Von Nullen und Einsen

Suchen ohne Schnickschnack

Googles Hauptprodukt, die Suchmaschine, wirkt mehr und mehr überfrachtet: Links zum Facebook-Abklatsch "Google+" treffen auf immer rigidere Personalisierungsmaßnahmen und Einblendungen hauseigener Produkte, die man häufig gar nicht braucht. wiwo.de-Technik-Kolumnist Ben Schwan vermisst den minimalistischen Allesfinder von einst - und macht sich auf die Suche nach Google-Alternativen.

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Wie Google seine Suche geändert hat
Die radikale Änderung der Google-Suche Quelle: Screenshot
Das Zuckerberg-Beispiel Quelle: Screenshot
Zuckerberg-Suche bisher Quelle: Screenshot
Unbrauchbare Vorschlagsfunktion Quelle: Screenshot
Beispiel Twitter Quelle: Screenshot
Neue Twitter-Ergebnisse Quelle: Screenshot
Beispiel Wulff Quelle: Screenshot

Es mag sich angesichts der heutigen Marktmacht des Internet-Riesen niemand mehr daran erinnern. Doch als Google 1998 auf dem Radar der Online-Szene auftauchte, schlug die Suchmaschine vor allem deshalb ein, weil sie so schön zurückgenommen und praktisch war. Während man auf alteingesessenen Angeboten wie Altavista, bei Yahoo oder MSN jede Menge unnötigen Zusatzquatsch zu sehen bekam, obwohl man doch einfach nur im Internet suchen wollte, erhielt man von Google schnell und verlässlich Infos.

Der neuartige Algorithmus PageRank, der mittels Links die Bedeutung von Internet-Angeboten festlegte, tat sein Übrigens: Erst liebten Online-Profis Google, erstaunlich schnell dann der Rest der Welt.

Wenn man sich Google jedoch heute ansieht, hat das mit dem einstigen Minimalismus wenig zu tun. Der Suchkonzern blendet erstmal schön Nachrichten ("Google News") ein, dann Bilder der eigenen Bildersuche ("Google Images"), dann Videos aus dem hauseigenen Angebot YouTube - bis man dann zur eigentlichen Ergebnisliste kommt.

Seit Mitte Januar kommt auch noch jede Menge Social-Media-Material hinzu: Google hat seinen "Google+"-Dienst, der wohlgemerkt abgeschlagen hinter Twitter und Facebook die dritte Geige spielt, voll integriert. Nun kann es passieren, dass man plötzlich nicht mehr im regulären Internet sucht, sondern in den Postings mehr oder weniger interessanter Freunde auf "Google+".

Die größten Flops von Google
Google Quelle: dpa
Google Videos Quelle: Screenshot
Google X Quelle: Screenshot
Larry Page Quelle: REUTERS
KnolZu den Projekten die eingestellt werden gehört auch Knol. Es sollte Googles Alternative zu Wikipedia sein: Eine Wissenssammlung, bei der die Nutzer die Artikel schreiben und bearbeiten. Der Erfolg hält sich in Grenzen – oder kennen Sie intensive Knol-Nutzer? Quelle: Screenshot
Google WaveNach knapp einem Jahr hat Google sein Projekt „Wave“ wieder gestoppt. Beim Start hatte der Konzern noch getönt, Wave sei wie die Neu-Erfindung der Mail. Doch selbst viele Nerds konnten mit dem Angebot nichts anfangen, mit dem man Nachrichten gemeinsam bearbeiten und kommentieren konnte. Ende April 2012 wird Wave nun endgültig dicht gemacht.  
LivelyAls der Hype um virtuelle Welten wie Second Life noch groß war, startete Google "Lively". Damit konnten Avatare geschaffen werden und Räume in denen man sich treffen konnte. Resonanz und Halbwertzeit waren dürftig: nach nicht einmal sechs Monaten wurden die neuen Tummelplätze wieder geschlossen. Quelle: Screenshot

Das kann man zwar abdrehen, doch erst einmal ist es standardmäßig eingeschaltet, wenn man bei Google angemeldet ist. Hinzu kommt eine verstärkte Personalisierung der Ergebnisse: Google gibt jedem Nutzer anhand zahlloser Signale von der Herkunft der Internet-Adresse bis zu "sozialen" Elementen seine eigene Suchmaschine. Das führt dann dazu, dass man stets im eigenen Saft schmort, schlimmstenfalls wichtige Infos erst auf Ergebnislistenseite 5 findet.

Google-Alternative DuckDuckGo

Manchem Profi geht das zunehmend auf den Zeiger. Es mag altmodisch klingen, doch diese Menschen finden, dass Suchmaschinen zum Suchen im Internet da sind - und nur sehr beschränkt für soziale Aktivitäten. Die zunehmend überfrachtete Darstellung, die Google mittlerweile bietet, ist ein weiterer Grund, der die Suche nach Alternativen interessant macht. Schließlich muss man ja nicht aus Gewohnheit bei dem Konzern bleiben. Wettbewerber sind nur einen Lesezeichen-Mausklick - oder eine veränderte Suchmaschineneinstellung im Browser - entfernt.

