Streit im Paralleluniversum Bei Youtube tobt der Kampf um die Stars

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Kommerzialisierung verprellt Fans und Youtuber

Der Abgang der Affengang, wie sich die ApeCrime-Macher Cengiz Dogrul, Andre Schiebler und Jan-Christoph Meyer auch nennen, ist ein enormer Verlust für die Mediakraft. „ApeCrime gehören zu den erfolgreichsten Comedy-Stars Deutschlands“, warb Mediakraft bisher gern. Deren Sketche wurden allein im Dezember 18 Millionen Mal angesehen, der ApeCrime-Song „Ich trau mich nicht“ schaffte es 2013 bis auf Platz 35 der deutschen Charts.

Die Affenbande war auch ein Zugpferd für Werbekunden. Denn neben den vorgeschalteten Spots vermittelt Mediakraft auch Product Placement. „Integrative Werbeformate“, nennt Co-Chef Krachten das. Der Anteil des Geschäfts mit Produktplatzierung an den Einnahmen habe vor zwei Jahren noch 15 bis 20 Prozent betragen, inzwischen sei es ein Drittel. So füllte ApeCrime zur Fußball-WM im Auftrag von Mediakraft mit Coke TV einen eigenen Youtube-Kanal des Brauseriesen. Mediakraft präsentiert zudem die ApeCrime-Parodie auf ein Sony-Playstation-Spiel als „Best Case“, um Werbung unter die Videos zu mischen.

In diesen Ländern wird das Internet zensiert
ChinaEs ist ein Paradox: 300 Millionen Menschen nutzen in China das Internet - von der Zensur jedoch weiß nur ein Bruchteil der Menschen. Die Regierung nutzt dafür verschiedene Methoden. Filter kommen ebenso zum Einsatz wie Ausspähung und Einschüchterung. Neben pornografischen Seiten sperrt die Regierung Auftritte religiöser und politischer Gruppierungen, welche die Regierung als 'schädlich' ansieht. Auch renommierte Nachrichtenseiten wie BBC oder Social-Media-Portale wie Facebook, Twitter und Youtube sind nicht abrufbar. Nun verschärft China die Zensuren und weitet die Blockaden auf mehrere Internetseiten aus. Der Großanbieter von Cloud-Diensten, Edgecast, räumte am 18.November in einer Mitteilung ein, dass viele seiner Dienste seit kurzem von China aus nicht mehr oder nur noch eingeschränkt abrufbar sind. Die Zensurexperten von Greatfire.org bezeichneten den Schritt als „Versuch, China vom globalen Internet abzuschneiden“. Die Organisation hatte mehrfach angeprangert, dass Chinas Zensurapparat immer ausgefeilter operiere. Teilweise würden Zugriffe auf internationale Internetseiten gezielt verlangsamt, um sie für chinesische Nutzer unbrauchbar zu machen. Chinas Internet wird seit Jahren stark kontrolliert. Soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter sowie Youtube oder Webseiten von Menschenrechtsorganisationen und ausländischen Medien wie die „New York Times“ oder die Nachrichtenagentur Bloomberg sind von China aus nicht abrufbar. In diesem Jahr hatte China die Sperren bereits ausgeweitet. Kurz vor dem 25. Jahrestag des Pekinger Massakers im Juni wurde erstmals der Zugang zu allen Google-Diensten in China wie Suche, Gmail, Maps und die Fotoplattform Picasa gesperrt. Quelle: REUTERS
TürkeiSeit 2007 können lokale Strafgerichte Webseiten landesweit sperren lassen, sofern sie pädophile oder pornografische Inhalte, die Verherrlichung von Drogen oder Beleidigungen des Staatsgründers Atatürk zeigen. Jetzt hat die Türkei allerdings nochmals die Kontrolle von Internetnutzern verschärft. Die staatliche Telekommunikationsbehörde TIB darf künftig Internetseiten ohne Gerichtsbeschluss sperren lassen, wenn sie die „nationale Sicherheit“ oder die „öffentliche Ordnung“ gefährdet sieht. Außerdem kann sie Daten über das Surfverhalten von Internetnutzern uneingeschränkt sammeln. Einer entsprechenden Gesetzesänderung stimmte das türkische Parlament in der Nacht zu Mittwoch zu, wie die Nachrichtenagentur Anadolu meldete. Es ist bereits die zweite Verschärfung in diesem Jahr. Internetanbieter müssen die Anweisung zur Sperrung von Webseiten innerhalb von vier Stunden umsetzen. Erst nach 24 Stunden müsse die Telekommunikationsbehörde die Entscheidung einem Gericht vorlegen, um die Sperrung bestätigen zu lassen.Mit Material von dpa Quelle: dpa
NordkoreaNordkorea gilt als das Land mit der weltweit striktesten Internetkontrolle, steht laut Machthaber Kim Jong Un aber vor einer "industriellen Revolution". In seiner Neujahrsrede kündigte der Machthaber mehr Investitionen in Forschung und Technologie sowie Computer in allen Schulen an. Bisher haben lediglich ein paar tausend Privilegierte Zugang zu einer stark zensierten Version des Internets. Unter den zugelassenen Seiten befinden sich 30 Portale, die die großen Führer "Kim Jong-il" und "Kim Il Sung" preisen. Quelle: dapd
RusslandStaatschef Vladimir Putin plant eine Ausweitung der Netzzensur. Vorgesehen ist ein Twitter-Verbot für Staatsdiener sowie Klarnamenzwang in sozialen Netzwerken. Damit wollen die Machthaber um den Staatschef gegen "extremistische Propaganda" und Blogger, die "politische Spekulation verbreiten", vorgehen. Derweil gehen immer mehr Menschen gegen Putins Regime auf die Straße. Quelle: dpa
AfghanistanSeit Juni 2010 werden in Afghanistan diverse Webseiten und Soziale Netzwerke gesperrt. Darunter Facebook, Youtube, Twitter und Google-Mail sowie Seiten mit den Themen Alkohol, Dating, Glücksspiel und Pornografie. Quelle: dpa
WeißrusslandSeit Januar 2012 ist ein Weißrussland ein Gesetz in Kraft, das Alexander Lukaschenko bereits 2010 auf den Weg gebracht hatte. Danach dürfen ausländische Dienste nicht mehr für E-Mails, Finanztransaktionen, den Vertrieb von Waren und Dienstleistungen genutzt werden. Außerdem müssen die Provider inhaltliche Zensur durchsetzen und PC-Nutzer sich in Internetcafés ausweisen. Quelle: dpa
MyanmarIn Myanmar können sich die meisten Menschen Computer gar nicht leisten, weshalb die Zensurmaßnahmen der Militärregierung vor allem Internetcafés betreffen. Der Zugang zu oppositionellen Webseiten wird hier systematisch blockiert. Auch E-Mail-Programme von Yahoo oder Hotmail können nicht genutzt werden. Was die User in den Cafés treiben, wird sehr genau beobachtet. Alle fünf Minuten werden die URLs der aufgerufenen Seiten gespeichert. Quelle: REUTERS

