Verbesserungspotenzial gibt es zum Beispiel bei Impfungen gegen die Grippe, deren Saison jetzt wieder mit dem Herbst beginnt. Weil sich ihre Erreger, die Influenza-Viren, sehr schnell genetisch verändern und zudem verschiedenste Virenstämme grassieren, mixen die Pharmafirmen jedes Jahr einen neuen Impfcocktail aus drei Virentypen. Nicht immer treffen aber die Vorhersagen der von der Weltgesundheitsorganisation WHO beauftragten Forscher 100-prozentig zu. Deshalb bietet GSK in dieser Saison einen Wirkstoff mit vier Virusvertretern an. Das erhöht die Chance für den Geimpften, auf all die Grippeviren vorbereitet zu sein, denen er im Laufe des Winterhalbjahrs begegnen wird.
Wie man Antibiotika richtig einsetzt
Bakterien verändern sich ständig, um sich an wandelnde Umweltbedingungen anzupassen. Kleine Variationen im Erbgut, die Mutationen, verschaffen manchen Mikroben einen Überlebensvorteil. Sie vermehren sich daraufhin stärker als ihre übrigen Artgenossen. Dieses Grundprinzip der Evolution hilft auch Krankheitserregern, sich gegen Antibiotika zu wehren, etwa indem sie Wirkstoffe zerstören, bevor sie ihnen gefährlich werden. Doch man kann es den Keimen schwerer machen, diese Resistenzen zu bilden, wenn einige Dinge beachtet werden.
Auch wenn es banal klingt – nur wenn ein Bakterium mit einem Antibiotikum in Kontakt kommt, bringt ihm eine Resistenz einen Überlebensvorteil. Daher sollten Mediziner die Mittel nur dann verordnen, wenn es aus medizinischen Gründen wirklich erforderlich ist. Doch noch immer setzen sie Antibiotika viel zu lax und häufig ein. Sogar dort, wo sie gar nicht wirken: etwa bei Erkältungen. Die werden meist von Viren verursacht, gegen die jedes Antibiotikum machtlos ist. Erste Schnelltests für Hausärzte gibt es schon, die zwischen Viren oder Bakterien unterscheiden.
Verordnet ein Arzt ein Antibiotikum, darf es nicht zu niedrig dosiert oder die Behandlung zu früh abgebrochen werden. Sonst überleben genau jene Keime, die Abwehrstrategien entwickelt haben. Sie geben die Resistenzen dann an ihre Nachkommen weiter.
Krankenhäuser sind ein Paradies für Keime: Die vielen vorkommenden Erreger können Resistenzgene austauschen; alte, immungeschwächte Patienten bringen neue Keime ins Haus, jede Operation eröffnet den Erregern ideale Einflugschneisen in den Körper. Deshalb ist penible Hygiene und Desinfektion in Kliniken extrem wichtig.
Ebenfalls zu den Klassikern gehören Allergie-Impfungen. Sie sollen den Körper an Stoffe gewöhnen, gegen die er seine Immuntruppen versehentlich in Stellung bringt, weil er sie als gefährlich einstuft – wie Wespengift, Erdnusseiweiß oder Blütenpollen. Bisher müssen Allergiker drei bis fünf Jahre lang alle paar Wochen eine Spritze bekommen. Um das Immunsystems schneller umzuerziehen, arbeiten Forscher seit einiger Zeit statt mit Naturstoffen mit künstlichen Eiweißen.
Neue Impfung gegen Birkenpollen-Allergie
Das scheint jetzt zu klappen: Die Firma Anergis aus der Nähe von Lausanne hat eben eine Studie abgeschlossen, bei der Patienten innerhalb von acht Wochen fünf Injektionen mit einem neuen Impfstoff gegen Birkenpollen bekamen. Anergis-Chef Vincent Charlon kann sich freuen: „Auch im zweiten Jahr nach der Behandlung traten keine Allergiesymptome mehr auf.“
Klassische Impfkonzepte richten Forscher neuerdings aber auch gegen Erreger, die Krebs auslösen können. Erst in den Siebzigerjahren haben Forscher herausgefunden, dass etwa Viren für Tumore verantwortlich sind. Für die sensationelle Entdeckung erhielt der deutsche Krebsforscher Harald zur Hausen den Medizin-Nobelpreis. Mittlerweile testen Pharmafirmen eine Reihe von Krebsimpfungen. Auch die Impfstoffe gegen Hepatitis-C- und -B-Viren gehören dazu, denn diese Viren zerstören nicht nur die Leber, sie sind auch eine wesentliche Ursache für Leberkrebs. Ähnlich sieht es beim Epstein-Barr-Virus aus: Das verursacht einerseits das Pfeiffersche Drüsenfieber und ist anderseits der Auslöser für zahlreiche Blutkrebsarten.
Immerhin existieren bereits für eine Gruppe der krebsauslösenden Viren – die humanen Papillomaviren (HPV) – zwei zugelassene Impfstoffe der Hersteller GSK und Sanofi-Pasteur MSD. HP-Viren führen zur Warzenbildung und meist gutartigen Wucherungen. Diese können jedoch entarten und tödliche Tumore bilden, am häufigsten betroffen ist der Gebärmutterhals. Frauen können sich mit den Impfungen davor schützen.
Kampf gegen Krebsviren
Und weil der Schutz am effektivsten ist, wenn Mädchen sich vor dem ersten Sexualkontakt impfen lassen, hat die Ständige Impfkommission in ihrer neuesten Empfehlung gerade die Altersgrenze auf neun Jahre herabgesetzt. An diese Vorgaben des unabhängigen Expertengremiums sollen sich Ärzte in Deutschland halten, die Krankenkassen übernehmen in der Regel die Kosten. Derzeit arbeitet Sanofi-Pasteur MSD an einem Impfstoff, der neun statt aktuell vier HPV-Virenstämme beinhaltet.
Diese Bekämpfung von Krebsviren ist nicht zu verwechseln mit einer Reihe von Behandlungen, die unter dem Begriff therapeutische Impfungen firmieren. Hier geht es darum, die Abwehrkräfte bereits an Krebs erkrankter Menschen mit sogenannten Immunmodulatoren gezielt auf die Tumorzellen zu lenken. Denn die sind wahre Meister darin, sich zu tarnen und den körpereigenen Abwehrtruppen zu entgehen.
Mit Provenge gegen Prostatakrebs hat die US-Firma Dendreon 2011 einen ersten Immunmodulator auf den Markt gebracht. Auch deutsche Biotech-Unternehmen wie Immatics, Curevac oder Biontec arbeiten an therapeutischen Krebsimpfungen und erproben sie bereits am Menschen.