Microsoft öffnet mit Windows 10 weit die Tore zu anderen Plattformen und will auch auf dem mobilen Markt in die Offensive gehen. „Wir wollen sicherstellen, dass wir den Entwicklern hier die größte und lebendigste Nutzerbasis für ihre Anwendungen bieten“, sagte Microsoft-Chef Satya Nadella am Mittwoch auf der hauseigenen Entwicklerkonferenz Build in San Francisco. Apps für Googles Android-System und Apples iOS sollen künftig ebenfalls auf Windows 10 laufen können.
Für Android-Anwendungen habe Microsoft Subsysteme in Windows Phone integriert, über die die Apps lauffähig gemacht werden. Apps, die für Apples mobiles Betriebssystem zugeschnitten sind, ließen sich über das Entwickler-Werkzeug Visual Studio ebenfalls auf Windows 10 portieren, erläuterte Microsoft-Manager Terry Myerson. Auch Websites sollen sich jetzt einfach als App in Windows 10 umwandeln lassen. Damit sei Windows 10 auf Smartphones das offenste und attraktivste System für Entwickler.
Wie Windows wurde, was es ist
Der Urahn des inzwischen meistgenutzten PC-Betriebssystems kam im November 1985 auf den Markt. Damals war Microsoft noch ein Außenseiter, während der Platzhirsch IBM und der Aufsteiger Apple den Kampf um den PC-Markt auszufechten schienen. Anfangs arbeitete sich Windows nur mühsam ins Geschäft – denn Microsoft verzichtete zunächst angesichts eines jahrelangen Patentstreits mit Apple auf grafische Bedienungselemente.
Mit dieser Version lernte Windows 1992, Videos abzuspielen, bekam die ersten integrierten Spiele und neue Schriften. Die Grundansicht mit den überlappenden Fenstern und einem Desktop für Programm-Symbole blieb – mit einigen Design-Änderungen – lange erhalten.
Parallel zu den Consumer-Versionen von Windows entwickelte Microsoft nach dem Scheitern des OS/2-Projektes mit IBM eine Windows-Version mit einem neuen Programm-Kern („Windows New Technology“). NT wurde mit Windows 2000 fortgeführt und ging später in Windows XP auf.
Die radikale Erneuerung von 1995 brachte in Grundzügen das Windows, das heute praktisch jeder kennt. Unter anderem wurde der „Start“-Knopf mit dem Balken am unteren Bildschirmrand eingeführt. Nachdem nachträglich der Web-Browser Internet Explorer zum Windows-Grundpaket hinzugefügt wurde, setzte sich Microsoft zum Ärger der Wettbewerbshüter in diesem Bereich gegen den Pionier Netscape durch. Auf die Version folgten die kleineren Aktualisierungen Windows 98 und ME.
2001 brachte Microsoft die bisher langlebigste Version seines Betriebssystems auf den Markt. Mit Windows XP wurden viele visuelle Effekte hinzugefügt, ebenso wie wichtige Funktionen wie etwa schneller Benutzerwechsel, eine integrierte Firewall für mehr Sicherheit und verbesserter Medienwiedergabe.
Das Betriebssystem Windows Vista sollte XP verdrängen, wurde von den Nutzern aber weitgehend ignoriert. Die 2007 veröffentlichte Version bot zwar neue Bildschirmansichten, aber eine für viele Nutzer verwirrende Rechteverwaltung für Benutzerkonten. Erst mit der Vorstellung von Windows 7 im Oktober 2009 konnte Microsoft die Anwender wieder überzeugen.
Mit Windows 8 rüstet sich Microsoft für den Wandel der Computer-Welt: Die neue Kacheloberfläche ist für Touchscreens ausgelegt und eignet sich damit auch für Tablet-Computer – äußerlich ähnelt das System damit dem Smartphone-Betriebssystem Windows Phone. Microsoft stellte Windows 8 im Oktober 2012 vor. Gerade an der neuen Bedienung wurde jedoch schnell viel Kritik laut.
Ein Update für Windows 8 kam im Oktober 2013 auf den Markt. Das kostenlose Windows 8.1 soll die größten Kritikpunkte an dem Vorgänger ausräumen. So können Nutzer direkt auf den Desktop starten und so die Kacheloberfläche umgehen. Zudem kehrt der Startknopf zurück, wenn auch nicht das klassische Startmenü.
