Abschied von der grünen Biotechnik Genfood: Deutschland steht sich selbst im Weg

Massiver Verbraucherwiderstand auf der einen – Arroganz und Übertreibung auf der anderen Seite: Ein dogmatischer Grabenkrieg hat Deutschland um die grüne Biotechnik gebracht.

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Die Angst vor dem Genfood hat Forscher in Deutschland ausgebremst. Quelle: AP

Petunien waren die ersten Opfer. Als Forscher vom Kölner Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung (MPIPZ) im Frühsommer 1990 gut 30.000 Exemplare dieser lachsroten, weil gentechnisch veränderten Balkonpflanzen unter freiem Himmel anbauten, erkoren Gentechnikgegner Köln zu ihrem Lieblingsziel: Mehrfach buddelten sie die Blumen aus und verwüsteten Versuchsfelder.

Keinen Deut besser erging es in den Jahren danach Kartoffeln, Zuckerrüben und Mais in Deutschland, wenn Forscher deren Erbgut verändert hatten. Daneben demonstrierten Verbraucher und Umweltschutzverbände auf legale Weise ihren Unmut. Und auch Politiker wie die ehemalige CSU-Landwirtschafts- und Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner stellten sich gegen Gentechnik auf dem Teller.

Wo es Essen ohne Gentechnik gibt
Verbraucher wollen keine Gentechnik. Etwa 83 Prozent der deutschen Verbraucher lehnen nach einer Forsa-Umfrage (Juni 2012) gentechnisch veränderte Lebensmittel ab. Ein Grund, warum es hierzulande kaum Lebensmittelhersteller gibt, die Zutaten aus Gen-Pflanzen direkt verarbeiten. Nicht ganz so erfreulich schaut es hingegen bei tierischen Artikeln wie Fleisch, Eiern und Milch aus, denn 80 Prozent der Gen-Pflanzen landen am Ende im Tierfutter. Quelle: dpa
Die Umweltorganisation Greenpeace präsentiert in ihrer neuen Broschüre „Essen ohne Gentechnik“ die Ergebnisse einer spannenden Untersuchung. Die Experten haben getestet, ob Markenhersteller bei tierischen Produkten Gen-Pflanzen im Tierfutter einsetzen und zeigen, welche Supermarktketten auf Produkte ohne Gentechnik setzen. Quelle: dpa
Platz 1: AlnaturaDer südhessische Bio-Händler Alnatura schneidet am besten ab. Hier werden nur Produkte aus biologischer Produktion verkauft, die frei von Gentechnik sind. Die Naturkostkette vertreibt auch Bio-Lebensmittel unter einer eigenen Marke, die auch in Partnerschaft mit anderen Händlern wie dm, Tegut und Budni verkauft werden. In der ökologischen Landwirtschaft sind Gentechnik in Lebensmitteln oder im Tierfutter sowie chemisch-synthetische Spritzmittel tabu. Auch die Tierhaltung erfolgt nach strengeren Kriterien und Kontrollen. Quelle: dpa
Platz 1: DennreeDer Bio-Großhändler Dennree, der seinen Hauptsitz im Nordbayrischen Töpen hat, teilt sich den ersten Platz mit Alnatura und setzt ebenfalls keine Gen-Pflanzen ein; auch in der Tierfütterung nicht. Mit einem Umsatz von 420 Millionen Euro hat Dennree im vergangenen Jahr ein zweistelliges Wachstum von 12,8 Prozent erreicht. Das 1974 gegründete Unternehmen gilt als Bio-Pionierunternehmen und startete damals mit vier Bio-Milchprodukten in den Handel. Inzwischen sind täglich gut 200 firmeneigene Lkws unterwegs, um über 1.300 Naturkostfachgeschäfte in Deutschland, Österreich, Luxemburg und Südtirol/Italien mit inzwischen über 11.000 Artikeln zu beliefern. (Foto: Dennree GmbH) Quelle: PR
Platz 2: TegutDie deutsche Supermarktkette Tegut legt viel Wert auf Bio-Ware und Produkte ohne Gentechnik. Kunden, die in einem Tegut-Markt einkaufen, erkennen das an dem Logo auf den Produkten. Die Firma hat als erste Kette ihre Eigenmarken bei Milch, Sahne, Schmand und Joghurt mit dem „Ohne Gentechnik“-Siegel ausgezeichnet und betreibt sogar eine eigene Fleischerei für Schweineprodukte. Unter der Eigenmarke „LandPrimus“ garantiert Tegut eine gentechnikfreie Fütterung. Andere Eigenmarken, bei deren Herstellung auf Gentechnik verzichtet wird, sind „tegut...Bio“, „Herzberger Bäckerei“ und „Rhöngut“. Außerdem alle Eiermarken. Quelle: dpa
Platz 3: Aldi NordBio-Lebensmittel vom Discounter sind beliebt und müssen nicht mehr teuer sein. Inzwischen gibt es auch bei Aldi eine Menge Natur-Lebensmittel. Im Greenpeace-Ranking landet Aldi Nord auf dem dritten Platz, weil der Konzern seit zehn Jahren bei der Geflügelfütterung auf Gentechnik verzichtet. Nur bei Schweine- und Rindfleisch könnte das Engagement wohl noch etwas mehr sein. Mit „Gut Bio“ bietet Aldi Nord eine Eigenmarke an, bei deren Herstellung auf den Einsatz von Gentechnik verzichtet wird - das gilt auch für alle Eiermarken. Bei Hähnchen- und Putenfleisch sind es die Marken „Bauernglück“ und „Farmfreude“. Quelle: dpa
Platz 4: Aldi Süd Identisch sieht es bei dem Discounter Aldi Süd aus, der ebenfalls mit zusätzlichen Bio-Produkten mehr Kunden in seine Filialen locken will. Vor zehn Jahren hat sich das Unternehmen bei der Geflügelfütterung von Gentechnik verabschiedet. Nachholbedarf besteht jedoch noch bei Schweine- und Rindfleisch. Aldi Süd hat mit der Eigenmarke „bio“ ein garantiert gentechnikfreies Produkt im Regal. Außerdem sind alle Eiermarken gentechnikfrei. Quelle: dpa

