Innovationspreis Wie Unternehmen auf bessere Ideen kommen

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Stuntmen unter den Innovatoren

Weder Produkt noch Vertrieb entwickelte Wilhelmson im Alleingang. Er zog Unternehmen wie BASF und Nichtregierungsorganisationen wie Oxfam oder die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit zu Rate. "Innovationen haben nur eine Chance", sagt Buchautor Scheer, "wenn Offenheit besteht, über Fach-, Hierarchie- und Unternehmensgrenzen hinweg."

Glaubenssätze Hinterfragen

Auf Trends zu reagieren und Kundenbedürfnisse zu erfüllen erfordert immer auch die Bereitschaft, Bewährtes hinter sich zu lassen. Und im Extremfall als Unternehmen sogar das Gegenteil von dem zu tun, was man lange erfolgreich gemacht hat: Cola ohne Koffein, Bier ohne Alkohol und Süßigkeiten ohne Zucker verkaufen. Oder Mobilität statt Autos.

"Ihr seid verrückt! Sollten wir uns nicht darauf konzentrieren, Autos zu bauen?" Wolfgang Gruel erinnert sich gut an die Reaktionen auf die Idee zum Carsharing bei Daimler. Vor sechs Jahren entstand dort der Bereich "Business Innovation". Direkt Konzernchef Dieter Zetsche unterstellt und mit der Aufgabe, Wachstumsbereiche neben dem Kerngeschäft aufzuspüren. Der Leihwagen-Dienst Car2Go ist das bekannteste Projekt, das daraus entstanden ist.

Heute ist Gruel Produktmanager bei Daimler Mobility Services, wo auch das Projekt Moovel angesiedelt ist. Eine App für Kunden, die kein Auto mehr brauchen, sondern via Smartphone lieber Alternativen nutzen, vom Leihwagen bis zur Straßenbahn. "Die Frage ist: Will man sein Geschäftsmodell selbst untergraben und an der Zukunft basteln oder es anderen überlassen?", sagt Strategieberater Osterwalder.

Dem Unternehmen Cewe Color ist der Komplettumbau gelungen: Als um die Jahrtausendwende die Digitalfotografie ihren Siegeszug antrat, krempelte der einstige europäische Marktführer der Entwicklung von Filmrollen seine gesamte Wertschöpfungskette um. Heute ist Cewe in Europa Marktführer bei Fotobüchern.

Erfolgsmuster übertragen

Manchmal lassen sich mit bewährten Strategien auch völlig neue Geschäftsfelder erschließen. Fujifilm etwa ist ins Kosmetikgeschäft eingestiegen: Kollagen, einst Hauptbestandteil der heute kaum noch gefragten Fotofilme, pflegt auch die Haut. Was Filme vor dem Verblassen schützte, soll nun gegen Falten wirken.

Und die ehemalige Profi-Volleyballerin Katie Salen hat die Faszination des Spiels auf eine neue Form der Unterrichts übertragen. Mit Spiel- und Bildungsforschern konzipierte sie in New York die neuartige Schule QuestToLearn. Dort stehen zwar auch Mathe, Englisch oder Geschichte auf dem Stundenplan. Gelehrt aber wird nach den Prinzipien des Spiels. Schüler erhalten keine Noten, sondern erklimmen Stufen an Expertise. Lehrer tüfteln den Unterricht mit Spieledesignern aus. Und die Jugendlichen entwickeln zu Lerninhalten eigene Spiele. Sie planen, verwerfen, bauen um – und lernen so den positiven Wert des Scheiterns und dass es nie nur eine Lösung gibt.

Mit Erfolg: Bei den in den USA üblichen Schulvergleichen hat die Schule des Spiels bisher überdurchschnittlich gut abgeschnitten. Ein Vorbild, sicher auch für die erwachsenen Stuntmen unter den Innovatoren.

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