Energiespeicher Wie Forscher die Batterie neu erfinden

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Autoindustrie setzt auf stromspeicherndes Karbon

Grüner High-Tech für Stadt und Land
Schlafkapsel von Leap-Factory Quelle: PR
Prototyp eines wärmespeichernden Grills Quelle: PR
Mini-Windkraftwerk von MRT Wind Quelle: PR
Leuchtendes Kindle-Cover Quelle: PR
Selbstversorgende Insel in der Südsee Quelle: PR
Tomaten in einem Gewächshaus Quelle: dpa
Ein Schild mit der Aufschrift "Genfood" steckt in einer aufgeschnittenen Tomate neben einem Maiskolben Quelle: dpa/dpaweb

Ein ganz anderes Garn setzen Forscher aus Großbritannien und Schweden unter Spannung: die Kohlefaser. Ziel des Projekts, an dem auch der Autohersteller Volvo beteiligt ist: Ganze Bauteile aus Kohlefaserverbundmaterial, umgangssprachlich Karbon genannt, sollen zu Stromspeichern werden. Fahrzeughersteller könnten damit die Reichweite von Elektroautos erhöhen, weil sie fast ohne Zusatzgewicht einen weiteren Akku an Bord haben.

Ein Ansatz der Forscher ist, Karbonbauteile zu Superkondensatoren zu machen. Diese speichern Strom nicht wie eine Batterie durch eine langsame chemische Reaktion. Stattdessen bauen sie blitzschnell ein elektrisches Feld auf – ideal, um Bremsenergie rasch aufzunehmen und beim Beschleunigen wieder abzugeben. Je größer die Oberfläche ihrer Elektroden ist, desto mehr Energie bringen sie unter. Darum verpasst ein Team am Imperial College in London den Kohlefasern einen mikroskopisch feinen Pelz und tränkt sie mit flüssigen, leitfähigen Salzen.

Akkus aus Karbon

Der Prototyp speichert ein Viertel Wattstunden pro Kilogramm – 500 Mal weniger als in Lithium-Ionen-Akkus. „In ein bis zwei Jahren wollen wir 20 Wattstunden erreichen“, sagt Co-Forscher Joachim Steinke. Ein Elektroauto wie der Nissan Leaf mit 500 Kilogramm des Superwerkstoffs erhielte zehn Kilowattstunden Leistung oder 67 Kilometer Reichweite dazu. Zudem würde das Auto leichter und so noch sparsamer.

Einen anderen Weg verfolgen Wissenschaftler am schwedischen Polymerfaserforschungsinstitut Swerea Sicomp. Sie wollen Karbon in eine Batterie verwandeln. Dazu bauen sie einen speziellen Kunststoff in den Kohlefaserverbund ein. Die Karbon-Batterie erreicht eine Energiedichte von etwa zehn Wattstunden pro Kilogramm. In den nächsten Jahren wollen die Forscher den Wert verzehnfachen und sich damit der Leistung von Handyakkus annähern.

In Laptops, die immer leistungsstärker und darum auch stromhungriger werden, könnten dann Karbongehäuse die bisherigen Akkus womöglich komplett ersetzen.

Kleinkraftwerk im menschlichen Körper

Mediziner versuchen unterdessen ein ganz anderes Energieproblem zu lösen: Im Innern des menschlichen Körpers setzen sie vermehrt Geräte ein, die Strom brauchen – Sonden beispielsweise, die in Arterien den Blutdruck messen, oder Herzschrittmacher. Bei Letzteren tauschen Chirurgen etwa alle acht Jahre den Akku aus. Wissenschaftler am Institut für Mikrosystemtechnik der Universität Freiburg wollen diese unangenehme Prozedur überflüssig machen. Sie beschichten die Außenhaut des Schrittmachers mit einer dünnen Oberfläche aus Edelmetallen. Dadurch entsteht eine Brennstoffzelle, die den Blutzucker spaltet und aus der frei werdenden chemischen Energie Strom erzeugt.

Solche sogenannten Biobatterien, die Elektrizität aus Zucker, Fetten oder Eiweiß gewinnen, wecken sogar das Interesse von Elektronikherstellern wie Sony. Die Japaner haben ein würfelförmiges Kraftwerk mit rund zwei Zentimeter Seitenlänge entwickelt, das aus Zuckerlösung 50 Milliwatt Strom erzeugt – genug, um einen MP3-Player zu betreiben. Ein anderes Minikraftwerk füttern die Forscher mit Altpapier. Theoretisch könnte ein A4-Blatt so viel Energie wie sechs AA-Batterien liefern.

Dass wir morgen Cola und Papierschnipsel in unser Handy träufeln, ist zwar unwahrscheinlich. Eine Grußkarte mit Sonys Biobatterie spielt aber bereits Musik ab, wenn man Orangensaft auf das Papier spritzt: Unterhaltung, bis der Saft ausgeht.

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