So viel ist klar: Die meisten Deutschen und Europäer wollen (siehe Grafik unten) die vermeintlich beängstigenden Biotech-Produkte nicht haben. Auch wenn Beweise für konkrete Gefahren fehlen, ist den meisten Menschen nicht geheuer, wie Forscher munter Erbanlagen aus dem einen Organismus in den nächsten bugsieren – etwa Quallengene im Weizen.

International abgeschlagen

Die Folgen dieser Ablehnung reichen aber viel weiter als die Frage, ob eine Sorte Kartoffeln mehr oder weniger auf den Märkten landet: Die Freiheit zum Verbraucherwiderstand bremste die Freiheit der Forscher aus. Diffuse Ängste auf der einen und Unfähigkeit zur Kommunikation in Teilen der Industrie auf der anderen Seite ramponierten den Forschungsstandort Deutschland.

Waren gerade die Kölner Forscher in den Achtzigerjahren weltweit hoch angesehen, weil sie viele der Methoden zum Verschieben der Gene entwickelten, ist Deutschland durch die Ablehnung der Verbraucher und strenge Gentechnikgesetze bei der Forschung heute abgeschlagen. Die industrielle Forschung bei der Pflanzenbiotechnologie ist sogar fast ganz gestoppt.

Wie viel Prozent der Landwirte und Verbraucher gentechnisch veränderte Pflanzen für notwendig halten, um genügend Lebensmittel zu produzieren. (zum Vergrößern bitte anklicken)

Während Vertreter der sogenannten „roten“, der medizinischen Biotechnologie mit hochwirksamen Gentech-Medikamenten etwa gegen Krebs Ängste der Verbraucher verscheuchen konnten, ist das den „grünen“ Forschern mit ihren genoptimierten Gewächsen nie gelungen. Als Folge davon haben die großen Agrarchemiekonzerne Bayer und BASF ihre Entwicklungsaktivitäten in Sachen grüner Gentechnik komplett ins Ausland verlegt.

Transgene Pflanzen sind nun in Deutschland tabu – sowohl an den BASF-Standorten Limburgerhof und Gatersleben als auch auf dem 200 Hektar großen Bayer-Versuchsgut Laacher Hof bei Monheim. Mehr als 100 Stellen verlegte die BASF Plant Science (BPS) Anfang 2012 in die USA und ins benachbarte Belgien nach Gent, zusammen mit Forschungssummen von jährlich rund 150 Millionen Euro.

