Terrassengespräch zur Digitalisierung der Medien "Rumspielen wird unterschätzt"

Die Digitalisierung ändert die Art wie wir leben, arbeiten und konsumieren. Was das in und mit Medienhäusern und Unternehmen macht, war Thema des Terrassengesprächs von WirtschaftsWoche und Handelsblatt.

Terrassengespräch der Verlagsgruppe Handelsblatt zur Digitalisierung der Medien Quelle: Marcel Stahn
Unter der Überschrift "Neue Konzepte für eine neue Zeit" diskutierten WirtschaftsWoche-Chefredakteurin Miriam Meckel (2. v.l.), Katharina Borchert, Chief Innovation Officer bei Mozilla (r.), Tina Beuchler, Digital Director bei Nestlé (2. .v .r.), und Jochen Wegner, der Chefredakteur von Zeit Online. Quelle: Marcel Stahn
Eröffnet wurde die Veranstaltung von VHB-Geschäftsführer Frank Dopheide (im Vordergrund). Lea Steinacker, Digital Scout der WirtschaftsWoche, führte durch den Abend (2.v.r.). Quelle: Marcel Stahn
Schnell war klar: Vorbilder und Inspirationsquellen für eine Auseinandersetzung mit dem Wandel sind nicht allein in Amerika zu finden. "Schaut auch nach Asien" , riet Katharina Borchert, früher Geschäftsführerin von Spiegel Online. Dort entstünden mit Messengern wie WeChat längst Trends, die auch das westliche Medienverhalten prägen können. Mit Abschauen allein ist es freilich nicht getan. Quelle: Marcel Stahn
„Kulturelle DNA gibt es auch im Netz“, mahnte Jochen Wegner, Chefredakteur von Zeit Online. Wer glaube, Ideen eins zu eins übertragen zu können, sitze einem Irrglauben auf. Umso wichtiger sei es, dass auch deutsche Medienhäuser mutig vorangehen und neue Ideen einfach ausprobieren. Quelle: Marcel Stahn
„Rumspielen wird unterschätzt“, so Wegner. Beispiel 360-Grad-Bilder und Videos: Was dem Leser einen ganz neuen Einblick in eine Situation verschafft, war früher nur mit immensem Aufwand möglich. Das hat sich geändert: „Mit sinnvollen, kleinen Investitionen lassen sich mittlerweile tolle Geschichten erzählen.“ Quelle: Marcel Stahn
Es lohnt sich auch beim Entwickeln von Ideen und Innovationen einmal völlig neue Wege zu, glaubt WirtschaftsWoche-Chefredakteurin Miriam Meckel. Sie verwies unter anderem auf den Hackathon vor wenigen Wochen, bei dem dutzende Entwickler, Kreative und Journalisten innerhalb von drei Tagen Ideen wie Chatbots, Social-Media-Tools und Gamification-Apps entwickelten und umsetzten. "Die haben die Nacht gearbeitet und unter den Tischen geschlafen", beschrieb Meckel die Situation im Verlagsgebäude. Ein bisschen Woodstock geht auch bei der Wirtschaft-Presse. Quelle: Marcel Stahn
Neue Anwendungen ermöglichen nicht nur das Eintauchen in virtuelle Realitäten und damit andere Erzählweisen für Journalisten. Sie verändern auch das Nutzungsverhalten. Soziale Medien passen den Nachrichtenkonsum an, künftig können Chatbots passgenau Nachrichten auf gezielte Fragen liefern. Das alles sei natürlich sehr bequem, sagt Miriam Meckel. Sie warnt jedoch auch vor einem Übermaß an mundgerechten Angeboten. "Die Frage ist doch auch: Wann lehne ich mich zurück, tauche in einen Artikel über ein unbekanntes Thema ein und lasse mich völlig überraschen." Solche Angebote zu schaffen, werde auch in Zukunft eine journalistische Kernaufgabe sein. Quelle: Marcel Stahn
Auch für die Unternehmenskommunikation bietet die Digitalisierung Chancen. Sie ermögliche eine stärkere Personalisierung der Ansprache und damit untere anderem größere Werbeerfolge, so Nestlé-Digital-Director Tina Beuchler. "Wir versuchen, unsere Kunden besser kennenzulernen und unsere Botschaften zielgenauer auszuspielen". Quelle: Marcel Stahn
Dass ein enges Verhältnis zur Leserschaft, zur eigenen Community für Medienhäuser zentral ist, betonten sowohl Miriam Meckel als auch Jochen Wegner. In diesem Verhältnis sei die Digitalisierung ein zentraler Punkt. "Auf virtuellen Plattformen ist es viel einfacher geworden, zusammenzukommen und sich auszutauschen", so Meckel. Dass sich durch die Digitalisierung der unmittelbare Kontakt überholt, glaubt die WiWo-Chefredakteurin indes nicht - im Gegenteil. Sie gab einen kurzen Ausblick auf den WirtschaftsWoche Club, der Leser, Manager, Vordenker und Journalisten schon bald in verschiedenen Veranstaltungen miteinander vernetzen soll. Quelle: Marcel Stahn
Bleibt die Frage, wer die Verantwortung für Innovationen, Digitalisierung und frischen Wind übernimmt. Oder anders: Wie geht Digital Leadership? Es allein an einer Stabstelle aufzuhängen, reicht nicht, da herrschte auf dem Podium Einigkeit. Im gesamten Unternehmen müsse ein offener Umgang gefördert werden. Die Herangehensweise ist freilich bei allen Podiumsteilnehmer anders. "Mein Chief of Staff sitzt in Schweden im Wald", beschrieb Katharina Borchert die Arbeitssituation bei der Mozilla Foundation. Ein großer Teil der festen Mitarbeiter erscheint nie im Büro und arbeitet über die ganze Welt verteilt. Ideen von Managern und Angestellten werden frei in Messengern ausgetauscht oder gleich ganz offen mit der Community diskutiert. Quelle: Marcel Stahn
Das ist für Nestlé kaum denkbar. In den durchgetakteten Prozessen des Lebensmittelriesen muss das Verhältnis von Hierarchie und kreativer Freiheit zwangsläufig ein anderes sein. Trotzdem bemüht sich der Konzern um ein Umdenken. Ein Ansatz von Nestlé: "Reverse Mentoring". Dabei wird der erfahrene Manager, ja selbst der Vorstand, vom jungen IT-ler geschult. "Es geht nicht nur um digitale Kernkompetenzen, sondern um das Mindset", betonte Digital Director Beuchler. Und es funktioniere. Reverse Mentoring - ein Gedanke, der zumindest bei vielen Zuhörern des Terrassengesprächs für breites Grinsen und zustimmendes Nicken sorgte. Quelle: Marcel Stahn
Diese Bilder teilen:
  • Teilen per:
  • Teilen per:
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%