Videospiele Champagner im Rechnerraum

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Entgegenkommen der Autokonzerne

Modellautos Quelle: Robert Gilhooly für WirtschaftsWoche

Die Spieler können zwischen 70 Rennkursen wählen, die komplette NASCAR-Rennserie oder Rallyes fahren. Sie können sich selbst Gokart-Pisten konfigurieren oder die Teststrecke der beliebten BBC-Autosendung „Top Gear“ ausprobieren. Haben sie einen passenden Monitor und eine 3-D-Brille, wird die Raserei über die Rennstrecken sogar zum räumlichen Erlebnis. Yamauchi persönlich hält den Kontakt zu den großen Automobilbauern und wählt die interessanten Modelle aus. „Deutschland besuche ich am häufigsten.“ Er spricht dort mit Daimler, BMW, Audi und VW. Sofern es sein Terminkalender erlaubt, gönnt er sich ein paar schnelle Kilometer auf deutschen Autobahnen, wo kein generelles Tempolimit den Spaß an hohen Geschwindigkeiten bremst.

Die Wertschätzung ist gegenseitig. Denn die Autokonzerne wissen, dass die Präsenz ihrer Fahrzeuge in Yamauchis Rennwelten verkaufsförderlich ist. Das Entgegenkommen ist groß. Daimler etwa überließ ihm die streng geheimen Konstruktionsunterlagen des Supersportwagen AMG SLS, damit die Softwerker den digitalen Doppelgänger möglichst perfekt nachbauen konnten. Yamauchi spornen solche Zugeständnisse an, seine Rennspiele immer noch perfekter zu gestalten.

Umgekehrt definieren die Konzerne mitunter die Grenzen des Realismus: Bis vor Kurzem knüpften sie die Lizenz zum Nachbau ihrer Fahrzeuge daran, dass diese selbst übelste Crashs ohne Schramme überstehen. „Viele Hersteller wollten nicht, dass man ihre Autos zu Schrott fahren kann“, erläutert Yamauchi. Jetzt haben sie vor seiner Hartnäckigkeit kapituliert: In der jüngsten Version ist das von vielen Spielern ersehnte Schadensmodell eingebaut.

Vernetzte virtuelle Rennwelt

Doch das soll es noch nicht gewesen sein. Als Nächstes will Yamauchi für Spieler im Internet eine eigene virtuelle Welt mit Fahrern, Teams, Klubs und Herstellern schaffen. Weil er über das Netz direkt mit den Nutzern kommunizieren kann, erhofft er sich viele Anregungen für die Weiterentwicklung der Rennspiele.

Dass dies noch häufiger Nachtarbeit bedeutet, sieht Yamauchi gelassen. Die neuen Büros im zentralen Tokioter Stadtteil Koto sind dafür bestens ausgestattet. Sie verfügen über Küche, Duschen und Betten. Nachtschichten ist Yamauchis Team gewohnt. „Wenn wir kurz vor der Veröffentlichung eines neuen Download-Pakets stehen, arbeiten viele durch“, berichtet ein Programmierer. Damit das leibliche Wohl nicht zu kurz kommt, hat Yamauchi in den kühlen Rechnerräumen Dutzende Kisten Champagner und Rotwein eingelagert.

Und sollte die Erde in Tokio wieder einmal beben, kann die Arbeit künftig dennoch weitergehen. Dazu hat Yamauchi ein Drittel seiner Kollegen im 1000 Kilometer entfernten Fukuoka einquartiert. Nicht einmal im Katastrophenfall will der Spiele-Regisseur die Kontrolle über seine virtuellen Welten an die Realität verlieren.

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