Keine Besserung in Sicht

Was steckt in unserem Essen?
Gestreckter KaffeeUm mehr Geld zu verdienen kommt es immer wieder vor, dass Hersteller ihren Kaffee strecken. Dafür mischen sie laut einer NDR-Reportage den gemahlenen Bohnen zu etwa zehn Prozent den Stoff Maltodextrin bei. Dabei handelt es sich um eine Zuckerart, die in der Lebensmittelindustrie als günstiger Füllstoff eingesetzt wird. Auch Karamell wird zum Strecken verwendet. Kunden sollten im Supermarkt bei der Aufschrift "Melange" hellhörig werden. Auch im Kleingedruckten geben die Hersteller an, ob sie das Produkt gestreckt haben. Damit gibt es keine rechtlichen Konsequenzen. Quelle: dpa
Ewig frisches FleischSeit Tagen liegt das Hackfleisch im Kühlschrank und noch immer sieht es frisch aus. Die Lebensmittelindustrie macht es möglich, indem sie einfach ein Gasgemisch mit viel Sauerstoff in die Verpackung pumpt. Dadurch bleibt das Fleisch optisch frisch. Am Geschmack lässt sich das Alter dann aber doch erkennen. Das Max-Rubner-Institut hat herausgefunden, dass derartig behandelte Ware ranzig schmeckt. Außerdem soll das Gasgemisch das Wachstum bestimmter Bakterien fördern. Quelle: dpa
Gefärbte OlivenIm Handel werden sowohl schwarze als auch grüne Oliven vertrieben. Schwarze Oliven gelten dabei als besondere Delikatesse, da sie schon reif und damit vollmundiger im Geschmack sind. Die grünen Oliven sind noch sehr jung und damit eher herb und säuerlich im Geschmack. Weil sich die schwarzen Exemplare besser verkaufen lassen, sind findige Hersteller auf die Idee gekommen, grüne Oliven einfach schwarz zu färben. Rein optisch ist es sehr schwer die echten von den gefälschten schwarzen Oliven im Glas unterscheiden zu können. Wer wissen will, welche Oliven er kauft, muss einen Blick auf die Zutatenliste werfen. Sind die Stabilisatoren Eisen-2-Gluconat oder Eisen-2-Lactat aufgelistet, handelt es sich um Trickserei. Quelle: Blumenbüro Holland/dpa/gms
Natürliche AromenVielen Verbrauchern ist es wichtig, dass in Produkten keine oder zumindest wenig Chemie enthalten ist. Wer aber darauf vertraut, dass in einer Erdbeermarmelade mit "natürlichen Aromen" nur Erdbeeren und Zucker enthalten sind, der kann sich täuschen. Natürliche Aromen können nämlich auch pflanzliche Öle sein, die dem Obstgeschmack nahe kommen. Quelle: dpa
PestoSo beklagt die Verbraucherorganisation Foodwatch, dass beispielsweise im Pesto Verde der Marke Bertolli (Unilever) Cashewnüsse, Pflanzenöl, Aroma und Säuerungsmittel enthalten sind. Dabei wirbt Unilever mit "original italienischer Rezeptur", "nur die besten Zutaten", "feinstes Bertolli Olivenöl" und Pinienkernen. Mehr als ein Fingerhut voll Olivenöl muss aber gar nicht drin sein und auch die teuren Pinienkernen müssen nur zu einem geringen Teil enthalten sein. Quelle: Fotolia
PuddingAuch im Pudding muss nicht drin sein, was draufsteht: So reicht es beispielsweise, wenn im Schokoladenpudding ein Prozent echtes Kakaopulver enthalten ist. Der Rest darf eine bunte Mischung aus Aromen, Zucker, Fett und Gelatine sein. Nur wenn weniger als ein Prozent Kakao - also Schokolade - im Schokopudding ist, muss das entsprechend deklariert werden. Quelle: dpa/dpaweb
FruchtsaftgetränkeAuch bei Fruchtsäften müssen Verbraucher aufmerksam sein. Nur, wenn auf der Packung "Fruchtsaft aus 100 Prozent Frucht" steht, ist tatsächlich nichts anderes drin. Die deutsche Fruchtsaftverordnung erlaubt allerdings auch die Verwendung von Fruchtsaftkonzentrat und 15 Gramm zusätzlichem Zucker pro Liter Saft. Saft aus Zitronen, Limetten, Bergamotten und schwarzen, roten oder weißen Johannisbeeren darf mehr Zucker zugesetzt werden. Beim Fruchtnektar handelt es sich dagegen um eine Mischung aus Fruchtsaft und/oder Fruchtmark, Wasser und Zucker. Der Fruchtanteil beträgt 25 bis 50 Prozent. Noch niedriger ist der Fruchtanteil bei Fruchtsaftgetränken: Bei Orangensaft liegt dieser bei sechs Prozent, bei Traubensaft und Apfelsaft bei 30 Prozent. Bei Eistees reicht es, wenn Obst auf der Packung abgebildet ist, enthalten sein muss keins. So beanstandet Foodwatch den Pfanner-Eistee "Zitrone-Physalis", in dem die Menge an Physalis ist so gering ist, dass sie nicht einmal deklariert werden muss. Im zwei-Liter-Karton sind außerdem enthalten: 44 Stück Würfelzucker, 15 Prozent gelber Tee, Aromen und E330 (Zitronensäure). Quelle: dapd

