Werner knallhart

Was Ihre Abwesenheitsnotiz über Sie verrät

Es sind nur zwei, drei Zeilen, doch die lassen tief blicken: Ihre Abwesenheitsnotiz sagt viel aus über Ihre Einstellung zur Arbeit, Ihren Humor und Ihre Entscheidungsfreiheiten im Job. Und manchmal verrät sie zu viel.

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Ihre Abwesenheitsnotiz verrät viel über sie. Quelle: dpa

Die Abwesenheitsnotiz als automatische Antwort auf die E-Mail ist nur auf den ersten Blick das Pendant zur Mailbox beim Anruf. Denn die Telefon-Mailbox, der Anrufbeantworter oder wie immer man diesen unseligen Service nennen möchte, lässt sich deaktivieren. Und jeder, der bei Trost ist, tut dies auch. Denn in den allerseltensten Fällen hilft die Mailbox dem Anrufer wirklich weiter.

"Der gewünschte Gesprächspartner ist im Moment nicht erreichbar. Bitte hinterlassen Sie eine Nachricht für - PFFFFFStefnimaiZZZZZZ PIEEEEP."

"Ja, guten Tag, ich hoffe, ich bin richtig bei Stefanie Meyer, ich rufe an wegen dem Aquarium bei Ebay. Ich wollte fragen, wann ich vorbeikommen kann. Bitte rufen Sie doch mal zurück. Meine Nummer ist...."

Blablabla. Wir wissen, wie das endet:

"Ja, guten Tag, hier ist Stefanie Meyer. Sie hatten heute Nachmittag angerufen?"

"Ja, ich hatte Ihnen ja auf die Mailbox gesprochen."

"Ach so, die habe ich noch gar nicht abgehört, hihi! Ich hatte Ihre Nummer in der Anrufliste. Worum geht es denn?"

Sieben Tipps für die richtige E-Mail
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Nicht immer sind E-Mails geeignet
Zweikämpfe vermeiden

In praktisch allen Fällen ist ein Rückruf nötig. Selbst eine auf die Mailbox gesprochene Bitte um eine Tischreservierung in einem Restaurant, die wie gemacht zu sein scheint für eine aufgesprochene Nachricht, ist erst richtig dingfest, wenn das Restaurant nochmal kurz zur Bestätigung anruft.

Wozu also die Mailbox? Ich habe seit 1999 ein Handy. Und bereits Ende 1999 habe ich meine Mailbox für immer deaktiviert. Noch nicht eine Sekunde lang hatte ich den Eindruck, dass das irgendwem geschadet hat.

Das Blöde bei der E-Mail ist: Da geht das nicht so einfach mit dem Nicht-erreichbar-sein.

E-Mails werden zugestellt, auch wenn Sie nicht am Rechner sitzen. Auch wenn Sie gerade mit einer eiskalten Dose Bier in der Hand auf einem aufgepumpten Treckerreifen-Schlauch im lauwarmen Golf von Siam treiben.

Dafür gibt es die Abwesenheitsnotiz. Die kürzeste Version würde lauten: "Ich lese zurzeit meine E-Mails nicht." Peng.

Wie Sie die Zahl der E-Mails reduzieren können

Aber das wäre so, als ließe man unter jeder E-Mail stehen: "Von meinem iPad gesendet".

Das macht man irgendwie nicht. Also denkt man sich etwas Eigenes aus:

Die gute Seele

"Vielen Dank für Ihre E-Mail. Ich bin vom 15. bis 18. März nicht im Büro. Bitte wenden Sie sich an meine Kollegin..." So kennen wir es seit den Neunzigerjahren. Nichts Besonderes.

Um die ohnehin schon überarbeitete Vertretung kurz vorm eigenen Urlaubsantritt zu besänftigen, ist auch üblich: "In dringenden Fällen wenden Sie sich bitte an..."

Das vermittelt: Ob ich da bin oder nicht - der Laden läuft weiter wie geölt. So einen devoten Dienstleister wünscht sich jeder Kunde.

Der kreative Individualist

"Vielen Dank für Ihre E-Mail. Jedoch bin ich bis zum 14. März nicht im Büro und versuche anstatt dessen, ein paar hoffentlich ansehnliche Schwünge in den Tiefschnee zu ziehen. In dringenden Fällen..."

Dynamisch, nicht? Dies ist ein echtes Zitat aus der Abwesenheitsnotiz von Kay Oberbeck, dem Direktor für Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit von Google Nordeuropa.

Aber dass der Mann sowohl Kommunikationsprofi als auch Chef ist, das hätte er nicht mehr dazu sagen müssen, oder?

Die größten Fehler beim Einsatz von E-Mails

Stellen Sie sich vor, eine Sachbearbeiterin vom Büro für Kundenbeschwerden bei Ferrero schreibt in ihre Abwesenheitsnotiz: "Jedoch bin ich heute nicht an meinem Platz. Ich muss zum Tierarzt. Mein Border Collie kriegt am späten Vormittag eine gutartige Zyste raus."

