Dioxin Wie kommt das Gift ins Huhn?

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Maschinen- und Hydrauliköl wäre bei den Kontrollen aufgefallen

Also könnte das Gift nur durch Panscherei in die Eier gekommen sein.

Auch das ist unwahrscheinlich. Petrotec kauft weltweit Altfett ein. Mal ist mehr Palmöl dabei, mal mehr Raps- oder Sonnenblumenöl, die Zusammensetzung des Rohstoffs für den Diesel ändert sich ständig. Damit bei der Kraftstoffproduktion keine technischen Probleme entstehen, kontrolliert Petrotec routinemäßig das Fettsäurespektrum der eingekauften Öle. Auf Dioxine wird die Mixtur zwar nicht untersucht, aber es würde auffallen, sollte sich in den Chargen auch Mineralöl befinden, beispielsweise gebrauchtes Maschinen- oder Hydrauliköl, das dioxinverseucht sein könnte und als Sonderabfall entsorgt werden müsste.

Vorsichtshalber ließen die Staatsanwälte auch bei Petrotec nach Dioxin fahnden. Ergebnisse lagen bei Redaktionsschluss noch nicht vor. Erste Resultate eigener Tests des Unternehmens haben angeblich ergeben, dass die Fettsäure »fast Lebensmittelqualität hat«, sagte Petrotec-Manager Michael Fiedler-Panajotopoulos am vergangenen Dienstag. Daraus folgt allerdings nicht zwingend, dass Petrotec-Fettsäure als Quelle des dioxinverseuchten Tierfutters ausscheidet. Weil sich die Zusammensetzung der zu Biodiesel verarbeiteten Rohstoffe ständig ändert, können früher sehr wohl auch dioxinhaltige Chargen dabei gewesen sein.

Ausschließen können die Fahnder ebenso wenig, dass das Gift erst in die Fettsäure gelangt ist, nachdem sie das Petrotec-Werk verlassen hat, beispielsweise beim Transport oder durch eine Vermischung von belasteter und unbelasteter Säure. Noch wissen es die Ermittler nicht.

Hinweise geben immerhin erste Analysen der im Fett gefundenen Dioxine. Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner wollte sich zwar Anfang der Woche nicht an »Spekulationen« über die Herkunft des Dioxins beteiligen; der Dioxin-Experte Roland Weber ist jedoch davon überzeugt, dass Chlorphenole die Ursache der Dioxinkontamination sind und diese am wahrscheinlichsten aus der Pestizidanwendung stammen. Mit »an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit« sei das so, ließ auch die Verbraucherorganisation foodwatch wissen. Das aber heißt, dass das Dioxin nicht durch den Produktionsprozess, sondern durch kontaminierte Rohstoffe bei der Biodieselherstellung in die Fettsäure gekommen sein könnte.

Hochchlorierte Pestizide werden in Deutschland zwar nicht mehr verwendet, wohl aber in anderen Ländern mit Pflanzenölproduktion, beispielsweise in China und Indien. Schon auf dem Acker, aber auch beim Lagern, Trocknen, Pressen und Transportieren könnte das Gift ins Fett gelangt sein.

Erweist sich diese Fährte als richtig, ist auch nicht auszuschließen, dass Dioxinspuren bereits im Pflanzenöl enthalten waren, in einem Produkt also, das nicht nur als Rohstoff für die Dieselherstellung dient, sondern als Salatöl auch in jedem Supermarkt zu kaufen ist. Sollte es so sein, könnte die globalisierte Landwirtschaft weit mehr in Verruf geraten als durch das Treiben einiger schwarzer Schafe, die Aigner gern als Verursacher des Skandals vermutet.

Foodwatch-Chef Thilo Bode fordert deshalb, die Futtermittelhersteller zu verpflichten, jede einzelne Charge einer Futtermittelzutat auf Dioxin zu testen: »Und zwar bevor sie ins Futter gemischt wird.«

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