Künstliche Organe Herz und Niere aus dem Drucker

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Adern als Meterware

Organovo Quelle: Pressebild

Der Vorteil des Biomaterials laut Koch: „Wird dem Patienten etwas Blut dafür abgenommen, ist auch dieses Grundgerüst für sein Ersatzorgan körpereigen und sollte keine Abstoßungsreaktionen hervorrufen.“

Bleibt die Frage, wie die Zellen nun in so ein Gerüst kommen. Das vom US-Forscher Gabor Forgacs gegründete Unternehmen Organovo aus Kalifornien setzt sie dazu zu kleinen Zellklümpchen – den Sphäroiden – zusammen. Diese werden dann in Glasröhren angeordnet. Die so beladene Zell-Kartusche wird in einen speziellen Drucker gesteckt, der die Zellen Schicht für Schicht herausschiebt. Das Ziel der Aktion ist eine Ader. Um der entstehenden Struktur Halt zu geben, wird zwischen jede Zellschicht eine stabile Gelschicht eingefügt.

Dieses bisher einzige kommerzielle Verfahren steht aber noch am Anfang: Die so hergestellten Adern können noch nicht als Meterware von Ärzten geordert werden.

Statt Zellklümpchen aus einer Glasröhre zu schieben, verfolgen Forscher aus Japan, Großbritannien und den USA das Prinzip des Tintenstrahldruckens. Statt aus winzigen Tintendüsen werden die empfindlichen Zellen aus pipettengroßen Spritzen quasi in die Vorlage hineingespuckt.

Das bekommt jedoch nicht allen Zellen, wie die Forscher feststellten. So bringen Kräfte, die beim Austreten durch die engen Pipettenspitzen auf die Zellen wirken, manche von ihnen um. Und die unsanfte Landung, wenn sie auf die Organvorlage klatschen, gibt anderen den Rest.

Tintenstrahl aus Zellen

Dennoch scheinen genügend Zellen das Drucken zu überstehen. Jedenfalls konnten einige Forschergruppen mit dieser Technik dreidimensionale Zellstrukturen drucken. Allerdings habe sich bisher noch nie echtes Gewebe gebildet, mäkelt Laserspezialist Koch, sondern lediglich ein Zellkonglomerat. Das Kennzeichen dafür, dass Zellen einen Gewebeverband bilden, sind Kontaktstellen, die sie miteinander ausbilden, um kommunizieren zu können.

„Das haben bisher nur wir mit unserer Laserdrucktechnik geschafft“, sagt Koch. Was er und drei weitere Arbeitsgruppen in Frankreich und den USA versuchen, hat mit dem Tintenstrahlprinzip nichts mehr zu tun. Koch schießt die Zellen mithilfe von Laserpulsen auf die Vorlage.

Was brutal klingt, scheint den Zellen gut zu bekommen. Denn Koch und seine Kollegen maßen eine Überlebensrate der Zellen von nahezu 100 Prozent. Dabei sind die Zellen auch bei diesem Verfahren schnell unterwegs, wie Koch beschreibt: „Sie haben etwa das Tempo eines Ferraris.“

Strudelprinzip für Adern

Neben den Herzmuskellappen will Koch auch Adern drucken. Allerdings sollen die eher flächig aufgebaut und dann wie ein Strudelteig gerollt und an der Seite vernäht werden. Das sei technisch kein Problem, voraussichtlich schnell zu verwirklichen und medizinisch ein echter Gewinn, sagt der Herzchirurg Haverich.

Er fragt sich schon seit Jahren, warum er Patienten, die eine Umleitungsader für verstopfte Gefäße – einen Bypass – brauchen, neben dem Herzen auch das Bein aufschneiden muss. Bisher wird dort eine große Ader entnommen, um sie am Herzen anzunähen. Doch damit schaffe er im Bein ein neues Problem, um ein bestehendes im Herzen zu beheben, sagt Haverich: „Das würde ich gerne in Zukunft vermeiden.“

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