Die Lochis. Die Videos allein dieser drei zogen bisher fast 1,2 Milliarden Zuschauer an.

Trotzdem dürften die meisten Deutschen davon noch nie etwas gehört haben. Denn die Superstars, die von Mediakraft und ähnlichen Anbietern aufgebaut und vermarktet werden, sind sogenannte Youtuber. Sie treten nicht in Casting-Shows oder Endlosstaffeln im Fernsehen auf, sondern auf Youtube, der Videoplattform des Internet-Konzerns Google. Dort machen sie Comedy, Songs, erzählen von ihren Einkäufen oder kommentieren den Alltag.

Wenn diese Stars die virtuelle Welt verlassen und live auftreten, kommt es inzwischen zu Szenen wie auf Boyband-Konzerten: Teenies kreischen und fallen schon mal in Ohnmacht. Vor der Mediakraft-Zentrale warten in den Schulferien zeitweise Dutzende Fans darauf, ihre Idole abzupassen. „Manche wurden von ihren Müttern zum Stalken gefahren“, erinnert sich ein Mitarbeiter. Mediakraft engagierte gar einen Sicherheitsdienst, damit der Belagerungszustand nicht außer Kontrolle geriet.

Milliardengeschäft für Google

Außer Kontrolle scheint nun auch die Youtube-Szene zu geraten. Denn die Google-Tochter ist eine Plattform für Milliardengeschäfte geworden, um die ein heftiger Streit entbrannt ist. Netzwerker wie Mediakraft, Medienkonzerne und die neuen Kultfiguren kämpfen wie die Kesselflicker – um die meisten Nutzer, die besten Werbeträger und darum, wie viel Kommerz die Streifen der neuen Stars im Internet vertragen.

Die teuersten Übernahmen von YouTube-Netzwerken

„Das Youtube-Universum ist eine Parallelwelt“, sagt Mediakraft-Co-Geschäftsführer Spartacus Olsson – und eine veritable Konkurrenz zum herkömmlichen Fernsehen. Zum großen Geschäft werden die Videos auf Youtube durch Netzwerke wie Mediakraft. Sie helfen, die Videos zu produzieren und vor allem diese zu Geld zu machen. So organisieren die Netzwerker zum Beispiel Gastauftritte der Youtuber, die so füreinander in ihren Videos werben. Zudem bündeln sie die Clips, um sie besser vermarkten zu können.

So gelang es Mediakraft, dass die Videos der 2500 Youtuber, die das Unternehmen unter Vertrag hat, im Dezember 450 Millionen Mal im Internet abgerufen wurden. Damit werden die Streifen für Unternehmen interessant, um Werbung zu Beginn der Videos zu schalten.

Kosten für Übernahmen von YouTube-Netzwerken (für eine größere Ansicht bitte anklicken).

Diese Aussicht hat eine große Schlacht um die Netzwerker ausgelöst. „Online-TV ist das neue Fernsehen“, tönt Mediakraft-Co-Chef Christoph Krachten. Entsprechend massiv greifen alte Medienkonzerne nach den neuen Internet-Firmen, oft mit dreistelligen Millionenbeträgen (siehe Grafik). Als bisherigen Höhepunkt legte Disney bis zu 950 Millionen Dollar für die Maker Studios auf den Tisch. Die haben PewDiePie unter Vertrag, den weltweit erfolgreichsten Youtuber.

„In den USA werden astronomische Summen für Youtube-Netzwerker bezahlt“, sagt Jan Oliver Rode, Chef des Anbieters TubeOne Networks, der vom Plakatwerber Ströer gekauft wurde.

Bei Youtube bestimmen neue Formate das Bild

Deutschlands Youtube-Hauptstadt ist Köln. Hier produziert nicht nur der Netzwerker Mediakraft, der im Sommer 16,5 Millionen Euro von Wagnisfinanzierern wie Iris Capital aus Paris erhielt. In der Domstadt residiert inzwischen auch die neue Ströer-Tochter TubeOne Networks, die ursprünglich aus Hamburg stammt.

