Gefährlicher Keime Fünf Patienten sterben im Uni-Klinikum Kiel

Ein gegen Antibiotika resistenter Keim hat sich im Universitätskrankenhaus in Kiel ausgebreitet. Fünf Patienten starben bereits, mehrere haben sich infiziert. Noch sind viele Details unklar.

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Im Universitätskrankenhaus Schleswig-Holstein in Kiel infizierten sich insgesamt 19 Patienten mit Keimen, von denen bereits fünf verstarben. Quelle: dpa

Kiel Fünf gestorbene Patienten am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) in Kiel hatten neben ihren teils schweren Erkrankungen auch einen gefährlichen Keim im Körper. Der Chef des UKSH, Prof. Jens Scholz, sagte am Freitag, aktuell sei noch bei 14 Patienten das multiresistente Acinetobacter baumannii nachgewiesen. Einige Patienten seien erkrankt, bei anderen sei das Bakterium nur nachgewiesen, verursache aber aktuell keine Symptome.

Um die Sicherheit und Hygiene im Krankenhaus zu gewährleisten, sei die internistische Intensivstation für Neuaufnahmen bis auf weiteres geschlossen. Dies gelte auch für eine der drei Einrichtungen der operativen Intensivstation. Ein Kliniksprecher sagte, es sei aber unklar, ob bei ihnen der Erreger oder die jeweilige Vorerkrankung die Todesursache war. „Zur Eindämmung des Infektionsrisikos werden betroffene Patienten umgehend strikt isoliert“, hieß es. Als Überträger werde ein Patient vermutet, der im Dezember aus dem Mittelmeerraum ins UKSH verlegt worden war. Auch er ist inzwischen gestorben.

Bei dem Erreger handele sich um ein gegen vier Antibiotikagruppen resistentes Acinetobacter baumannii. Das Bakterium zählt zu den sogenannten MRGN (multiresistenten gramnegativen Erregern) und kommt im Wasser und in der Erde vor. Bei immungeschwächten Menschen kann es Lungenentzündungen, Wundinfektionen und Sepsis verursachen. Ihre Behandlung ist erheblich erschwert, weil bei ihnen nur noch wenige Mittel überhaupt gegen eine Infektion helfen.

Am Kieler Klinikum wurde ein Teil der Intensivstationen vorsichtshalber bis auf weiteres geschlossen. Wegen der Resistenzen des Keims stellt die Therapie der Betroffenen eine besondere Herausforderung dar. Mit einem umfassenden Screening soll nun geprüft werden, ob es weitere Keimträger gibt. Räumlichkeiten und Geräte würden gründlich desinfiziert, hieß es.

Massive Kritik übte die Deutsche Stiftung Patientenschutz mit Sitz in Dortmund. „Das Uni-Klinikum Kiel scheint beim Management von multiresistenten Keimen und infizierten Patienten überfordert zu sein“, sagte Vorstand Eugen Brysch. „Wie kann ein Patient aufgenommen werden, ohne ihn vorher einem Screening zu unterziehen?“ Auch hätten die ersten Maßnahmen gegen den Keim offenkundig nicht ausgereicht. „Wir haben Tote zu beklagen – und wissen nichts über die Anzahl.“

Der Stiftung zufolge sterben pro Jahr etwa 40.000 Menschen an Krankenhausinfektionen. „Davon wären 20.000 durch Hygienemaßnahmen vermeidbar“, sagte Brysch. Acinetobacter baumannii spielt in Deutschland bisher eine vergleichsweise geringe Rolle, in vielen Ländern zählt er jedoch zu den wichtigsten Krankenhauskeimen überhaupt, vor allem auf Intensivstationen. Ausbrüche hierzulande gehen daher häufig auf Patienten zurück, die zuvor im Ausland behandelt wurden.

Die Übertragung erfolgt über direkten Körperkontakt oder indirekt über Gegenstände, aber auch über die Luft. Die Erreger können lange in trockener Umgebung überleben.

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