Im Porträt Die Nobelpreisträger 2013

Alljährlich ehren die Nobelpreiskomitees in Stockholm und Oslo herausragende Wissenschaftler, Literaten und Friedensaktivisten. Heute werden die Preise in Oslo und Stockholm vergeben. Die Preisträger 2013 in Kurzporträts.

Eugene Fama gehört zu den meistzitierten Ökonomen. Seine eigene Universität beschreibt ihn als den „Vater des modernen Finanzwesens“. Er beschäftigt sich mit dem Verhalten von Anlegern, der Entwicklung von Geldanlagen und der Unternehmensfinanzierung. Er vertritt dabei die Auffassung, dass Finanzmärkte funktionieren, wenn alle Teilnehmer die gleichen Informationen haben. Auf lange Sicht könne auch kein Anleger besser abschneiden als der Gesamtmarkt. Die Hauptschuld für die Finanzkrise sieht Fama nicht bei den Märkten, sondern bei der US-Politik, die gewollt habe, dass selbst finanzschwache Bürger noch einen Kredit für ihr eigenes Haus bekommen. Das Platzen der Immobilienblase in den USA war der Ausgangspunkt für die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise. Auch Fama wurde mit dem Preis der Deutschen Bank ausgezeichnet und zwar vor der Krise im Jahr 2005. Er habe „die Lehre, Forschung und Praxis im Bereich Finanzen weltweit nachhaltig geprägt“, hieß es damals zur Begründung. Fama wurde 1939 in Boston geboren und machte seinen Doktor (Ph.D.) 1964 an der University of Chicago, wo er noch heute lehrt. Quelle: AP
Robert Shiller hat den monatlich erscheinenden Case-Shiller-Index mitentwickelt, der die Wertentwicklung von US-Eigenheimen widerspiegelt. Besonders während der Finanzkrise vor fünf Jahren wurde der Index zu einem wichtigen Indikator, wie es um die Wirtschaft des Landes steht. Der vom US-Finanzdienstleister Standard & Poor's berechnete Case-Shiller Home Price Index hatte den Einbruch auf dem US-Häusermarkt früh gezeigt. Shiller hatte in seinem 2000 erschienenen Buch „Irrational Exuberance“ (deutscher Titel: „Irrationaler Überschwang“) die Bildung von Spekulationsblasen auf Aktien- und Immobilienmärkten beschrieben. 2009 bekam er den Preis der Deutschen Bank, weil er Instrumente entwickelt habe, um Übertreibungen an den Märkten zu erkennen und vor deren Risiken zu warnen. Mit seinen Beiträgen in der Wirtschaftskolumne der „New York Times“ erreicht Shiller eine breite Masse an Lesern. Er wurde 1946 in der Autostadt Detroit geboren. Er machte seinen Doktor (Ph.D.) 1972 am Massachusetts Institute of Technology. Heute lehrt er an der Yale University. Quelle: REUTERS
Lars Peter Hansen beschäftigt sich mit der Einbeziehung von mathematischen und statistischen Methoden in die Wirtschaftswissenschaften (die sogenannte Ökonometrie oder englisch Econometrics). Hansens Schaffen hat Bezüge zu Konsum, Geldanlage und der Entwicklung von Vermögenswerten. Sein Buch „Robustness“ (Robustheit), das er zusammen mit dem 2011-er Nobelpreisträger Thomas Sargent schrieb, dreht sich um das Treffen von Entscheidungen in unklaren Situationen. Lars Peter Hansen ist Jahrgang 1952. Er machte seinen Doktor (Ph.D.) 1978 an der University of Minnesota. Heute arbeitet er wie sein Mitpreisträger Fama an der University of Chicago. Quelle: dpa
FriedensnobelpreisDer diesjährige Friedensnobelpreis geht an die Organisation für das Verbot von Chemiewaffen in Den Haag. Das Komitee verwies auf den aktuellen Anlass der Chemiewaffen-Vernichtung in Syrien. Dies unterstreiche die Notwendigkeit, die Bemühungen zur Ächtung der Waffen zu verstärken. Die OPCW arbeitet derzeit gemeinsam mit Experten der Vereinten Nationen daran, rund 1000 Tonnen chemischer Waffen in Syrien bis Mitte kommenden Jahres zu vernichten. Zweck der Organisation ist die Umsetzung der Chemiewaffenkonvention.>> Hier finden Sie ausführliche Informationen zur OPCW Quelle: dpa
LiteraturDie kanadische Autorin Alice Munro wurde mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet. Die Schwedische Akademie ehrte sie als „Meisterin der zeitgenössischen Kurzgeschichte“. Munro wurde bereits drei Mal mit dem Governor General's Preis geehrt, dem höchsten kanadischen Literaturpreis. Sie ist die erste kanadischstämmige Person seit Saul Bellow, die mit dem wichtigsten Literaturpreis der Welt ausgezeichnet wird. Bellow hatte die Auszeichnung 1976 bekommen. Quelle: dpa
