Fischzucht Fette Beute bei der Fischzucht

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Ein Fischmarkt mit Quelle: dpa

Allein im Nordostatlantik und in der Ostsee sind 40 der 60 wichtigsten Nutzarten, wie zum Beispiel Kabeljau, Schellfisch und Scholle stark überfischt – den Beständen werden mehr Fische entnommen als nachwachsen können. Die hochtechnisierten, hocheffektiv arbeitenden Fangflotten aus aller Welt lassen den Wildtieren keine Chance und keine Zeit, sich zu regenerieren. Noch bevor sie fortpflanzungsfähig sind, landen viele von ihnen im Netz. In den europäischen Gewässern hat die gemeinsame Fischereipolitik der Europäischen Union diese Art des großindustriellen Fischens jahrelang hoch subventioniert. Mit Steuergeldern wurden die Trawler systematisch hochgerüstet, mit neuen Suchsystemen aus der Militärforschung wie Radar, Echolot und Sonar sowie effektiven Fanggeräten ausgestattet, die jeden Quadratzentimeter des Meeres bis hinab in große Tiefen durchpflügen. Die Folge: In den neuen Schlappnetzen verfängt sich Meeresgetier aller Art und Größe, gewollt oder ungewollt als sogenannter Beifang, der von den Fischern tot oder sterbend wieder ins Meer zurückgeworfen oder zu Fischmehl verarbeitet wird. Die Folge: Seit 20 Jahren stagnieren weltweit die Fangmengen, in einigen Regionen gehen sie inzwischen auch zurück. Für die FAO wie für die Umweltstiftung WWF ist klar: Die Grenzen des Wachstums sind beim Meeresfisch überschritten, das marine Ökosystem ist ernsthaft gefährdet.

Aquakulturen sollen nun die Schere zwischen der wachsenden Nachfrage und dem sinkenden Angebot schließen. Fast jeder zweite Speisefisch, der in diesen Tagen in Pfanne oder Kochtopf landet, kommt von kommerziell betriebenen Fischfarmen an Land oder im Meer. „Die Fischzuchtanlagen sind der am schnellsten wachsende Sektor der Nahrungsmittelindustrie“, berichtet Volker Hilge von der Bundesforschungsanstalt für Fischerei in Hamburg. Längst geht es nicht nur um Forellen, Lachse oder Aale – über 240 Fischsorten werden inzwischen in Aquakulturen herangezogen. Rund 80 Millionen Tonnen Fisch und andere Meeresfrüchte wie Garnelen, Hummer und Austern im Wert von knapp 100 Milliarden Dollar wurden auf diese Weise im vergangenen Jahr nach vorläufigen Schätzungen gewonnen. Und der Druck, die Kapazitäten der Zuchtanlagen noch weiter auszubauen, ist riesig. Fischzuchtanlagen finden sich längst nicht mehr nur an Land, in Flussmündungen oder Fjorden. Der neuste Trend sind Anlagen von riesigen Ausmaßen, die weit draußen auf offener See schwimmen und mit Schiffen regelmäßig „abgeerntet“ werden.

Das Ziel ist klar: Massentierhaltung unter Wasser. Das ist aber nicht so einfach, wie es sich anhört. An Land züchteten Menschen Rinder, Schweine oder Legehennen im Laufe von mehreren Tausend Jahren zu Nutztieren um. Fische hingegen sind die einzigen Tiere auf unserem Speiseplan, die heute immer noch überwiegend wild gejagt und gefangen werden. „Vor 6000 Jahren haben Menschen begonnen, Schweine zu domestizieren, jetzt erst fangen wir bei den Fischen an“, sagt Hilge. Die Züchter stehen dabei vor großen Herausforderungen:

Die Zuchttiere haben keine einheitliche genetische Ausstattung: Lachs ist nicht gleich Lachs, die Fische wachsen deshalb beispielsweise unterschiedlich schnell. Wegen der unterschiedlichen Wachstumsgeschwindigkeit müssen die Tiere in den Becken immer wieder neu nach Größen sortiert werden. Fische sind früh geschlechtsreif. Dann ist das Fleisch der Tiere kaum noch genießbar.

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