Das bisher größte Youtube-Rad in Köln drehte RTL. Die TV-Tochter des Bertelsmann-Konzerns zahlte im November 107 Millionen Dollar für die Mehrheit des Netzwerks Stylehaul. Dabei stach die Sendergruppe unter anderem die US-Medienriesen Hearst und 21st Century Fox aus. Zuvor hatte RTL bereits 27 Millionen Euro für 51 Prozent an Broadband TV aus Vancouver ausgegeben und sich am Berliner Netzwerk Divimove beteiligt. „Wir wollen auch auf der anderen Seite des Zauns eine wesentliche Rolle spielen“, sagt RTL-Chefin Anke Schäferkordt.

Die andere Seite des Zauns, das ist ein wahres Kontrastuniversum zum herkömmlichen TV. Wer es betritt, muss sich fühlen wie der verstorbene Erfinder der Rateshow „Dalli Dalli“, Hans Rosenthal, wenn dieser die Late-Night-Show „Circus Halligalli“ auf ProSieben moderieren müsste.

Shoppingtour und Computerspiele

Im Youtube-Orbit dominieren ganz andere Formate als im Fernsehen, zum Beispiel Let’s-Play-Clips und Hauls. Hier präsentieren junge Mädchen, was sie auf Shoppingtouren bei der Billigkultkette Primark oder im Drogeriemarkt DM erbeutet haben (Haul ist das englische Wort für Beutezug). Oder junge Männer führen – nach dem Motto Let’s Play – die neuesten Computerspiele vor. Zu den Machern der Spiele-Videos gehört Deutschlands erfolgreichster Youtuber Gronkh. Der wird von der ProSiebenSat.1-Internet-Tochter Netzwerk Studio71 produziert und erzielte bisher insgesamt 1,3 Milliarden Abrufe.

„Langsam wird den Entscheidungsträgern in der Werbeindustrie und den Markenherstellern bewusst, was ihre Kinder in der Youtube-Welt machen“, sagt Mediakraft-Co-Geschäftsführer Olsson.

Das sind Deutschlands Internetriesen
Platz 10: YouTubeUmsatz 2013: 147 Millionen Euro*Der Video-Kanal schafft es mit zwei Millionen Euro Umsatz Vorsprung auf den elftplatzierten Mobile.de gerade noch in die Top Ten. Diese zehn größten Internetunternehmen generieren gemeinsam bereits 42 Prozent des gesamten Marktumsatzes der Top 1000. Dabei sind Film, Video & TV-Anbieter absoluter Vorreiter beim mobilen Traffic. Fast 56 Prozent der Visits kommen hier von mobilen Endgeräten. Zweitstärkstes Segment mit weitem Abstand sind Nachrichten mit 30,6 Prozent.Quelle: Statista 1000 Top-Internetunternehmen in Deutschland: Die Marktanalyse von Statista erfasst erstmals wesentliche Teile der Netto-B2C Wertschöpfung aus werbefinanzierten Angeboten, bezahlten digitalen Inhalten und Services auf Anbieterebene und bildet auf dieser Basis ein Umsatzranking der 1000 größten digitalen Anbieter ab. Im Vorfeld wurden hierzu mehrere tausend Websites auf ihre Relevanz untersucht. Quelle: dpa
Platz 9: Immoscout 24Umsatz 2013: 155 Millionen EuroSuchportale wie der Wohnungs- und Immobilienvermittler Immoscout, Reise-Vermittler, Kleinanzeigen und digitale Güter von Generalisten sowie Preisvergleiche, treiben den Markt und generieren 66 Prozent des erfassten Gesamtmarktvolumens. Quelle: Screenshot
Platz 8: Google PlayUmsatz 2013: 155,6 Millionen EuroMit iTunes, GooglePlay und YouTube bestimmen drei internationale Player das Spielfeld „Digitale Güter“. Das Segment Film, Video & TV (23 Prozent) wird von Senderablegern sowie internationalen Anbietern beherrscht, die verstärkt in den Markt drängen (z. B. Lovefilm, Watchever). Quelle: AP
Platz 7: Check24Umsatz 2013: 157 Millionen EuroVergleichsportale zählen zu den beliebtesten Inhalten im deutschen Internet. Mit 18,9 Prozent legt das Segment „Digitale Güter“ das stärkste jährliche Wachstum seit 2011 vor, gefolgt von digitalen Services mit 11,1 Prozent sowie den digitalen Content-Angeboten mit 8,9 Prozent. Quelle: Screenshot
Platz 6: bwinUmsatz 2013: 169,1 Millionen EuroBwin ist Deutschlands führender Anbieter von Sportwetten und Online-Gaming. Das Unternehmen wurde 1999 unter dem Firmennamen Simon Bold (Gibraltar) Ltd. gegründet und 2001 von der in Wien ansässigen, börsennotierten bwin Interactive Entertainment AG zu 100 Prozent erworben. Nach einer Fusion mit PartyGaming Plc im März 2011, ist dieses Unternehmen jetzt Teil der bwin.party Gruppe. Das Mutterunternehmen der Gruppe ist bwin.party digital entertainment plc, ein in Gibraltar registriertes und an der Londoner Börse notiertes Unternehmen. Quelle: dpa
Platz 5: Booking.comUmsatz 2013: 189,1 Millionen EuroBei Booking.com handelt es sich um ein ursprünglich niederländisches Reiseportal, das 1996 auf den Markt kam und seither wächst und wächst. Die deutschen Anbieter digitaler Dienstleitungen erwirtschaften nur 13 Prozent des Umsatzes der Top Ten des Segments Digitale Services. Quelle: Screenshot
Platz 4: FacebookUmsatz 2013: 228 Millionen EuroDas von Mark Zuckerberg erdachte soziale Netzwerk gehört zu den absoluten Riesen im Internet mit derzeit rund 1,2 Milliarden Mitgliedern. Quelle: dpa