Munro ist die 13. Frau in der 112-jährigen Geschichte des wichtigsten Literaturpreises der Welt. „Ihre Erzählungen spielen häufig im Kleinstadtmilieu, wo der Kampf von Menschen für ein würdiges Leben oft Beziehungsstörungen und moralische Konflikte erzeugt“, erläuterte die Akademie in Stockholm. Bedeutende Werke sind Bände wie „Wozu wollen Sie das wissen?“ und „Himmel und Hölle“ oder „Kleine Aussichten: Ein Roman von Mädchen und Frauen“. Zuletzt erschien 2012 „Dear Life: Stories“. Die Schauspielerin Sarah Polley verfilmte im Jahr 2006 eine von Munros Kurzgeschichten unter dem Titel „An ihrer Seite“ (Away From Her). Quelle: dpa
„Sie kann auf 30 Seiten mehr sagen als ein durchschnittlicher Romanautor auf 300“, sagte Jury-Sprecher Peter Englund. Munro schreibe Kurzgeschichten in sehr ökonomischer Prosa. Sie habe dies seit den 60er Jahren „fast bis zur Perfektion veredelt“. „Es ist harte Arbeit, überflüssige Wörter oder Phrasen in ihrem Werk zu finden.“ Ihre schriftstellerischen Fähigkeiten seien gewaltig. „Ich glaube, es gibt niemanden, der nichts mit ihrem Werk anfangen kann.“ Die 1931 geborene Munro veröffentlichte bisher nur einen Roman, dafür aber mehr als ein Dutzend Bände mit Short Storys. Ihre erste Sammlung (deutscher Titel: „Tanz der seligen Geister“) erschien 1968. Quelle: dpa
ChemieDer Nobelpreis für Chemie geht in diesem Jahr an Martin Karplus, Michael Levitt und Arieh Warshel. Sie erhielten den Preis für die Entwicklung von Modellen für komplexe chemische Systeme, teilte das schwedische Karolinska-Institut mit. Quelle: dpa
Der 1947 geborene Forscher Michael Levitt hat nach Angaben der Königlich-Schwedischen Akademie der Wissenschaften neben der britischen auch die amerikanische Staatsbürgerschaft. Der gebürtige Südafrikaner ist den Angaben zufolge Professor an der kalifornischen Stanford University School of Medicine. Quelle: dpa
Der 1940 im Kibbuz Sde Nachum geborene Arieh Warshel studierte bis 1966 an der angesehenen Technion-Hochschule in Haifa, sein Doktorat absolvierte er 1969 am Weizmann-Institut in Rechovot. Heute unterrichtet er an der University of Southern California. Bereits 2009 wurde Ada Jonath, die ebenfalls am Weizmann-Institut arbeitet, mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet. Quelle: dpa
Der in Österreich geborene Martin Karplus musste unter den Nazis in die USA fliehen - bis heute hat er die amerikanische und die österreichische Staatsbürgerschaft. Mit ihm haben mittlerweile 46 Wissenschaftler der Harvard University Nobelpreise gewonnen - Karplus hatte dort seinen Bachelor gemacht und unterrichtet bis heute an dieser Universität. Sein Bruder Robert Karplus war Physiker in Berkeley. Quelle: dpa
PhysikFrançois Englert (Belgien) und Peter Higgs (GB) erhielten den diesjährigen Nobelpreis für Physik für ihre theoretische Entdeckung der Mechanismen, die notwendig sind für das Verständnis des Ursprungs der Masse subatomarer Teilchen. Quelle: dpa
Im Jahr 1964 erschienen von insgesamt sechs Wissenschaftlern Publikationen zu einem Elementarteilchen, nach dem tausende Physiker in den folgenden Jahrzehnten fieberhaft fahnden sollten: dem Higgs-Boson. Die erste Arbeit war von François Englert und seinem 2011 verstorbenen Kollegen Robert Brout, einige Wochen später und mit präziseren Angaben folgte Peter Higgs und schließlich noch zwei Amerikanern und ein weiterer Brite. Das Higgs-Boson sorgt dafür, dass alle Objekte eine Masse haben. Es ist damit das absolut zentrale Elementarteilchen für das sogenannte Standardmodell – das Modell, das in der Physik etwa den Rang der Evolutionstheorie in der Biologie hat. Das Higgs-Teilchen wurde im Juli 2012 am europäischen Kernforschungszentrum CERN in Genf entdeckt. Spätestens seitdem galten Higgs und Englert als Favoriten für den Physik-Nobelpreis. Quelle: REUTERS
François Englert, der 1932 in Etterbeek in Belgien zur Welt kam, promovierte 1995 in Brüssel in Physik. Dort war er auch von 1980 an Leiter der Abteilung für Theoretische Physik. 1998 wurde er emeritiert. Quelle: REUTERS
Peter Higgs wurde 1929 in Newcastle upon Tyne im Nordosten von England als Sohn eines Toningenieurs der BBC geboren. Er promovierte 1954 in London. In Edinburgh schrieb er 1964 die zentrale Arbeit für seine Theorie, dort lehrte er auch bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1996. Quelle: dpa
