Demenzdorf Hameln Hilfe gegen das Vergessen

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Mangel an Pflegepersonal

Laumann ist Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium und Kopf hinter der geplanten Reform. Einer der seltenen Politiker, die noch klare Sätze sprechen. So redet Laumann auch nicht drumherum, dass auch zusätzliches Geld die Probleme bei der Versorgung von Demenzkranken nicht lösen wird. Ohne die Angehörigen werde auch künftig nicht viel gehen. Ein pharmazeutischer Durchbruch?

Laumann hat da nicht viel Hoffnung. Er glaubt: Die hohen Anforderungen an Pflege und Betreuung bleiben. „Und auch wenn wir sie bezahlen könnten, wir finden gar nicht so viele Pflegeprofis, wie wir brauchen können“, sagt Laumann. Laut Schätzungen wären jährlich 20.000 Pflegekräfte zusätzlich in Deutschland nötig.

Was an den Krebs-Mythen dran ist
Die Zahl der Krebs-Neuerkrankungen hat sich laut eines Expertenberichts seit 1970 fast verdoppelt Quelle: dpa
Krebs ist ansteckendDieses Vorurteil hält sich standhaft. Dabei ist wissenschaftlich eindeutig nachgewiesen, dass Krebs weder über den normalen Umgang mit Patienten noch über die Pflege, nicht einmal über Sex, übertragen werden kann. Denn Patienten scheiden die Krebszellen nicht aus. Kommt ein Mensch versehentlich mit Tumorgewebe direkt in Berührung, erkennt das Immunsystem die fremden Körperzellen und eliminiert sie. Derzeit geht die Wissenschaft davon aus, dass dieser Schutzmechanismus sogar funktioniert, wenn man eine Bluttransfusion mit dem Blut eines Krebskranken verabreicht bekommt.Quelle: Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums Quelle: dpa/dpaweb
Abtreibung löst Brustkrebs ausDieses Gerücht ist eine echte Belastung für alle Frauen, die sich im Laufe ihres Lebens einmal gegen ein Kind entscheiden mussten. Ausgangspunkt ist eine Studie aus den USA, die weltweit in den Medien zitiert wurde. Diese legte nahe, dass Abtreibungen das Risiko für ein Mammakarzinom erhöhe. Kritiker bemängelten, dass mit der Studie keine Krebshäufung unter betroffenen Frauen nachgewiesen werden konnte. Auch ließe sich gar nicht ablesen, dass Abtreibung und Brustkrebs ursächlich etwas miteinander zu tun hätten. Mittlerweile wurden fundierte Studien durchgeführt, die zeigen, dass Schwangerschaftsabbrüche und auch ungewollte Fehlgeburten als Risiko für Brustkrebs relativ sicher ausgeschlossen werden können. Quelle: dpa
Zu enge BHs verursachen BrustkrebsAuch diesen Mythos schürte ein Buch aus den USA. Darin hieß es, dass das Abklemmen der Lymphbahnen dazu führe, dass der Stoffwechsel nicht gut funktioniere und Schadstoffe nicht abwandern könnten. Ein Beweis oder eine wissenschaftliche Quelle für diese Behauptung konnten die Autoren jedoch nicht liefern. Inzwischen ist klar: Das Tragen von Büstenhaltern beeinflusst das Brustkrebsrisiko nicht, egal ob zu eng oder gut passend, mit Bügel oder ohne. Quelle: dpa
Viele Lebensmittel sind für Krebspatienten giftigSo viele Ratschläge Freunde und Bekannte auch auf den Lippen haben, eine sogenannte "Krebsdiät" gibt es nicht. Häufig wird vor Kartoffeln, Tomaten oder Schweinefleisch gewarnt, die angeblich giftig für Krebspatienten seien. Tatsächlich enthalten die Nachtschattengewächse Kartoffeln und Tomaten in ihren grünen Pflanzenteilen das schwach giftige Solanin. Krebs fördert dieser Stoff jedoch nicht. Das Gerücht, Schweinefleisch sei schädlich, scheint eher einen weltanschaulichen oder religiösen Hintergrund zu haben. Wissenschaftliche Belege, dass das Fleisch ungesund ist, gibt es jedenfalls nicht. Quelle: dpa
Krebsrisiko steigt nach einer SterilisationFührt eine Durchtrennung der Eileiter oder Samenstränge zur Empfängnisverhütung zu Krebs? Hierauf ist die Antwort nicht so eindeutig zu geben. Bei Frauen konnte die Vermutung, eine Unterbindung der Eileiter führe zu Eierstockkrebs, bislang nicht durch Studien belegt werden. Bei Männern sieht die Sache etwas anders aus: Jahrelang galt eine Vasektomie als ungefährlich. Das Risiko, an Hodenkrebs zu erkranken, scheint tatsächlich nicht anzusteigen. Bei Prostatakrebs hingegen sehen die Wissenschaftler noch offene Fragen. Eine US-Studie die im Journal of Clinical Oncology veröffentlicht wurde und 50.000 Männer über einen Zeitraum von 24 Jahren beobachtete, wies auf einen leichten Anstieg aggressiver Prostatakarzinome nach einer Vasektomie hin. Der Mechanismus dahinter ist aber noch unklar. Quelle: dpa
Übergewicht macht krebskrankEs gibt Studien, die sich mit der Frage beschäftigt haben, ob es einen Zusammenhang zwischen dem eigenen Körpergewicht und Brustkrebs gibt. Und tatsächlich müssen Frauen, die nach den Wechseljahren deutlich übergewichtig sind, mit einer höheren Erkrankungswahrscheinlichkeit leben. Für jüngere Frauen wurde dieser Zusammenhang bisher nicht bestätigt. Laut dem Krebsinformationsdienst laufen hierzu aktuell noch weitere Studien. Quelle: dpa