Tatsächlich wandern immer größere Teile der Werbebudgets zu den Online-Videos, nicht nur in den USA. So hat die Techniker Krankenkasse (TK) Ende des vergangenen Jahres eine große Kampagne mit Youtube-Stars gestartet, die in Anzeigen und Videoclips für die gesetzliche Krankenkasse werben. Im Zentrum stehen natürlich Youtube-Spots, in denen zum Beispiel der Videoproduzent Florian Mundt alias LeFloid von einem Unfall mit einem BMX-Rad erzählt, nach dem er seinen Berufswunsch Chirurg abschreiben musste und stattdessen professioneller Youtuber wurde.

Abgang der Affengang

Mehr als 1,2 Millionen Mal wurde der Clip in einem Monat angeklickt. Für ein Werbevideo ist das enorm, alle anderen Youtube-Videos der TK zusammen haben seit 2005 gerade einmal 2,6 Millionen Aufrufe geschafft. Ähnliche Kampagnen dürften in diesem Jahr folgen. „Wir sprechen derzeit mit verschiedenen Unternehmen darüber, Werbespots mit Youtubern zu drehen“, sagt TubeOne-Chef Rode.

Über diese Videos spricht die ganze Welt
Platz 10: „10 Hours of Walking in NYC as a Woman“ von Street Harassment Video (37 Millionen Aufrufe)Schauspielerin Shoshana Roberts lief zehn Stunden durch New York City, ein Kameramann begleitete sie und fing ein, wie unzählige fremde Männer sie ansprachen, anmachten oder gar beleidigten. Als das Video immer größere Bekanntheit erlangte, erhielt Roberts in sozialen Netzwerken Morddrohungen. Es landet auf Platz 10 der beliebtesten Youtube-Videos von 2014.Berücksichtigt wurden im Ranking nicht nur die Klickzahlen, sondern auch wie oft es geteilt, geliked, kommentiert und besprochen wurde. Quelle: AP
Platz 9: „Goku vs Superman. Epic Rap Battles of History Season 3“ von Epic Rap Battles (40 Millionen Aufrufe)In der Reihe Epic Rap Battles liefern sich auch Fernseh- und Kinohelden derbe Kämpfe – nicht mit Fäusten oder Superkräften, sondern mit harten Worten, das alles verpackt als Rap. Eine Folge schaffte es auf Platz neun der populärsten Youtube-Videos von 2014. Dieses Rap-Battle gewinnt Goku, die Hauptrolle der Manga-Serie Dragonball. Quelle: imago images
Sein Gegner ist kein anderer als Superman, hier verkörpert durch Christopher Reeve im Film „Superman II.“ aus dem Jahr 1981. Superman muss sich Goku geschlagen geben. Quelle: AP
Platz 8: „Devil Baby Attack“ von Devils Due NYC (48 Millionen Aufrufe)Die Macher erschrecken nichtsahnende Passanten mit einer selbstgebauten Satans-Baby-Puppe, die in einem stehengelassenen Kinderwagen auf seine Opfer wartet. Sowohl Kinderwagen als auch Puppe lassen sich fernsteuern. Der Teufelsbraten sieht erstaunlich echt aus, die Passanten erschrecken zu Tode, und das Video landet auf Platz 8 der Rangliste. Quelle: Screenshot
Platz 7: „Puppy Love“ von Budweiser (53 Millionen Aufrufe)Der Spot, in dem ein großpfotiger Hundewelpe über Felder und Wiesen jagt und durch den Stall streunt, bewirbt die tschechische Biermarke Budweiser. Den Werbespot ließ das Unternehmen für den Super Bowl drehen, er landet auf Platz 7 der beliebtesten Youtube-Videos. Quelle: Screenshot
Platz 6: „Simon Cowell's Golden Buzzer“ (56 Millionen Aufrufe)Bei der diesjährigen Staffel der britischen Casting-Show „Britain's Got Talent“ rettete Jury-Mitglied Simon Cowell den beiden Jungs von Bars & Melody den Verbleib in der Sendung, indem er auf den goldenen Buzzer drückte. Das Video hierzu erreicht Platz 6 der Youtube-Charts 2014. Quelle: imago images
Platz 5: „iPhone 6 Plus Bend Test“ von Unbox Therapy (59 Millionen Aufrufe)Der etwas andere Produkttest: Ein junger Mann mit Basecap prüft das neue Iphone 6 Plus auf Herz und Nieren. Erstaunlicherweise schafft er es, das Aluminiumgehäuse des Mobiltelefons zu verbiegen. Das Ergebnis: Das Iphone 6 Plus bleibt trotz der Harakiri-Aktion völlig unbeschädigt und funktionstüchtig. Quelle: Screenshot

