Globalisierung Verwandlung der Nachmacher

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Das erste in Indien entwickelte Medikament

Die Unternehmer der Globalisierung
America MovilCarlos Slim: Der GünstlingDass der Mexikaner Carlos Slim zum reichsten Mann der Welt und zum Global Player in der Telekommunikation aufsteigen konnte, hat er der Regierung in Mexico City zu verdanken. Als die staatliche Telefongesellschaft Telmex 1990 privatisiert wurde, bekam sein Konsortium den Zuschlag – zum Schnäppchenpreis von 1,8 Milliarden Dollar. Auch danach konnte er sich auf staatliche Schützenhilfe verlassen: Wettbewerber wurden kaum zugelassen, sogar die Gesprächsgebühren durfte der Telekomunternehmer ungestört erhöhen. Mit den Monopolgewinnen finanzierte der Günstling der Regierenden eine beispiellose Expansion in Mittel- und Südamerika: Bis auf Costa Rica, Venezuela und Bolivien ist America Movil in allen Ländern vertreten. Mit knapp 250 Millionen Kunden gehört das Unternehmen zu den größten Mobilfunkbetreibern weltweit und hat sogar die Deutsche Telekom überholt. Jetzt wagt Slim den Sprung nach Europa. Er hat den Aktionären des holländischen Telekomkonzerns KPN ein Übernahmeangebot für knapp 28 Prozent der Anteile unterbreitet. Auch in Österreich, bei Telekom Austria, will Slim seinen Anteil von derzeit vier Prozent aufstocken. Dass der Mexikaner sich überhaupt nach Europa traut, ist nach Ansicht von Telekom-Chef René Obermann auch die Schuld der europäischen Regulierungsbehörden. Sie hätten mit dem Absenken der Mobilfunkentgelte den Aktien der europäischen Telekom-Konzerne geschadet − und damit Slims Offerten erst ermöglicht. Quelle: dpa
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Bisher stellte der Konzern Kopien patentfreier Medikamente her, sogenannte Generika. Anfang 2012 aber präsentierte Bhatnagar die Eigenkreation Synriam; das erste je in Indien entwickelte Medikament. Es bekämpft Malaria, an der laut Weltgesundheitsorganisation eine Viertelmilliarde Menschen im Jahr erkranken. Mit weniger als einem Euro kostet eine Synriam-Tablette die Hälfte bisheriger Produkte. Auch westliche Forscher hatten ihren Wirkstoff Arterolane zuvor untersucht. Doch sie gaben auf, während Bhatnagars Team die Forschung zu Ende führte.

Auch bei Software treiben weltweit tätige indische IT-Schmieden wie Infosys und Wipro Innovation und Ausbildung von Fachkräften voran. So unterhält Infosys in der südindischen Stadt Mysore eine eigene technische Hochschule mit 10 000 Studenten – ebenso viele wie die Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin. Infosys ist damit Vorbild für viele ähnliche, unternehmensfinanzierte Ausbildungsstätten.

Indien exportiert neue und erschwingliche Produkte

Aber indische Unternehmen setzen nicht nur auf Hochtechnologie. Sie glänzen auch mit sogenannter "frugaler Innovation", sprich Low- statt High-Tech. Das sind keine Billigversionen bestehender Produkte, sondern Eigenentwicklungen für Märkte in armen Ländern, für die Produkte westlicher Konzerne zu teuer sind.

So hat etwa die Chemiesparte des Mischkonzerns Tata neue Wasserfilter entwickelt. Sie nutzen einen Materialmix aus der Asche von Reisschalen sowie Silber-Nanopartikeln, um Trinkwasser von Bakterien und Viren zu reinigen. Die Geräte kosten mit 24 Dollar nicht mal ein Drittel westlicher Filter. Inzwischen exportiert Indien derart innovative, aber erschwingliche Produkte im Wert von 70 Milliarden Dollar, vor allem nach Vietnam und Bangladesch.

Längst eifern auch andere aufstrebende Länder der asiatischen Aufholjagd nach und prägen den globalen Forschungsatlas. In Brasilien etwa schlagen sich Biotechnologen des Kosmetikherstellers Natura Cosméticos mit Macheten durch den Amazonasdschungel und ersteigen mit Bergausrüstung Wipfel von Riesenbäumen. Ihr Ziel: wirksame pflanzliche Rohstoffe, auf deren Basis sie neue Pflegeprodukte entwickeln. Dafür landete der Konzern auf Platz acht der "Forbes"-Liste der innovativsten Unternehmen weltweit, vor westlichen Konkurrenten wie Beiersdorf und L’Oréal.

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