Wintertourismus Milliarden für den Pistentraum

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Am stärksten leidet die Schweiz

„Umfragen belegen, dass die Größe des Skigebietes das wichtigste Entscheidungskriterium bei der Wahl des Urlaubsortes ist“, sagt der Schweizer Unternehmensberater Laurent Vanat, einer der führenden Experten für Wintersporttourismus. Und Wachstum, das dokumentiert Vanat in seinem jährlichen Report, gibt es nur noch zulasten der Konkurrenz.

Gemessen an der wichtigsten Vergleichsgröße der Branche, den sogenannten „Skifahrertagen“ – das ist die Summe aller Pistentage aller Gäste in der jeweiligen Skiregion –, stagniert der Tourismus in fast allen relevanten Destinationen seit rund fünf Jahren.

Günstigstenfalls!

Im traditionellsten aller alpinen Wintersportziele, der Schweiz, fällt die Zahl der Besuche nämlich bereits seit mehr als einem Jahrzehnt. Verglichen mit der Saison 2004/2005 liegt die Auslastung inzwischen fast 20 Prozent niedriger.

Auch weil der Schweizer Franken für ausländische Gäste immer teurer geworden ist. Bekamen Urlauber aus Euro-Staaten 2008/2009 noch 1,62 Schweizer Franken pro Euro, waren es in der vergangenen Saison nur noch 1,08 Franken.

Die beliebtesten Winterreiseziele

Mit der Folge, dass der Gästeanteil aus dem Ausland auf nur noch rund 46 Prozent gesunken ist. Früher lag er deutlich über der Hälfte aller Skiurlauber. Mehr noch, die „Schweizer, die sich heute lieber in Österreich die Bretter anschnallen, bilden den größten grenzübergreifenden Verkehrsfluss innerhalb der Alpenländer“, resümiert Marktforscher Vanat.

Doch auch bei den Profiteuren des teuren Frankens macht sich inzwischen Ernüchterung breit. Lange hatten Frankreich und – mehr noch – Österreich steigende Besucherzahlen verzeichnet. Seit 2011/2012 aber ist es auch damit vorbei. Seither sinkt auch in diesen beiden Ländern die Zahl der Skifahrertage.

„Und es ist augenfällig, dass das nicht bloß eine Frage schneereicherer oder -ärmerer Winter ist“, sagt der Schweizer Experte. „Der Trend trifft alle wichtigen Märkte, dass weniger Gäste kommen und diese auch noch kürzer bleiben.“

Unverspurte Pulverhänge - mit solchen Aussichten locken Tourismus-Verantwortliche die Skifans. Foto: TVB St. Anton a.A. / Josef Mallaun

Zwölf Euro Kosten pro Kubikmeter Kunstschnee

Die Entwicklung verschärft sich noch dadurch, dass – über alle Skigebiet betrachtet – die Zahl der skifahrtauglichen Tage in den Alpen sinkt. Gerade in tiefergelegenen Gebieten reicht der Naturschnee mitunter gar nicht mehr für einen profitablen Liftbetrieb aus.

Eine Entwicklung, gegen die sich die Ski-Destinationen mit höchst unterschiedlichem Aufwand stemmen. Während etwa in Deutschlands Hoch- und Mittelgebirgen der größte Teil der Skigebiete in Höhen liegt, bei denen sich die Kunstschneeproduktion nicht lohnt, sieht das in Österreich völlig anders aus. Durchschnittlich 130 Millionen Euro haben die Betreiber dort seit 2008 in Beschneiungstechnik investiert. Pro Jahr, wohlgemerkt.

Die Folge: Knapp zwei Drittel der Pistenkilometer können dort bei Niederschlagsmangel mit Belag aus der Schneekanone hergerichtet werden. Rund 50.000 Euro kostet eine der an überproportionale Trommeln erinnernden Schneekanonen. Friert es, können sie unzählige zu winzigsten Kugeln gefrierende Wassertröpfchen auf die Piste werfen. Aus einem Kubikmeter Wasser werden so rund 2,5 Kubikmeter Kunstschnee – jeder einzelne, je nach technischem Aufwand bei der Produktion, zwischen 2,5 und 15 Euro teuer.

Alles in allem summieren sich die Investitionen der Seilbahn- und Liftbetreiber im Alpenstaat seit 2000 auf mehr als sieben Milliarden Euro – durchschnittlich also rund 470 Millionen Euro im Jahr. Zum Vergleich: Das ist mehr als die Hälfte der Summe, mit der beispielsweise der Deutsche Bundestag jährlich im Bundeshaushalt auftaucht.

So groß die Beträge auch sind, es sind vor allem zwei Spezialunternehmen, die vom Investitionswettlauf der Alpin-Resorts profitieren.

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