Work-Life-Blending

Zu viel Flexibilität kann krank machen

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Pro flexible, virtuelle Arbeit

Es gibt kein Zurück mehr, sondern nur noch ein Vorwärts, so viel ist klar. Die Arbeitswelt hat sich verändert, wir können die Zeit nicht mehr zurückdrehen, also müssen wir die Chancen nutzen, die uns die Entwicklung gegeben hat.

Dass dabei einige Menschen auf der Strecke bleiben, ist leider so. Der Staat muss die richtigen Maßnahmen ergreifen, um diese Menschen sozial abzusichern. Aber deshalb der Automatisierung einen Riegel vorzuschieben, macht Deutschland nur eine zeitlang weniger wettbewerbsfähig und verschiebt das Problem. Denn irgendwann wird die Entwicklung hin zur automatisierten und digitalisierten Produktion ihren Lauf nehmen.


Essenzielle Flexibilität für den Fortschritt

Und wenn wir die Automatisierung und die Globalisierung weiter voranschreiten lassen, dann muss sich die Arbeitswelt anpassen. Flexible Einsatzzeiten und –orte sind dafür essenziell. Wenn die Anforderungen an die Arbeitsplätze steigen, brauchen die Unternehmen qualifiziertere Arbeitskräfte. Und die sind nicht immer an einem Ort zu finden. Modelle, wie das Cloudworking sind deshalb optimal. So kann das Wissen und Potenzial von Mitarbeitern aus aller Welt genutzt werden, die auf digitalen Plattformen zusammenarbeiten.

Für die Mitarbeiter bringt das ebenfalls nur Vorteile. Sie können von zuhause und zeitlich flexibel arbeiten und so Familie und Job miteinander vereinbaren. In einer Welt, die sowieso hauptsächlich online stattfindet, ist es nur die logische Konsequenz, dass auch der Job online ist.

Kontra flexible, virtuelle Arbeit

Flexible Arbeitsverhältnisse sind nur ein Deckmantel für prekäre Arbeitsverhältnisse. Unternehmen versuchen, damit die Sozialversicherungspflicht zu umgehen und verlangen unzählige Überstunden von ihren Mitarbeitern mit dem Argument, dass ihre Arbeitszeiten ja flexibel seien.

Die flexible Arbeit führt dazu, dass Mitarbeiter immer erreichbar sind und sein wollen. Denn Cloud- und Crowdworking führt zu wachsender Konkurrenz unter den Arbeitern. Es anonymisiert die Arbeit und macht die Arbeiter so leicht ersetzbar. Wer nicht da ist, wenn es gerade Arbeit gibt, bekommt den Auftrag auch nicht. So ist eine ständige Präsenz gefordert. Gleichzeitig senkt der Konkurrenzdruck die Löhne.

In acht Schritten zum Burn-Out

Aber Cloud- und Crowdworking sind da nur die Extremformen. Das Problem beginnt schon im Unternehmen. Moderne Kommunikationstechnologien machen es erst möglich, ständig erreichbar zu sein, zuhause noch E-Mails zu beantworten und so aber eben auch mal zuhause zu bleiben, wenn es nötig ist. Die Folge: Praktisch komplettes Work-Life-Blending.

Dieser Trend kann einigen entgegenkommen, ist aber nicht die richtige Arbeitsform für viele Arbeiter. Wenn jemand das will und schätzt, kann er gerne so arbeiten. Aber von jedem Mitarbeiter plötzlich diese Flexibilität einzufordern, kann nicht die Lösung sein. Es gibt einen Grund, warum in unserer Beschleunigungsgesellschaft (Hartmut Rosa) immer mehr Überstunden gemacht werden. Sie überhaupt erst werden möglich. Aber mit den Überstunden und dem Work-Life-Blending steigen auch Krankheiten wie Burn-Out und andere psychosoziale Störungen.

Deshalb: Flexible Arbeit ist nur dann okay, wenn der Mitarbeiter das wirklich will.

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