Weil parallel dazu kleine, vielversprechende deutsche Biotech-Gründungen von großen Konzernen geschluckt wurden – zum Beispiel Plantec von Bayer, Metanomics und Sungene von BASF –, wandern deren Forscher gleich mit ab. „Sungene schließt Ende 2013 die Pforten“, sagt etwa deren Mitgründer Uwe Sonnewald. Er hat sich in Erlangen wieder auf die Grundlagenforschung verlegt. Aber selbst da falle es schwer, sehr gute Studenten für Pflanzenwissenschaften zu begeistern.

Umso mehr als auch der Europäische Gerichtshof Mitte Dezember wegen Verfahrensfehlern die Zulassung der gentechnisch veränderten Amflora-Kartoffel gekippt hat. Auf deren Zulassung hatte BASF 13 Jahre lang gewartet.

Besserung ist nicht in Sicht – schon gar nicht in Deutschland. „Weit ab von jeder rationalen Begründung wird der Forschungsstandort Deutschland auf diesem wichtigen Zukunftsfeld ausgebremst“, sagt Ulrich Wobus. Er leitete bis 2007 das Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung in Gatersleben in Sachsen-Anhalt – neben Köln und Potsdam das deutsche Zentrum für die Anwendungsforschung transgener Pflanzen.

Dabei verfolgten die Gen-Ingenieure hehre Ziele: Sie wollten per Gentransfer Pflanzen leistungsfähiger und robuster gegen Schädlinge und Klimaschwankungen machen – und so auch die Ernährung für immer mehr Erdenbewohner sichern.

Warum gerade die Europäer bei Gentechnik im Essen so misstrauisch sind, hat mehrere Gründe. Angst ist einer davon. Die Enthüllungen rund um die BSE-Krise in den Neunzigerjahren haben das Vertrauen der Verbraucher in die Lebensmittelindustrie nachhaltig erschüttert. Übertreibung ist ein weiterer: Anfangs habe die Branche grüne Gentechnik viel zu positiv dargestellt, räumt Philip von dem Bussche ein, der Chef des Saatgutherstellers KWS: „Da müssen wir uns als Branche an die eigene Nase fassen.“ Auf Genfood gegen Herzinfarkt und Falten etwa können die Verbraucher wohl noch lange warten.

Das passt zum grundlegenden Marketingproblem der grünen Gentechnik: Anders als bei Biotech-Medikamenten haben die Verbraucher bisher keinen erfahrbaren Nutzen vom Genfood. Und die Landwirte, die von ertragreicheren Sorten profitieren könnten, setzen in Europa mit seiner landwirtschaftlichen Überproduktion ohnehin eher auf Klasse statt Masse.