Mit Windows 10 bietet Microsoft eine einheitliche technische Plattform für PCs, Tablets und Smartphones an. Das von Nutzern ersehnte Start-Menü kehrt auf den Desktop zurück. Am 29. Juli 2015 stellte der Softwaregigant das jüngste Betriebssystem vor. Ein Jahr lang war das Upgrade auf Windows 10 für Computer mit Windows 7 und 8.1 kostenlos. Was das neue System bringt und für welche Nutzer es sinnvoll ist, lesen Sie hier.
Als erste Anwendung zeigte Microsoft das populäre Spiel Candy Crush Saga auf einem Windows-Phone. Microsofts Windows hat auf dem Smartphone-Markt trotz zahlreicher Initiativen bislang nur einen Marktanteil von 2,8 Prozent laut der Marktforschungsfirma IDC. Unangefochtener Marktführer ist das Google-System Android, gefolgt von Apple mit seinen iPhones. Eine der großen Hürden war für Microsoft das vergleichsweise geringe Angebot an Apps. Bei der geringen Verbreitung der Plattform ließen sich Entwickler nur schwer überzeugen, Apps für Windows-Smartphones zu entwickeln.
Mit Windows 10 wagt Microsoft über alle Geräteplattformen hinweg einen fundamentalen Neuanfang - und hat große Pläne. Bereits in zwei bis drei Jahren werde es eine Milliarde Geräte mit dem neuen System geben, sagte Myerson. Derzeit nutzen laut Microsoft insgesamt 1,5 Milliarden Nutzer weltweit Windows-Systeme.
Windows 10 lässt sich mit Tastatur und Maus, mit Stift oder Fingertip sowie per Sprache steuern. Damit gibt Microsoft die Priorisierung von Geräten mit berührungsempfindlichen Displays auf, mit der der Konzern so manche Nutzer verprellt hatte. Auf dem PC kann der Nutzer nun auch wieder seinen gewohnten Start-Bildschirm sehen. Windows 10 soll sich automatisch Geräte anpassen. Mit der Entwicklung „Continuum“ erkennt das System, auf welchem Gerät es läuft und optimiert die Darstellung entsprechend der Größe und Nutzung. Damit könne jedes Smartphone auch als PC genutzt werden, sagte Windows-Manager Joe Belfiore.
Wie Myerson ankündigte, wird es Windows 10 als Upgrade für ein Jahr kostenlos geben. Einen offiziellen Marktstart nannte er jedoch nicht. Möglicherweise aus Gedankenlosigkeit hatte zuletzt die Chefin des Chipdesigners AMD Ende Juli als Starttermin genannt, der von Microsoft jedoch noch nicht bestätigt wurde.
Der neue Internet Explorer heißt "Edge"
Ein großer Trumpf für Windows 10 soll auch die integrierte intelligente Sprachassistentin Cortana werden. Für den Neustart verabschiedet sich Microsoft gewissermaßen auch von seinem Internet Explorer. Der bislang unter dem Codenamen Project Spartan gehandelte Nachfolger des Browsers werde „Edge“ heißen, kündigte Befiore an.
Einen Blick in die Zukunft gewährte Mirosoft mit seiner holografischen Datenbrille HoloLens. Die Software läuft ebenfalls unter Windows 10. „Windows Holographic ist für Träumer, Kreative und - Entwickler“, sagte HoloLens-Chef Alex Kipman. Er demonstrierte an einigen Beispielen, wie holografische Bilder sich in den Raum projizieren, bewegen und nutzen lassen. Vor allem in der Architektur, Medizin oder Chemie könne HoloLens ein neues Paradigma schaffen, so Kipman. Da HoloLens in Windows 10 integriert ist und jede universale App damit als Hologramm laufen kann, dürfte es Microsoft nicht schwer fallen, die Entwickler davon zu überzeugen, schätzt J.P. Gownder von Forrester.
Die Build zählt zu den wichtigsten Entwickler-Konferenzen für Microsoft mit 5000 Software-Entwicklern sowie rund 300 Journalisten und Analysten in diesem Jahr.