Ebola-Verdacht erhärtet sich nicht „Wir leben noch!“

Bis zu 800 Menschen mussten am Dienstag in einem Berliner Job-Center ausharren. Eine Frau stand im Verdacht, mit Ebola infiziert zu sein. Trotz Entwarnung: Bei den Betroffenen bleibt ein ungutes Gefühl zurück.

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Polizistin und Mädchen vor dem Job-Center in Berlin: Die Menschen hätten nicht gewusst, was los sei. Quelle: dpa

Berlin Feuerwehrleute und Polizisten tragen Mundschutz. Hunderte Menschen sitzen in einem Berliner Job-Center fest. Anspannung liegt in der Luft. Ein Mann schlägt von innen gegen die Scheibe der Drehtür. „Lasst mich raus“, schreit er. Doch das Job-Center im Bezirk Pankow ist abgeriegelt –wegen eines Ebola-Verdachts. Eine 30-jährige Frau, die acht Tage zuvor in Nigeria gewesen sei, habe Symptome der tödlichen Infektionskrankheit wie hohes Fieber gezeigt, sagt ein Sprecher der Feuerwehr.

Eine 46 Jahre alte Berlinerin, die am Dienstagvormittag in das Center ging, berichtet: Sie habe das Gebäude gerade wieder verlassen wollen – da seien die Türen geschlossen worden. Die Menschen hätten nicht gewusst, was los gewesen sei und auf den Treppen gewartet.

Erst als es unruhig wurde und einige lautstark Auskunft verlangten, habe jemand die Wartenden informiert: Es sei eine Vorsichtsmaßnahme, wahrscheinlich habe ein Besucher eine Infektionskrankheit. Ein komisches Gefühl sei das gewesen, aber Angst habe sie nicht gehabt, erzählt die Frau.

Schätzungsweise 600 bis 800 Menschen waren nach Angaben der Feuerwehr in dem Gebäude, als der Alarm ausgelöst wurde. Wer den Notruf wählte, war unklar: Wegen einer Übung waren die Computer in der Leitstelle der Feuerwehr heruntergefahren. Alles sei zu Trainingszwecken nur auf Zetteln notiert worden, sagte ein Sprecher.

In Westafrika hat die Ebola-Epidemie schon mehr als 1200 Menschen das Leben gekostet. Eine Einschleppung nach Europa gilt aber als unwahrscheinlich. In Deutschland hat sich bisher keiner der Verdachtsfälle bestätigt. Auch bei der Berliner Patientin sei das unwahrscheinlich, teilte die Sprecherin der Gesundheitsverwaltung mit.

In dem Gebiet, in dem die Frau gewesen sei, sei bislang niemand an Ebola erkrankt. Experten der Charité gingen am Nachmittag davon aus, dass das Fieber der Frau mit großer Wahrscheinlichkeit nicht von Ebola stammt.


„Bei Ebola gilt immer erst der Verdacht auf einen Verdacht“

Trotzdem herrscht auch in dem Berliner Job-Center sofort große Vorsicht. Ein Amtsarzt eilt zur Patientin. Sie und mehrere Menschen, die Kontakt zu ihr hatten, werden isoliert. Die Frau, die einen deutschen Pass haben soll, wird in die Infektionsabteilung des Virchow-Klinikums der Charité gebracht. Auch zwei andere Menschen und vier Einsatzkräfte seien in die Klinik gebracht worden, sagt ein Feuerwehrsprecher.

„Seit der Ebola-Epidemie in Westafrika schulen wir unsere Notärzte auch für Noteinsätze bei Verdachtsfällen. Wir gehen da sehr niedrigschwellig heran, die Information von Fieber in Kombination mit Afrika reicht im Moment schon aus“, sagt der leitende Notarzt der Feuerwehr. Symptome wie Kopfschmerzen, Durchfall und Gliederschmerzen könnten tausend Ursachen haben. „Deshalb gilt bei Ebola auch immer erst der Verdacht auf einen Verdacht.“ Oft sei es dann doch Malaria.

Ein spezieller Rettungswagen, der mit Isolierbereichen auch für Ebola-Infizierte gerüstet sei, sei diesmal nicht zum Einsatz gekommen – die Patientin saß schon in einem anderen Wagen.

Nach etwa zwei Stunden dürfen alle das Gebäude wieder verlassen. Polizisten gehen hinein und informieren Besucher und Mitarbeiter. Einige, die herauskommen, rufen den Journalisten zu: „Wir leben noch!“

Ob die Patientin wirklich an dem tödlichen Ebola-Virus erkrankt ist, muss ein Bluttest zeigen. Am Nachmittag wurde auch das Klinikgelände, wo es auch eine Isolierstation für Seuchenfälle gibt, vorsorglich abgeriegelt.

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