Ultraplumper Lobbyismus

Die Geschichte der Genetik
Bereits Wissenschaftler der Antike interessierten sich für Fragen der Vererbung. Etwa 500 vor Christus erklärte der griechische Philosoph Anaxagoras, dass der Embryo im männlichen Spermium bereits vorgeformt sei. Dass nur der Mann Erbanlagen besitze, behauptete auch Aristoteles etwa 100 Jahre später. Ähnliche Vorstellungen hielten sich noch bis in die Neuzeit hinein, da es an Instrumenten und Technik fehlte, um tiefer in die Forschung eintauchen zu können. Quelle: Gemeinfrei
Den Grundstein zur sogenannten modernen Vererbungslehre legte Gregor Johann Mendel. Der Augustinermönch schrieb 1865 die sogenannten Mendelschen Regeln nieder. Sie erfassen bis heute die Prinzipien für die Vererbung körperlicher Merkmale. In seiner Forschung experimentierte Mendel mit Erbsen, und zwar mit sieben unterschiedlichen Merkmalen reinrassiger Erbsenlinien, und fasste die Ergebnisse seiner Kreuzungsversuche zu drei Grundregeln zusammen. Quelle: Gemeinfrei
1869 wurden in Fischspermien erstmals Nukleinsäuren, die Bausteine der DNA (Desoxyribonukleinsäure), entdeckt. Den Zusammenhang zur Struktur der Erbsubstanz konnten Wissenschaftler bis dahin jedoch nicht herstellen. Erst 19 Jahre später entdeckte Wilhelm von Waldeyer (im Bild) die Chromosomen in menschlichen Zellen. Quelle: Gemeinfrei
1890 wies dann der deutsche Biologe Theodor Boveri nach, dass die Chromosomen Träger der Erbinformation sind.  Quelle: Gemeinfrei
William Bateson war es, der 1906 den Begriff "Genetik" für die Vererbungsgesetze einführte. Quelle: Gemeinfrei
Bereits 1903 vermutete der amerikanische Biologe Walter S. Sutton, dass paarweise auftretende Chromosomen Träger des Erbmaterials sind. Dieser Ansatz wurde ab 1907 von Thomas Morgan an der Drosophila melanogaster (eine Taufliegenart) verfolgt und ausgebaut. Morgan gelang es, Gene als Träger der geschlechtsgebundenen Erbanlagen an bestimmten Stellen der Taufliegen-Chromosomen zu lokalisieren. Für diese Leistung erhielt er 1933 den Nobelpreis für Medizin. Quelle: dpa
James Watson (im Bild) entdeckte gemeinsam mit seinem Kollegen Francis Crick 1953 die Doppelhelixstruktur der DNA. Sie stellten fest, dass das DNA-Molekül ein dreidimensionaler, spiralförmiger Doppelstrang ist, in dessen Innenraum sich die vier Basen immer paarweise zusammenschließen. Das Besondere an dieser Struktur sei, so die beiden Forscher, dass sie sich selbst kopieren könne. Damit hatten Watson und Crick auch den Mechanismus der Vererbung erklärt. Dafür erhielten auch sie den Nobelpreis. Quelle: dpa

Hinzu kommt, dass auch bei der Vermittlung des Themas allerhand schiefging: So brachte etwa der US-Saatgut- und -Spritzmittelkonzern Monsanto, den Gentech-Gegner nur „Monsatan“ nennen, 1996 gentechnisch veränderte Sojabohnen in Europa auf den Markt – ohne Kennzeichnung. Die wurde damals zwar von den Verbrauchern gefordert, war aber in der EU noch nicht vorgeschrieben. In quasikolonialistischer Manier versuchte Monsanto die vermeintlich technophoben Europäer zu belehren, was gut für sie sei. Gezielte Fehlinformationen und ultraplumper Lobbyismus gehörten dabei zum Repertoire.

Der Streit eskalierte über die Jahre, sodass heute kaum noch eine sachliche Debatte möglich ist. Und dieser Dogmatismus hat längst beide Seiten befallen.

Einziger Hoffnungsschimmer scheint in diesen trüben Zeiten Einbeck in Südniedersachsen zu sein. Dort hält der Weltmarktführer für Zuckerrübensaatgut – die 3.500 Mitarbeiter starke KWS – die Fahne grüner Gentechnik made in Germany hoch: „Wir bleiben hier“, sagte KWS-Chef von dem Bussche, als BASF den Rückzug aus Deutschland bekannt gab. Er baut keine Arbeitsplätze ab, sondern 70 neue Stellen in der Forschung und Züchtung auf.

„Wir wollen, dass unsere Molekularbiologen eng mit unseren Pflanzenzüchtern zusammenarbeiten, damit wir weltweit immer besseres Saatgut für die Landwirte anbieten können“, sagt von dem Bussche. Allerdings verkauft auch er in Europa nur noch konventionell hergestelltes Saatgut. Die Gentech-Ware geht ausschließlich nach USA, Südamerika und Asien.

Um das Ruder hier noch einmal herumzureißen, sind vielleicht ganz neue Ansätze nötig. Etwa Aquarienfische, die dank eines Fluoreszenzgens aus einer Qualle knallgrün oder neonorange aufleuchten, wenn das Aquarienlicht einen hohen Blauanteil enthält. Yorktown Technologies aus Texas verkauft die Fische unter dem Namen Glofish seit 2003. Während die Zierfische in Europa nicht vertrieben werden dürfen, hat der US-Künstler Zack Denfeld sie bereits in einem Koch-Video zu Sushi-Rollen verarbeitet. Beim Essen darf die UV-Lampe nicht fehlen, damit der Leuchteffekt auf dem Teller zur Geltung kommt.

Ob solche Partygags europäische Genfood-Gegner auf den Geschmack bringen werden, bleibt allerdings abzuwarten.

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