Ablenkung und Suchtgefahr Wieso Handys für Kinder gefährlich sind

Smartphones haben die Kinderzimmer im Sturm erobert. Nun zeigt eine Studie von Medienforschern aus Mannheim: Die neuen digitalen Begleiter des Nachwuchses bergen durchaus Risiken und Nebenwirkungen.

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Fast jeder zehnte junge Smartphone-Besitzer ist suchtgefährdet. Quelle: dpa

Smartphones setzen Kinder unter Stress. Das geht aus einer Studie von Forschern der Uni Mannheim hervor. Jeder vierte der befragten 8- bis 14-Jährigen gab an, sich durch die permanente Kommunikation über Messenger-Dienste wie WhatsApp gestresst zu fühlen. Fast jeder zehnte (acht Prozent) junge Smartphone-Besitzer nutzt sein Gerät derart exzessiv, dass er als suchtgefährdet gilt.

Für die Erhebung im Auftrag der Landesmedienanstalt NRW haben die Forscher 500 Kinder und Jugendliche im Alter von 8 bis 14 Jahren, aber auch Eltern befragt. Die Studie, die vorgestellt wurde, sei damit repräsentativ für die Handybesitzer dieser Altersgruppe.

Fast die Hälfte erklärte, durch das Handy etwa von den Hausaufgaben abgelenkt zu werden (48 Prozent). Jeder Fünfte gab schulische Probleme durch seine starke Handy-Nutzung zu (20 Prozent). Jeder Siebte (15 Prozent) bemängelt, dass die echten Kontakte zu Freunden zu kurz kommen. Jeder Zehnte (11 Prozent) ist bereits Opfer digitalen Mobbings oder von Ausgrenzung aus WhatsApp-Gruppen geworden.

Dass der Anbieter WhatsApp junge Internetnutzer eigentlich von seinem Dienst ausschließt, zeigt wohl kaum Wirkung. Laut der Allgemeinen Geschäftsbedingungen sei der Service für Kinder unter 16 Jahren nicht bestimmt, heißt es dort. „Wenn Du unter 16 Jahre alt bist, hast Du keine Erlaubnis, den WhatsApp-Service zu nutzen.“

Zehn Wege, um die Handy-Sucht zu besiegen
Alternative zum Smartphone findenAuf dem Handy gibt es viel zu tun: WhatsApp, Facebook, Twitter, E-Mails oder News-Portale checken. Suchen Sie sich eine Alternative, die einen ähnlichen Charakter wie das Smartphone mitbringt. Greifen Sie etwa stattdessen zu Hause oder in der Bahn mal zu einem Buch. Das Lesen löst den ständigen Blick aufs Smartphone ab und senkt mit der Zeit das Bedürfnis, immer wieder draufzuschauen. Quelle: dpa
Eine Armbanduhr tragenViele verzichten mittlerweile auf Armbanduhren und schauen auf ihr Handy, um die Uhrzeit zu erfahren. Wenn Sie sich vom Smartphone unabhängiger machen wollen, dann ist das der falsche Weg. Tragen Sie eine Armbanduhr und nutzen Sie sie nicht nur als Modeaccessoire, sondern dafür, wofür sie gemacht ist. Quelle: dpa
Online-Profile ausdünnenMan muss nicht auf jeder Hochzeit tanzen: Weniger soziale Netzwerke bedeuten weniger Statusmeldungen. Wer sich mehr Zeit für die Welt jenseits des Smartphone-Displays wünscht, sollte seine Apps kritisch prüfen - und sich von ein paar Online-Profilen lösen. Quelle: dpa
Nicht mit dem Smartphone bezahlenMit dem Smartphone zu bezahlen ist im Supermarkt, in Hotels oder Restaurants auf dem Vormarsch. Dieser Trend bedeutet allerdings noch mehr Griffe zum Handy. Stattdessen sollten Sie die dazugehörigen Apps löschen und lieber auf das gute, alte Portemonnaie setzen. Quelle: AP/dpa
Schlichte Höflichkeitsformen beachtenWer beim Essen oder im Gespräch mit anderen zum Smartphone greift, ist schlichtweg unhöflich. Vermeiden Sie das und konzentrieren Sie sich lieber auf Ihr Umfeld und Ihre Gesprächspartner. Sie werden es Ihnen danken. Quelle: Fotolia
Feste Handy-Pausen nehmenWer beruflich ständig über dem Smartphone hängt, sollte sich über den Tag verteilt immer wieder feste Handy-Pausen verordnen. Die Zeit lässt sich für einen kurzen Spaziergang oder zum Kaffeeholen nutzen. Quelle: dpa
Klingelton oder Vibration ausschaltenAus den Ohren, aus dem Sinn: Wer seinen Klingelton oder die Vibration abschaltet, ist gelassener und kann sich besser auf andere Dinge konzentrieren. Quelle: dpa

Die exzessive Nutzung der Smartphones durch Kinder und Jugendliche sei auch durch die Angst getrieben, aus dem Kommunikationsprozess des Freundes- oder Bekanntenkreises ausgeschlossen zu werden, sagte Karin Knop von der Uni Mannheim. So entstehe ein „permanenter Kommunikationsdruck“.

Hinzu kommen gesundheitliche Risiken: Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) warnte unlängst vor psychischen und körperlichen Beeinträchtigungen. Mediziner beobachten demnach einen Anstieg an Überforderung, Kopfschmerzen oder ADHS, der mit der wachsenden Nutzung der digitalen Medien zusammenhänge.

Und erst in der vergangenen Woche wiesen Experten auf eine zunehmender Kurzsichtigkeit bei Kindern und Jugendlichen hin. Schon heute seien mehr junge Leute betroffen als noch vor wenigen Jahrzehnten, sagte der Spezialist für Kinderaugenheilkunde am Universitätsklinikum Freiburg, Prof. Wolf A. Lagrèze.

Eine Kurzsichtigkeit ist Folge eines zu starken Längenwachstums des Augapfels vor allem zwischen dem 6. und 18. Lebensjahr - in dem Alter, in dem viele kaum vom Handy oder Computer wegzubekommen sind.

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