Doch je begehrter die Youtuber als Werbeträger sind, umso mehr Zoff gibt es um ihre Vermarktung. Kurz vor dem Start der Kampagne mit der Techniker Krankenkasse hatte Mundt alias LeFloid seine Kündigung bei Mediakraft bekannt gegeben. Kurz vor Weihnachten beendete auch Simon Unge alias Ungespielt die Zusammenarbeit mit Mediakraft und beschimpfte das Unternehmen als „Scheißhaufen“.

Der Shitstorm ist kaum abgeflaut, da ist auch noch ApeCrime, neben Y-Titty der wichtigste verbliebene Partner von Mediakraft, abgesprungen. „Der Vertrag ist Ende des Jahres ausgelaufen“, bestätigt das Unternehmen.

Kommerzialisierung verprellt Fans und Youtuber

Der Abgang der Affengang, wie sich die ApeCrime-Macher Cengiz Dogrul, Andre Schiebler und Jan-Christoph Meyer auch nennen, ist ein enormer Verlust für die Mediakraft. „ApeCrime gehören zu den erfolgreichsten Comedy-Stars Deutschlands“, warb Mediakraft bisher gern. Deren Sketche wurden allein im Dezember 18 Millionen Mal angesehen, der ApeCrime-Song „Ich trau mich nicht“ schaffte es 2013 bis auf Platz 35 der deutschen Charts.

Die Affenbande war auch ein Zugpferd für Werbekunden. Denn neben den vorgeschalteten Spots vermittelt Mediakraft auch Product Placement. „Integrative Werbeformate“, nennt Co-Chef Krachten das. Der Anteil des Geschäfts mit Produktplatzierung an den Einnahmen habe vor zwei Jahren noch 15 bis 20 Prozent betragen, inzwischen sei es ein Drittel. So füllte ApeCrime zur Fußball-WM im Auftrag von Mediakraft mit Coke TV einen eigenen Youtube-Kanal des Brauseriesen. Mediakraft präsentiert zudem die ApeCrime-Parodie auf ein Sony-Playstation-Spiel als „Best Case“, um Werbung unter die Videos zu mischen.