Den deutschen Top-Stars beschert die Werbung vor oder in ihren Clips fünf- bis sechsstellige Summen im Monat. Einen Teil müssen sie an die Netzwerke abgeben. Mediakraft verlangt laut Branchenkennern etwa 30 Prozent. Doch viele Darsteller sind sich ihrer Bedeutung bewusst und wollen einen höheren Anteil.

Hype um die Stars der Szene

Inzwischen gibt es einen Run auf die Youtube-Stars wie auf Fußballtalente. Mediakraft hat gerade Nela Lee von Studio71 abgeworben, die Ex-Moderatorin des ProSieben Boulevardmagazins „Taff“, die nun verstärkt auf eine Youtube-Karriere setzt. Dafür verlor das Unternehmen Ungespielt-Macher Unge, der vermutlich bei TubeOne andockt. „Ich würde mich freuen, wenn wir künftig mehr zusammen machen würden“, sagt Geschäftsführer Rode. Und Mediakraft drohen weitere Abgänge. „Es haben noch eine ganze Reihe Youtuber gekündigt“, sagt ein Insider. Krachten will nun „darüber nachdenken, wie wir die Beziehung zu unseren Partnern verbessern können“.

Fragen und Antworten zu Heartbleed

Sonst könnte es schwierig werden, weiterhin so viele Nutzer zu erreichen. Mit LeFloid und ApeCrime fehlen künftig zwei Künstler, die zu den Top Fünf in Deutschland zählen. Dies droht das für den Sommer angepeilte Ziel von einer Milliarde Videoaufrufen zu gefährden. „Der Imageschaden durch den Ausstieg von ApeCrime ist enorm“, sagt der Online-Video-Berater Bertram Gugel.

Von der Nische zur Branche

Die Kommerzialisierung der Videos verprellt indes schon manche Fans und YouTuber. „In der Wahrnehmung der Außenwelt geht es bei Youtube derzeit nur um Klicks, Wachstum und Geld“, kritisiert Marie Meimberg. Die Berlinerin macht Videos, hatte für Mediakraft ein Büro in der Hauptstadt aufgebaut, sich aber nach einem halben Jahr wegen unterschiedlicher Vorstellungen getrennt. Meimberg sieht die generelle Entwicklung der Youtube-Szene kritisch. „Wir sind extrem schnell von einer Nische zur Branche geworden“, sagt sie. Dadurch fingen viele Leute an, Youtube-Videos zu machen, in der Illusion, mithilfe der Netzwerker schnell Hunderttausende Fans zu gewinnen und viel Geld zu verdienen. Dabei kämen die Inhalte zu kurz.

Meimberg hat daher mit LeFloid und anderen Youtubern den Verein 301+ gegründet. „Uns geht es darum, geilen Scheiß zu produzieren“, sagt sie. Damit meint sie zum Beispiel das Video #Nichtschön, in dem YouTuberinnen erzählen, warum sie als Frauen nicht auf das Äußere reduziert werden wollen. Oder einen Spendenmarathon für soziale Zwecke, bei dem LeFloid mit Partnern so lange live Computer spielte, wie die Nutzer spendeten – am Ende 48 Stunden. Auf diese Weise kamen 31.500 Euro zusammen.

Auch die Netzwerker reagieren langsam auf die Kritik. So schwärmt TubeOne-Chef Rode inzwischen wieder vom klassischen Youtube-Look anstelle technisch glatter Videos. Seine Devise: „Mehr Handykameras als Hochglanzoptik.“

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