Der stille Forscher aus Schottland hatte den Trubel um die Preisvergabe - die Medien hatten ihn bereits seit Wochen als Nobelpreis-Favoriten gehandelt - offenbar geahnt - er suchte das Weite. Selbst das Nobelpreiskomitee konnte ihn zunächst nicht erreichen, um ihm die frohe Botschaft telefonisch zu überbringen. „Peter hat den Ruf, sehr scheu zu sein“, sagte sein Kollege Franz Muheim, Leiter des Instituts für Teilchen- und Nuklearphysik an der Universität Edinburgh. „Er hat beschlossen, sich zurückzuziehen.“ Seiner Freude über die Ehrung ließ der Forscher dann durch die Universität Edinburgh Ausdruck verleihen. „Ich bin überwältigt, diesen Preis zu bekommen und danke der Königlichen Akademie in Schweden“, ließ Higgs über die Universität mitteilen. „Ich möchte auch all denjenigen gratulieren, die zur Entdeckung dieses neuen Teilchens beigetragen haben.“ Quelle: dpa
MedizinJames E. Rothman (USA), Randy W. Schekman (USA) und Thomas C. Südhof (D) wurden mit dem Medizinnobelpreis für die Entdeckung des sogenannten Vesikelverkehrs - ein wichtiges Transportsystem in den menschlichen Zellen - ausgezeichnet. Quelle: dpa
Thomas C. Südhof wurde 1955 in Göttingen geboren. Nach dem Studium in Göttingen, Aachen und an der US-Eliteuniversität Harvard arbeitete er gemeinsam mit den Medizin-Nobelpreisträgern des Jahres 1985, Michael Brown und Joseph Goldstein, am University of Texas Southwestern Medical Center in Dallas (US-Bundesstaat Texas). Seit 2008 forscht und lehrt er an der Stanford University. Quelle: AP
Das Nobelpreiskomittee würdigte Südhofs Leistung bei der Entdeckung der Signale, die Vesikel - winzige Transportbläschen in der Zelle - dazu bringen, die von ihnen transportierten Stoffe zur richtigen Zeit am richtigen Ort freizusetzen. Fehler beim Vesikel-Transport spielen bei einer Reihe von Krankheiten eine Rolle, so etwa bei neurologischen Leiden, Störungen des Immunsystems sowie Diabetes. Südhofs Forschung wurde bereits mit mehreren renommierten Preisen ausgezeichnet. So erhielt er in diesem Jahr den Albert Lasker Basic Medical Research Award, der auch als "Amerikas Nobelpreis" bezeichnet wird. 2010 wurde ihm gemeinsam mit seinem jetzigen Nobelpreis-Kollegen James E. Rothman der mit einer Million Dollar dotierte Kavli-Preis verliehen. Quelle: dpa
Mit freudiger Überraschung hat Randy Schekman auf die Nachricht aus Stockholm reagiert: „Mein erster Gedanke war: ‚Mein Gott!‘ Und das war auch mein zweiter Gedanke.“ Der US-Wissenschaftler war gerade aus Frankfurt zurückgekehrt, wo ihm die Warburg-Medaille verliehen worden war. „Weil ich völlig fertig vom Flug war, bin ich ziemlich früh ins Bett gegangen. Um 1.30 Uhr kam dann der Anruf.“ Er habe die Stimme des Vertreters des Nobelkomitees erkannt. „Es ist ein Kollege, mit dem ich schon zusammengearbeitet habe. Vielleicht hätte ich sonst gedacht, jemand will mich auf den Arm nehmen.“ Quelle: REUTERS
Schekman, Jahrgang 1948, entdeckte eine Reihe von Genen, die für den Vesikeltransport notwendig sind. Wie Südhof wurde auch der Kalifornier bereits mit dem Albert Lasker Basic Medical Research Award ausgezeichnet - gemeinsam mit James E. Rothman im Jahr 2002. Er freue sich auch für seine Universität, die University of California in Berkeley, ließ der frischgebackene Nobelpreisträger verlauten. „Ich habe mein ganzes Leben hier verbracht und bin der Universität so dankbar. Das ist mein Zuhause.“ Quelle: REUTERS
James E. Rothman wurde 1950 in Haverhill (US-Bundesstaat Massachusetts) geboren. Mit der Erforschung der Vesikel begann er, nachdem er 1978 an die Stanford University gewechselt war. Seit 2008 ist er Professor für Zellbiologie an der Yale University in New Haven (US-Bundesstaat Connecticut). Quelle: dpa
Vom Nobelkomittee gewürdigt wurde Rothmans Erkenntnisse darüber, wie die Vesikel in die richtige Zelle eindringen, um dort ihre Fracht abzuladen. Rothman habe mit dem Preis gerechnet, berichtete Franz-Ulrich Hartl, Direktor am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried (Bayern), der einige Jahre mit Rothman in den USA zusammengearbeitet hat. „Er wird das jetzt genießen und die Reputation dazu nutzen, sein Institut weiter auszubauen“, so Hartl. Quelle: REUTERS
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