Wer nach seinem Smartphone greift, hält oft eine ausgezeichnete Erfindung in der Hand: Im Display des Telefons sorgen, wie in vielen Computern und Fernsehern, Leuchtdioden (LEDs) für das nötige Licht. Für die Entwicklung blauer Leuchtdioden, ohne die sich kein weißes LED-Licht erzeugen lässt, bekommen drei gebürtige Japaner in diesem Jahr den Nobelpreis für Physik. Die LEDs von Isamu Akasaki (85), Hiroshi Amano (54) und Shuji Nakamura (60) werden nach Ansicht des Nobel-Komitees die komplette künstliche Beleuchtung revolutionieren.
Die Physik-Nobelpreisträger der vergangenen zehn Jahre
John Mather und George Smoot, beide USA - für die Untersuchung der kosmischen Hintergrundstrahlung.
Peter Grünberg, Deutschland und Albert Fert, Frankreich - für die Entdeckung des Riesenmagnetwiderstands (GMR).
Makoto Kobayashi und Toshihide Maskawa, beide Japan - für die Entdeckung des Ursprungs des gebrochenen Symmetrie, welche die Existenz von mindestens drei Quarkfamilien voraussagt.
Yoichiro Nambu, USA - für die Entdeckung des Mechanismus der spontanen Symmetriebrechung in der Elementarteilchenphysik.
Charles Kuen Kao, USA/Großbritannien - für seine Erfolge auf dem Gebiet der Lichtleitung mittels Fiberoptik für optische Kommunikation.
Willard Sterling Boyle, USA/Kanada; George Elwood Smith, USA - für die Erfindung des CCD-Sensors.
Andre Geim, Niederlande und Konstatin Nowoselow, Großbritannien/Russland - für grundlegende Experimente mit dem zweidimensionalen Material Graphen.
Saul Perlmutter, USA, Brian Schmidt, Australien und Adam Riess, USA - für die Entdeckung der beschleunigten Expansion des Universums durch Beobachtungen weit entfernter Supernovae.
Serge Haroche aus Frankreich und David Wineland, beide USA - für Fallen, mit denen sich geladene Teilchen (Ionen) und Licht (Photonen) einfangen lassen. Sie schufen damit Grundlagen für genauere Uhren und grundsätzlich neue Computer.
Der Belgier François Englert und der Brite Peter Higgs für die Vorhersage des Higgs-Teilchens.
Die gebürtigen Japaner Isamu Akasaki, Hiroshi Amano und Shuji Nakamura für die Erfindung hocheffizienter Lichtquellen. Die blau leuchtenden Dioden ermöglichen helle und energiesparende LEDs.
Der Japaner Takaaki Kajita und der Kanadier Arthur McDonald. Sie hatten nachgewiesen, dass Neutrinos eine Masse besitzen. Die winzigen neutralen Elementarteilchen durchströmen das All und selbst Mauern.
Die gebürtigen Briten David Thouless, Duncan Haldane und Michael Kosterlitz. Sie haben exotische Zustände beschrieben, die eine Relevanz für Quantencomputer und neue Materialien haben könnten.
„Glühbirnen haben das 20. Jahrhundert erleuchtet, das 21. Jahrhundert wird von LED-Lampen erleuchtet werden“, begründete das Komitee die Entscheidung. LEDs verbrauchen demnach nur etwa ein Viertel so viel Strom wie Energiesparlampen und halten zehnmal länger.
LEDs schonen mit ihrem niedrigen Energie- und Materialverbrauch nicht nur die Ressourcen der Erde. Sie bieten auch den 1,5 Milliarden Menschen auf der Welt, die ohne Stromnetz leben, die Chance auf künstliche Beleuchtung. Die dafür nötigen Batterien lassen sich beispielsweise mit einfachen Solarmodulen laden.
„Aber es gibt auch noch andere Anwendungen, die heute vielleicht noch nicht so weit verbreitet sind“, erläuterte der Vorsitzende des Nobel-Komitees, Per Delsing. „Vielleicht gibt es in Zukunft tragbare LED-Geräte zur Wasserdesinfektion, denn UV-Licht kann Bakterien töten.“ Inzwischen lässt sich mit Leuchtdioden auch ultraviolettes (UV) Licht erzeugen.
Rund drei Jahrzehnte lang hatten Forscher versucht, weißes LED-Licht zu produzieren. Leuchtdioden können immer nur Licht genau einer Farbe aussenden, weißes Licht ist jedoch eine Mischung mehrerer Farben: Um es zu bekommen, muss man Rot, Grün und Blau mischen, wie bereits der britische Physiker Isaac Newton im 17. Jahrhundert gezeigt hat.
Die Farbe einer LED hängt von den verwendeten Halbleitermaterialien ab. Rote und grüne LEDs gibt es seit den 1960er Jahren. Schon früh war zudem klar, dass Galliumnitrid ein vielversprechendes Material für blaue Leuchtdioden war. Doch es schien lange unmöglich, Galliumnitrid-Kristalle in der nötigen Qualität zu züchten.