Was interessiert uns deren Privatscheiß, würde man denken. Aber Führungsleute dürfen ihr Leben ausbreiten. Da ist das irgendwie ganz nah dran an den Menschen.

"Ich bin heute morgen mit dem kleinen Zeh am Tischbein hängen geblieben. Autsch! Bin beim Arzt und komme erst gegen Ende der Woche wieder rein. Bis denne. Dein Papst".

So wollen die Leute Menschen mit Macht erleben.

Leerer Posteingang statt E-Mail-Flut

Der Nach-mir-die-Sintflut-Typ

"Vielen Dank für Ihre Mail. Ich bin erst am 21.03. wieder da."

Da war wohl jemand schon in Gedanken beim Einchecken am Flughafen. Gibt es einen Vertreter? Wird weitergeleitet? Ach, wurscht. Diese Abwesenheitsnotizen nutzen oft Leute, die eh keine E-Mails erwarten. Die verschicken die aus Versehen auch noch Tage nachdem sie längst wieder am Schreibtisch sitzen. Häufige Nutzer solcher Notizen sind auch die Kommunikations-Hasser, die sich in die Zeit von Telex und Hauspost zurücksehnen, aber vom Arbeitgeber unter Androhung von Abmahnungen gezwungen werden, sich dem Neuland zu öffnen. Ihre Abwesenheitsnotiz als der einzeilig verklausulierte Protest.

Das Arbeitsleben der Deutschen in Zahlen
Neben Österreich sind die Deutschen die „Frühaufsteher-Nation“. Quelle: obs
Ein Berufspendler geht am Donnerstag (29.06.2006) auf dem Weg zur Arbeit über eine Straßenkreuzung in Düsseldorf. Quelle: dpa
Laut der Studie der Michael Page Group nutzen sieben von zehn Arbeitnehmern in Deutschland das Auto oder das Motorrad, um zur Arbeit zu kommen Quelle: dpa
Kaffee trinken zwei Drittel (66 Prozent) der Angestellten in Deutschland auf der Arbeit bereits vor 8:30 Uhr. Quelle: dpa
Studenten arbeiten am Rande des "Großrechner-Gipfels" am Hasso-Plattner-Institut (HPI) in Potsdam an ihren Laptops Quelle: ZB
Das Symbol "Neue E-Mail-Nachricht" wird auf einem Computer Monitor angezeigt. Quelle: dpa
Menschen in einem Meeting telefonieren Quelle: Fotolia

Der E-Mail-Hygieniker

"Ich bin bis Ende März nicht erreichbar. Die E-Mails werden nicht weitergeleitet und nach meiner Rückkehr auch nicht mehr gelesen. In dringenden Fällen melden Sie sich bitte nach meiner Rückkehr noch einmal bei mir."

Das gibt es wirklich. Gerade in Berufen, in denen nach der Rückkehr aus dem Urlaub gut und gerne drei bis vier Tage dafür draufgehen, hunderte von Mails nachzuarbeiten, deren Anliegen sich ohnehin mittlerweile erledigt haben. Danach ist der Rückkehrer direkt wieder urlaubsreif.

So werden Sie der E-Mail-Flut Herr

Eine Führungskraft eines großen deutschen Automobilherstellers erzählte mir mal, sie habe irgendwann einfach mal ihr gesamtes Postfach mit tausenden E-Mails gelöscht. Die Folgen: keine. Außer mehr Zeit.

Die "Ich werde deine E-Mail niemals lesen"-Notiz entspricht schon fast der abgeschalteten Mailbox beim Telefon: Das Anliegen des Absenders dringt nicht durch. Wer was wirklich Wichtiges will, muss sich später noch einmal melden. Leider muss der Urlaubsrückkehrer danach noch alles mit der Maus aus dem Posteingang löschen.

Diese pragmatische Abwesenheitsnotiz nimmt dem Kommunikationsmittel E-Mail allerdings eine Bequemlichkeit für die Absender: Alles an jeden per Superverteiler rausballern, nur um sagen zu können "ich habe es an alle kommuniziert".

Verständlichkeit von E-Mail-Antworten

Das geht so nicht mehr, wenn einzelne Kollegen mit den Achseln zucken: "Tja. Hat mich leider im Urlaub erreicht. Habe ich nicht gelesen."

Aber diese Entschlackungskur passt in Zeiten, in denen auch viele Arbeitgeber verstanden haben: Die Flut an E-Mails zermürbt und macht die Firma ineffizient.

Der gnadenlos Konsequente

Wählen Sie diese radikale Abwesenheits-Regelung besser nicht ohne Rücksprache mit Ihren Vorgesetzten: "Ich bin per Mail bis zum 29. März nicht erreichbar. Ihre E-Mail wurde soeben automatisch gelöscht."

Sogar Daimler hat so eine Möglichkeit seinen Mitarbeitern schon eingerichtet. Dort heißt es "Mail on Holiday". Der Absender bekommt dann den Vertreter genannt. Fertig!

Ein leerer Posteingang nach der Rückkehr. Exakt wie eine abgeschaltete Mailbox beim Handy. Hach, herrlich, diese Abwesenheit von Nachrichten.

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