Comeback von „Philae“ möglich Warten auf „Tschuris“ Kometenschweif

Von einer Raumsonde begleitet rast „Tschuri“ Richtung Sonne. Experten erwarten spektakuläre Einblicke, wenn sich der Schweif des Kometen bildet. Das Mini-Labor „Philae“ könnte ein Comeback feiern.

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In Kometen stecken die wahrscheinlich ältesten weitgehend unveränderten Reste aus der Zeit vor 4,6 Milliarden Jahren, in der sich das Sonnensystem bildete. Quelle: dpa

Darmstadt „Tschuri“ wird nicht aus den Augen gelassen. Das auf dem Kometen gelandete Mini-Labor „Philae“ ist wegen Strommangels zwar in einem Dornröschenschlaf – die Raumsonde „Rosetta“ beobachtet „Tschuri“ aber weiter. Voraussichtlich im kommenden August ist der Komet der Sonne am nächsten. Auf seinem Weg dorthin wird er mit seinem Schweif auf die zunehmende Hitze reagieren – ein Schauspiel, das noch nie aus dieser Nähe beobachtet wurde.

„Der Komet wird Richtung Sonne sehr viel aktiver werden“, sagt „Rosetta“-Flugdirektor Andrea Accomazzo von der Europäischen Weltraumagentur Esa. „Das wird interessant.“ Von dem kosmischen Brocken, dessen Aussehen mit einer Quietsche-Ente verglichen wird, ist schon bekannt, dass er nach faulen Eiern und Pferdestall riecht. Dies könnte noch überboten werden: „Rosetta“ habe Instrumente dabei, mit denen „Tschuri“ auch erschmeckt werden könne.

In Kometen stecken die wahrscheinlich ältesten weitgehend unveränderten Reste aus der Zeit vor 4,6 Milliarden Jahren, in der sich das Sonnensystem bildete. „Umso wärmer der Bursche in der Nähe der Sonne wird, desto mehr Gase kommen aus seinem Innern. Was aus dem Innern kommt, ist unverändert“, erklärt Gabriele Arnold, „Rosetta“-Wissenschaftlerin am Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin-Adlershof.

Ende Januar soll „Rosetta“ die derzeitige Umlaufbahn verlassen und sich dem Kometen in Tiefflügen bis auf acht Kilometer nähern. Sonde und Lander haben insgesamt etwa 20 Instrumente an Bord. Zu denen „Rosettas“ gehört „Virtis“ vom DLR, an dem Arnold mitarbeitet.

Das Spektrometer soll die Zusammensetzung und die Temperatur der Kometenoberfläche messen und die Gasmoleküle in der Koma um den Kometenkern erfassen. Herausgefunden wurde mit „Virtis“ bereits, dass die Oberfläche nicht nur von Eis, sondern auch von dunklem Staub bedeckt ist.


Im Frühling 2015 könnte sich „Philae“ wieder melden

Die Wissenschaftler hoffen auch, durch Experimente Antworten auf die Frage zu bekommen, wie das Leben auf der Erde entstand. Inzwischen ist zum Beispiel klar, dass sich das Wasser von „Tschuri“ deutlich vom Wasser der Ozeane auf der Erde unterscheidet - Hauptquelle für irdisches Wasser dürften Kometen also vermutlich nicht sein.

Möglicherweise wird „Philae“ näher an der Sonne wieder aufwachen und den Koloss mit vollem Namen „67P/Tschurjumow-Gerassimenko“ untersuchen helfen. „Im Mai/Juni 2015 könnte sich „Philae“ wieder melden“, hofft Projektleiter Stephan Ulamec vom DLR in Köln. „Etwas später ist dann möglich, dass die Batterien wieder aufgeladen sind und „Philae“ den Kometen vielleicht sogar anbohrt.“

Das Mini-Labor war Mitte November nach zehnjähriger Reise auf dem Kometen gelandet. Allerdings setzte „Philae“ nach zwei Sprüngen anders als geplant an einer schattigen Stelle des Kometen auf – und kann nun weit weniger Sonne tanken als geplant. Schon kurz nach der Landung waren die Batterien leer.

„Rosetta“ hatte das waschmaschinengroße Labor nach dem Start am 2. März 2004 auf einer etwa 6,4 Milliarden Kilometer langen Reise zu „Tschuri“ gebracht. Das Magazin „Science“ kürte die spektakuläre Mission zum wissenschaftlichen Durchbruch des Jahres 2014. Das Fachblatt „Nature“ zählt „Rosetta“-Flugdirektor Accomazzo zu den zehn wichtigsten Forschern des Jahres.

Drei Wochen nach der Landung nahm unterdessen erneut ein deutsches Gerät Kurs auf einen fernen Himmelskörper: der Asteroidenlander „Mascot“ des DLR an Bord der japanischen Sonde „Hayabusa2“. Ziel ist der rund 300 Millionen Kilometer von der Erde entfernte Asteroid „1999 JU3“, den die Sonde in rund vier Jahren erreichen soll. Mit Hilfe eines eingebauten Schwungarms kann „Mascot“ bis zu 70 Meter weit hüpfen - und so erstmals an verschiedenen Orten auf einem Asteroiden Messungen vornehmen.

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