Zehn Mythen über den Nobelpreis
Richtig. Adolf Hitler wurde 1939 von dem schwedischen Abgeordneten E.G.C. Brandt für den Preis nominiert, der „Brüderlichkeit unter den Nationen“ und weltweite Abrüstung vorantreiben soll. Brandt zog die Nominierung später zurück und erklärte, sie sei satirisch gemeint gewesen. Die Episode zeigt, dass praktisch jedermann nominiert werden kann. Über die Aussichten, den Preis tatsächlich zu bekommen, sagt eine Nominierung nichts aus.
Falsch. Der Friedensnobelpreis wird, wie von Alfred Nobel verfügt, in Oslo verkündet und verliehen. Warum Nobel das so wünschte, ist nicht bekannt.
Richtig. Der Preis für Wirtschaftswissenschaften zählte nicht zu den fünf Auszeichnungen, die Alfred Nobel in seinem Testament für die Kategorien Medizin, Physik, Chemie, Literatur und Frieden forderte. Er wurde 1968 zu Ehren Nobels von der schwedischen Zentralbank gestiftet. Er wird gemeinsam mit den anderen Preisen bekanntgegeben, ist mit demselben Preisgeld in Höhe von acht Millionen schwedischen Kronen (878.000 Euro) dotiert und wird bei der jährlichen Nobelpreiszeremonie im Dezember verliehen. Doch formal ist er kein Nobelpreis. Der offizielle Name lautet „Alfred-Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften der schwedischen Reichsbank“.
Richtig. Das Geschlecht spiele bei ihrer Entscheidung über die Preisträger jedoch keine Rolle, sagen die Nobel-Juroren. Das Verhältnis spiegele nur die historische Dominanz von Männern in vielen Forschungsbereichen wider.
Falsch. Seit 1974 werden von den Preiskomitees nur lebende Personen berücksichtigt. 2011 machte die Nobelstiftung allerdings eine Ausnahme: Erst unmittelbar nach der Bekanntgabe des Preises für Medizin hatte sich herausgestellt, dass einer der Geehrten, der kanadische Immunforscher Ralph Steinman, wenige Tage zuvor gestorben war. Die Stiftung beließ es bei der Entscheidung, Steinmans Anteil am Preisgeld ging an seine Hinterbliebenen.
Falsch. Die Französin Marie Curie gewann 1903 den Preis für Physik und 1911 den für Chemie. Der US-Chemiker und Friedensaktivist Linus Pauling erhielt 1954 den Nobelpreis für Chemie, acht Jahre später wurde er mit dem Friedensnobelpreis geehrt.
Falsch. Der redegewandte, konservative britische Politiker Winston Churchill erhielt zwar einen Nobelpreis, allerdings in der Kategorie Literatur. Er wurde damit 1953 „für seine meisterlichen historischen und biografischen Schilderungen sowie für brillante Rhetorik bei der Verteidigung erhabener menschlicher Werte“ ausgezeichnet.
Falsch. Die Nobelstatuten besagen, dass die Auszeichnungen unter mehreren Preisträgern aufgeteilt werden können, doch in keinem Fall „darf eine Preissumme unter mehr als drei Personen aufgeteilt werden“.
Richtig. Die Nobelstatuten sind diesbezüglich eindeutig. Wer einen Nobelpreis bekommen hat, behält ihn für immer. Paragraf 10 lautet: „Gegen die Entscheidung eines Preisgremiums dürfen keine Einsprüche bezüglich der Zuerkennung eines Preises erhoben werden.“ Online-Petitionen, die zum Entzug eines bestimmten Preises aufrufen, sind daher wirkungslos.
Falsch. Es gibt keine Obergrenze, wie oft jemand mit einem Nobelpreis geehrt werden kann. Der US-Wissenschaftler John Bardeen gewann den Preis für Physik zweimal, 1956 und 1972. Der britische Biochemiker Frederick Sanger erhielt zwei Preise für Chemie, 1958 und 1980.
Mit allerlei chemischen und physikalischen Tricks und einer großen Portion Hartnäckigkeit schafften Akasaki und Amano sowie Nakamura unabhängig voneinander den Durchbruch: Anfang der 1990er Jahre präsentierten sie die ersten blauen LEDs.
„Dank der blauen Leuchtdiode können wir jetzt weiße Lichtquellen bekommen, die eine sehr hohe Energieausbeute und eine sehr lange Lebensdauer haben“, betonte Delsing. „Ich glaube, dass Alfred Nobel sehr zufrieden wäre mit diesem Preis. Es ist wirklich eine Erfindung, etwas, dass den meisten Menschen zugutekommt.“
„Die blaue LED ist eine grundlegende Erfindung, die mit hohem Tempo die Art und Weise verändert, wie wir Licht in alle Winkel unserer Häuser, Straßen und Arbeitsplätze bringen - eine angewandte Erfindung, die aus einem grundlegenden Verständnis der Festkörperphysik stammt“, lobte der Direktor des American Institute of Physics (AIP), Frederick Dylla, in einer Stellungnahme.
Im Internationalen Jahr des Lichts, das die Vereinten Nationen für 2015 ausgerufen haben, wollen die Physiker nicht nur die Anwendung der Leuchtdioden in der Beleuchtung feiern, sondern auch im High-Tech-Bereich. So haben die jetzt nobelpreisgekrönten Forscher auch einen blauen Laser auf Basis ihrer blauen LEDs erfunden. Das hat zur Entwicklung der Blu-ray-Disc als leistungsfähigerem Datenspeicher geführt..