Telefonieren an Bord Wie lange bleibt das Flugzeug noch handyfreie Zone?

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US-Luftfahrtbehörde FAA gibt Studie in Auftrag

Ob das so zulässig ist, will nun die amerikanische Luftfahrtbehörde FAA prüfen. Verkehrsminister Ray LaHood hat sich das Thema auf die Agenda geschrieben. Anfang September hatte die FAA in einer Studie herausgefunden, dass von Mobilfunk-Basisstationen an Bord von Verkehrsflugzeugen keine Beeinträchtigung der Flugsicherheit ausgeht. Bis dahin hatte die FAA stets Bedenken hinsichtlich des Handybetriebs an Bord wegen befürchteter technischer Störungen gehabt. Ausgehend auf diesem Befund arbeitet die Behörde nun einer großen Studie. In einem ersten Schritt wollen die Amerikaner Erfahrungen aus der Bevölkerung sammeln. Bis Ende Oktober darf jeder Bürger Stellungnahmen und Fragen zu Elektrogeräten im Flugzeug bei der Behörde einreichen.

Auf dieser Basis will die Arbeitsgruppe dann ein weiteres Vorgehen planen. Letztlich soll ein Bericht entstehen, auf dessen Grundlage darüber entschieden werden kann, inwieweit Handys auch bei Start und Landung benutzt werden dürfen. Wird die Gesetzeslage in den USA gelockert, ist davon auszugehen, dass dies früher oder später auch Einfluss auf Europa hat.

Restrisiko bleibt vorhanden
Stefan Frei von der TU Dortmund hält sich mit einer Tendenz, inwieweit das Gesetz gelockert werden sollte, zurück. „Die Wahrscheinlichkeit, dass etwas schief geht, ist sehr gering, und trotzdem kann man ein Restrisiko nicht ausschließen. Letztlich muss auch hier das Restrisiko gegen den Vorteil, den die Technik verschafft, abgewogen werden“, sagt er. Dabei beschränkt sich das Restrisiko nicht nur auf technische Störungen. Lufthansa-Sprecher Michael Lamberty begründet den Zwang, Handys bei Start und Landung auszuschalten so: “Der Gesetzgeber möchte, dass die Fluggäste bei Start und Landung für den Notfall nicht abgelenkt sind.“ Von technischen Aspekten ist hier also gar keine Rede.

Was will der Fluggast?
Bei all den wichtigen Fragen zur Technik, bleibt die Frage: Was will der Fluggast? Eine Bitkom-Studie von Anfang 2011 hat überraschend ergeben, dass 55 Prozent der Deutschen die Handynutzung in Flugzeugen ablehnen. Lediglich 19 Prozent waren damals für eine uneingeschränkte Handynutzung an Bord. “Die Menschen wollen über den Wolken ihre Ruhe haben”, kommentierte der damalige Bitkom-Präsident August-Wilhelm Scheer die Umfrage.

Das Ergebnis deckt sich mit Fluggästebefragungen der Lufthansa. „Auch unsere Bordumfragen haben ergeben, dass die überwiegende Mehrheit der Gäste nicht durch lautes Telefonieren oder Klingeln gestört werden will”, sagt Michael Lamberty. Deshalb bleibt das Telefonieren und Skypen bei der Lufthansa auch mit der neuen Technik vorerst untersagt.

Die Wahrscheinlichkeit, dass der Wunsch nach der Stille im Flugzeug anhält, ist allerdings gering. Bereits in der Bitkom-Befragung war auffällig, dass vor allem Menschen über 50 Jahren die Handy-Nutzung an Bord ablehnen.

Jüngere befürworten die Nutzung, wenn auch mit Einschränkungen. Früher oder später wird die letzte handyfreie Zone namens Flugzeug also auch Geschichte sein. Das ist zumindest zu vermuten. Dann kann abseits der Ruhezonen stundenlang telefoniert werden und – sollte die FAA-Studie erfolgreich sein – der Geschäftsmann sein Telefonat auch beim Start weiterführen können. Bis dahin bleibt der Flugmodus.

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