In diesen Ländern wird das Internet zensiert
ChinaEs ist ein Paradox: 300 Millionen Menschen nutzen in China das Internet - von der Zensur jedoch weiß nur ein Bruchteil der Menschen. Die Regierung nutzt dafür verschiedene Methoden. Filter kommen ebenso zum Einsatz wie Ausspähung und Einschüchterung. Neben pornografischen Seiten sperrt die Regierung Auftritte religiöser und politischer Gruppierungen, welche die Regierung als 'schädlich' ansieht. Auch renommierte Nachrichtenseiten wie BBC oder Social-Media-Portale wie Facebook, Twitter und Youtube sind nicht abrufbar. Nun verschärft China die Zensuren und weitet die Blockaden auf mehrere Internetseiten aus. Der Großanbieter von Cloud-Diensten, Edgecast, räumte am 18.November in einer Mitteilung ein, dass viele seiner Dienste seit kurzem von China aus nicht mehr oder nur noch eingeschränkt abrufbar sind. Die Zensurexperten von Greatfire.org bezeichneten den Schritt als „Versuch, China vom globalen Internet abzuschneiden“. Die Organisation hatte mehrfach angeprangert, dass Chinas Zensurapparat immer ausgefeilter operiere. Teilweise würden Zugriffe auf internationale Internetseiten gezielt verlangsamt, um sie für chinesische Nutzer unbrauchbar zu machen. Chinas Internet wird seit Jahren stark kontrolliert. Soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter sowie Youtube oder Webseiten von Menschenrechtsorganisationen und ausländischen Medien wie die „New York Times“ oder die Nachrichtenagentur Bloomberg sind von China aus nicht abrufbar. In diesem Jahr hatte China die Sperren bereits ausgeweitet. Kurz vor dem 25. Jahrestag des Pekinger Massakers im Juni wurde erstmals der Zugang zu allen Google-Diensten in China wie Suche, Gmail, Maps und die Fotoplattform Picasa gesperrt. Quelle: REUTERS
TürkeiSeit 2007 können lokale Strafgerichte Webseiten landesweit sperren lassen, sofern sie pädophile oder pornografische Inhalte, die Verherrlichung von Drogen oder Beleidigungen des Staatsgründers Atatürk zeigen. Jetzt hat die Türkei allerdings nochmals die Kontrolle von Internetnutzern verschärft. Die staatliche Telekommunikationsbehörde TIB darf künftig Internetseiten ohne Gerichtsbeschluss sperren lassen, wenn sie die „nationale Sicherheit“ oder die „öffentliche Ordnung“ gefährdet sieht. Außerdem kann sie Daten über das Surfverhalten von Internetnutzern uneingeschränkt sammeln. Einer entsprechenden Gesetzesänderung stimmte das türkische Parlament in der Nacht zu Mittwoch zu, wie die Nachrichtenagentur Anadolu meldete. Es ist bereits die zweite Verschärfung in diesem Jahr. Internetanbieter müssen die Anweisung zur Sperrung von Webseiten innerhalb von vier Stunden umsetzen. Erst nach 24 Stunden müsse die Telekommunikationsbehörde die Entscheidung einem Gericht vorlegen, um die Sperrung bestätigen zu lassen.Mit Material von dpa Quelle: dpa
NordkoreaNordkorea gilt als das Land mit der weltweit striktesten Internetkontrolle, steht laut Machthaber Kim Jong Un aber vor einer "industriellen Revolution". In seiner Neujahrsrede kündigte der Machthaber mehr Investitionen in Forschung und Technologie sowie Computer in allen Schulen an. Bisher haben lediglich ein paar tausend Privilegierte Zugang zu einer stark zensierten Version des Internets. Unter den zugelassenen Seiten befinden sich 30 Portale, die die großen Führer "Kim Jong-il" und "Kim Il Sung" preisen. Quelle: dapd
RusslandStaatschef Vladimir Putin plant eine Ausweitung der Netzzensur. Vorgesehen ist ein Twitter-Verbot für Staatsdiener sowie Klarnamenzwang in sozialen Netzwerken. Damit wollen die Machthaber um den Staatschef gegen "extremistische Propaganda" und Blogger, die "politische Spekulation verbreiten", vorgehen. Derweil gehen immer mehr Menschen gegen Putins Regime auf die Straße. Quelle: dpa
AfghanistanSeit Juni 2010 werden in Afghanistan diverse Webseiten und Soziale Netzwerke gesperrt. Darunter Facebook, Youtube, Twitter und Google-Mail sowie Seiten mit den Themen Alkohol, Dating, Glücksspiel und Pornografie. Quelle: dpa
WeißrusslandSeit Januar 2012 ist ein Weißrussland ein Gesetz in Kraft, das Alexander Lukaschenko bereits 2010 auf den Weg gebracht hatte. Danach dürfen ausländische Dienste nicht mehr für E-Mails, Finanztransaktionen, den Vertrieb von Waren und Dienstleistungen genutzt werden. Außerdem müssen die Provider inhaltliche Zensur durchsetzen und PC-Nutzer sich in Internetcafés ausweisen. Quelle: dpa
MyanmarIn Myanmar können sich die meisten Menschen Computer gar nicht leisten, weshalb die Zensurmaßnahmen der Militärregierung vor allem Internetcafés betreffen. Der Zugang zu oppositionellen Webseiten wird hier systematisch blockiert. Auch E-Mail-Programme von Yahoo oder Hotmail können nicht genutzt werden. Was die User in den Cafés treiben, wird sehr genau beobachtet. Alle fünf Minuten werden die URLs der aufgerufenen Seiten gespeichert. Quelle: REUTERS