„So wie wir flächendeckend für Kinderbetreuung auch für ganz Kleine gesorgt haben, müssen wir tagsüber überall im Land Angebote für Hochbetagte schaffen“, fordert der Staatssekretär, „die mittlere Generation ist tagsüber im Beruf eingespannt.“ Wie das bezahlt werden soll, sagt Laumann nicht. Letztendlich sagt der Sozialpolitiker: „Wir werden uns alle an das Bild Demenzkranker gewöhnen müssen, auf der Straße, beim Einkaufen, im Bekanntenkreis. Enge Angehörige sollten keine Scheu haben, den Partner mit in die Öffentlichkeit zu nehmen.“

Bis 2025 Kampf gegen Alzheimer gewonnen haben

Das alles klingt wenig hoffnungsvoll; nach dem typisch deutschen Zögern, Zaudern und Zerreden. Dabei ist die Hoffnung auf wesentliche Durchbrüche nicht komplett aufgegeben. In Deutschland nicht, noch weniger aber in einigen anderen Ländern.

So fördern deutsche Ministerien seit Jahren und auch weiterhin die Erforschung der Ursachen von Demenz und möglicher Therapien dagegen mit Millionenbeträgen. Noch ein bisschen pfiffiger stellt das derzeit der britische Premierminister David Cameron an: Der Konservative stellt einen Millionen-Pfund-Betrag bereit, um in einer Art staatlich-privater Partnerschaft einen Risikokapitalfonds zu gründen. Neben der britischen Regierung zahlen dort in diesen Wochen auch viele große Pharma- und Biotech-Konzerne ein. Ihr Ziel: bis 2025 den Kampf gegen Alzheimer endgültig gewonnen zu haben. Cameron hatte dazu auch die G7-Staaten schon verpflichtet.

Und auch die Börse ist, wie es in überhitzten Zeiten nicht überrascht, optimistisch: Als in den USA Axovant, das über gerade mal einen medikamentösen Hoffnungswert verfügt, an den Markt ging, erzielte es eine Rekord-Erstbewertung von 2,2 Milliarden Dollar. Natürlich, kein Land hat ein Patentrezept für den Umgang mit Millionen Altersdementen. Und Investitionen allein können den Erfolg eines Medikamentes nicht erzwingen.

Doch die Hoffnung stirbt zuletzt. Und wenn es nur die Hoffnung ist, dass die Kinder von Dieter Jorek oder Wilma Dohmeyer nicht auch dereinst im Pflegeheim sitzen und sich selbst verlieren.

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