Wirkt die Impfung ausschließlich bei Hirntumoren?
Wenn die Impfung hoffentlich auch beim Menschen funktioniert, sollten sich damit weitere Krebsarten ebenso gut behandeln lassen. Denn die Genmutation, die dieses typische Eiweißmuster hervorruft, tritt auch bei anderen Tumoren auf, zum Beispiel bei vielen Formen von bösartigem Knochenmarkskrebs, den sogenannten akuten myeloischen Leukämien. Auch bei Gallengangkrebs und sogenannten Sarkomen ist sie nachzuweisen.
Was bewirkt die Genveränderung denn eigentlich?
Sie greift in den Energiestoffwechsel ein und führt zur Überproduktion einer bestimmten Substanz, die sich dann in den Zellen anhäuft. Das wiederum hat fatale Auswirkungen auf das gesamte Erbgut: Es wird instabil. Diese Genmutation ist sozusagen der erste Schritt hin zur Entartung einer bis dahin gesunden Zelle. Sie schafft den Nährboden für weitere Genmutationen, so dass eine Krebszelle entstehen kann.
Und diese Initialzündung wollen Sie unterbinden?
Nein. Wenn der Tumor entdeckt wird liegen bereits weitere Genmutationen vor. Aber weil diese Initialzündung bei der Entwicklung der Tumorerkrankung eine so frühe genetische Entgleisung ist, tragen tatsächlich alle Zellen im späteren Krebsgeschwulst diese Mutation. Unser Impfstoff hat also große Chancen, alle Tumorzellen zu erwischen. Das ist ein großer Vorteil gegenüber anderen Tumorimpfungen, die sich gegen Mutationen richten, die Tumorzellen erst später in ihrer Entwicklung erwerben. Denn diese späten Mutationen besitzen nie alle Zellen in einem Geschwulst. Eine entsprechende Impfung kann dann eben nur jenen Teil der Krebszellen ausbremsen, die damit ausgestattet sind.
Das klingt nach einem ziemlich zukunftsweisenden Konzept. Arbeiten Sie bereits mit einem Unternehmen zusammen, das diesen Impfstoff später auch vermarkten könnte?
Das ist derzeit nicht im Zentrum unseres Interesses. Wir wollen die erste klinische Studie ohne Industriebeteiligung stemmen. Allerdings sind wir nicht alleine. Die Abteilung für Neuroonkologie der Universitätsklinik Heidelberg und des Nationalen Zentrums für Tumorerkrankungen würde die Studie mit Unterstützung durch das deutsche Krebsforschungszentrum und das vom Bundesforschungsministerium geförderte Konsortium für translationale Krebsforschung leiten. So sind wir mit mehreren krebsforschenden Universitäten verbunden. Die Studie würde in jedem Fall an mehreren deutschen Kliniken durchgeführt. Einen Industriepartner benötigen wir sicherlich, wenn die Impfung auch beim Menschen ihre Wirksamkeit bewiesen hat und es in die finale Zulassungsstudie geht.