Den deutschen Top-Stars beschert die Werbung vor oder in ihren Clips fünf- bis sechsstellige Summen im Monat. Einen Teil müssen sie an die Netzwerke abgeben. Mediakraft verlangt laut Branchenkennern etwa 30 Prozent. Doch viele Darsteller sind sich ihrer Bedeutung bewusst und wollen einen höheren Anteil.

Hype um die Stars der Szene

Inzwischen gibt es einen Run auf die Youtube-Stars wie auf Fußballtalente. Mediakraft hat gerade Nela Lee von Studio71 abgeworben, die Ex-Moderatorin des ProSieben Boulevardmagazins „Taff“, die nun verstärkt auf eine Youtube-Karriere setzt. Dafür verlor das Unternehmen Ungespielt-Macher Unge, der vermutlich bei TubeOne andockt. „Ich würde mich freuen, wenn wir künftig mehr zusammen machen würden“, sagt Geschäftsführer Rode. Und Mediakraft drohen weitere Abgänge. „Es haben noch eine ganze Reihe Youtuber gekündigt“, sagt ein Insider. Krachten will nun „darüber nachdenken, wie wir die Beziehung zu unseren Partnern verbessern können“.

Fragen und Antworten zu Heartbleed

Sonst könnte es schwierig werden, weiterhin so viele Nutzer zu erreichen. Mit LeFloid und ApeCrime fehlen künftig zwei Künstler, die zu den Top Fünf in Deutschland zählen. Dies droht das für den Sommer angepeilte Ziel von einer Milliarde Videoaufrufen zu gefährden. „Der Imageschaden durch den Ausstieg von ApeCrime ist enorm“, sagt der Online-Video-Berater Bertram Gugel.

Von der Nische zur Branche

Die Kommerzialisierung der Videos verprellt indes schon manche Fans und YouTuber. „In der Wahrnehmung der Außenwelt geht es bei Youtube derzeit nur um Klicks, Wachstum und Geld“, kritisiert Marie Meimberg. Die Berlinerin macht Videos, hatte für Mediakraft ein Büro in der Hauptstadt aufgebaut, sich aber nach einem halben Jahr wegen unterschiedlicher Vorstellungen getrennt. Meimberg sieht die generelle Entwicklung der Youtube-Szene kritisch. „Wir sind extrem schnell von einer Nische zur Branche geworden“, sagt sie. Dadurch fingen viele Leute an, Youtube-Videos zu machen, in der Illusion, mithilfe der Netzwerker schnell Hunderttausende Fans zu gewinnen und viel Geld zu verdienen. Dabei kämen die Inhalte zu kurz.

Meimberg hat daher mit LeFloid und anderen Youtubern den Verein 301+ gegründet. „Uns geht es darum, geilen Scheiß zu produzieren“, sagt sie. Damit meint sie zum Beispiel das Video #Nichtschön, in dem YouTuberinnen erzählen, warum sie als Frauen nicht auf das Äußere reduziert werden wollen. Oder einen Spendenmarathon für soziale Zwecke, bei dem LeFloid mit Partnern so lange live Computer spielte, wie die Nutzer spendeten – am Ende 48 Stunden. Auf diese Weise kamen 31.500 Euro zusammen.

Auch die Netzwerker reagieren langsam auf die Kritik. So schwärmt TubeOne-Chef Rode inzwischen wieder vom klassischen Youtube-Look anstelle technisch glatter Videos. Seine Devise: „Mehr Handykameras als Hochglanzoptik.“

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