Mein aktueller Liebling unter den Google-Alternativen heißt DuckDuckGo. Name und Logo (eine freundliche Ente) mögen auf den ersten Blick harmlos wirken, doch hinter dem Projekt des ehemaligen MIT-Physikers Gabriel Weinberg steckt leistungsstarke Suchtechnik. Statt sich bei Google oder anderen Anbietern zu bedienen, wie das so manche Metasuchmaschine tut, legt der Dienst seinen eigenen Web-Index an - und der ist schon erstaunlich komplett. Ähnlich wie bei Google kann man dabei in verschiedenen Sprachversionen suchen, die sich leicht ansteuern lassen.

DuckDuckGo im Test

Es muss nicht immer Google sein
Screenshot der Google-Homepage Quelle: Screenshot
Screenshot der Bing-Homepage Quelle: Screenshot
Screenshot der DuckDuckGo-Hompegae Quelle: Screenshot
Screenshot der Blekko-Homepage Quelle: Screenshot

Das Design ist dabei so gewählt, dass es nicht stört: Suchleiste, Direktergebnisse (z.B. aus Wikipedia), eine kleine Werbefläche und dann eben die  Ergebnisliste. Mehrere Seiten wie Google kennt DuckDuckGo nicht; stattdessen scrollt man in einer Ergebnisliste, was bei etwas tiefer liegenden Treffern erstaunlich komfortabel ist. Auf der rechten Seite zeigt die Suchmaschine außerdem noch ein paar Tipps oder zur Anfrage passende Suchbegriffe an - fertig.

Im Gegensatz zu Google, wo jede Suchanfrage neun Monate lang mit anfragender Internet-Adresse gespeichert wird, um dann schließlich nur teilanonymisiert zu werden, sichert DuckDuckGo schlicht nichts - weder die anfragende IP-Adresse noch die Suchgeschichte. Außerdem gibt sich das Angebot Mühe, keine Daten an externe Webseiten weiterzugeben: So ist es für angeklickte Seiten standardmäßig nicht möglich, zu erfahren, nach was der Nutzer gesucht hat. DuckDuckGo lässt sich außerdem (wie Google mittlerweile auch) auf SSL umschalten, damit die Verbindung verschlüsselt wird.

DuckDuckGo will den Nutzer nicht kennen

Ebenso lobenswert: Die Suchmaschine betreibt keine Personalisierung. Während Google seine Nutzer zunehmend in eine sogenannte Filter-Blase (siehe oben) schickt, die auf früher getätigten Online-Aktivitäten basiert, kennt DuckDuckGo den Nutzer nicht - und will ihn auch nicht kennen. Die Festlegung des Kunden auf bestimmte Interessen und die darauf folgende Umgewichtung der Ergebnisliste findet nicht statt.

Neben der reinen Suche im eigenen Index bietet DuckDuckGo auch noch diverse Sonderfunktionen. So kann man mit der Suchmaschine rechnen, sich Worte erklären oder übersetzen lassen, das Wetter abfragen und vieles mehr - ähnlich wie das Google tut, nur eben übersichtlicher. Sehr praktisch sind auch die sogenannten "Bangs".

Dabei handelt es sich um Steuerbefehle, mit denen man direkt in der Suchmaske die unterschiedlichsten Angebote durchforsten kann. Ein "!imdb" samt Filmtitel sucht beispielsweise in der Internet Movie Database, ein "!nyt" plus gewünschtem Begriff in der "New York Times". Auch zahllose externe Suchangebote lassen sich so detailliert ansprechen - von "!g" für Google über "!gnde" für Google News Deutschland bis hin zu "!bing" für Microsofts Bing. Den Syntax lernt man schnell.

Es gibt noch Features, die bei DuckDuckGo fehlen. Dazu gehört zum Beispiel der praktische Cache, der Seiten, die momentan nicht erreichbar sind, in gespeicherter Form anzeigt. Aber auch hierfür gibt es eine Lösung: Gibt man "!cache" zusammen mit der gewünschten Internet-Adresse ein, öffnet sich einfach die Version im Zwischenspeicher von Google. Ebenfalls fehlen verschiedene Sprachversionen - man kann Deutsch zwar als Suchsprache wählen, die Bedienoberfläche bleibt aber Englisch.

Noch ist DuckDuckGo außerdem nicht so schnell wie Google, bei mancher Suche wartet man schon mal einige Millisekunden mehr. Doch dafür, dass hinter der Suchmaschine nur eine kleine Mannschaft samt Mini-Infrastruktur steht, ist die Leistung erstaunlich. Das sehen übrigens auch Risikokapitalgeber so. Das New Yorker VC-Haus Union Square Ventures, das unter anderem früh in Twitter Geld steckte, hat im Oktober in DuckDuckGo investiert.

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