Dabei steigen auch ganz neue Spieler in den Markt ein, etwa der Suchmaschinenkonzern Google. Er gründete im Herbst eine Tochtergesellschaft namens Calico – die California Life Company. Sie soll neue, innovative Gesundheitstechnologien voranbringen, die das Leben der Menschen verbessern und verlängern können.
Als Chefentwickler im Hauptkonzern engagierte Google schon vor einem Jahr den Zukunftsforscher Ray Kurzweil. Der schluckt seit Jahren täglich mindestens 150 Vitaminpillen, um seine Lebenszeit auszudehnen. Dabei ist noch nicht einmal erwiesen, ob diese Anti-Aging-Strategie überhaupt etwas bringt.
Diese Anti-Aging-Mittel helfen nicht
Botox als Creme in die Haut einzumassieren sei ähnlich sinnfrei. Wird das Nervengift in Muskeln gespritzt, die beim Lachen oder Sprechen Falten machen, lähmt es diese Muskeln bis zu einem halben Jahr lang und glättet so die Haut. Zu glauben, der Wirkstoff werde aus der Creme in den Muskel gelangen, findet der Anti-Aging-Experte jedoch grotesk: „Das ist, als wenn ich mir ein Schnitzel auf den Bauch lege, wenn ich Hunger habe, und hoffe, dass es einzieht.“
Colon-Hydrotherapie ist der moderne Name für eine uralte Therapie, die des Einlaufs. Dass die Fäulnis im Darm todbringend sei, hatten schon die alten Ägypter geglaubt und sie mit Spülungen des Darms zu bekämpfen versucht. Damals wie heute ohne messbaren Erfolg.
Energy-Drinks wie Red Bull haben in der Szene den Nimbus von gesunden Fitmachern. Doch angesichts des enorm hohen Zuckergehalts sind sie laut Kleine-Gunk eher „Dick- und Altmacher“. Mit diesen Wachmachern könne man zwar eine Nacht durchtanzen, doch das Aufputschen sei „Raubbau am Körper“.
Vitamintabletten gehören zu den Klassikern der Anti-Aging-Medizin. Sie sollen beispielsweise die schädlichen freien Radikale abfangen, die erwiesenermaßen den Alterungsprozess in Zellen und Geweben fördern. Dass Vitamincocktails oder die hoch dosierte Gabe einzelner Vitamine das Altern aufhalten, ließ sich bisher aber nicht beweisen.
Wachstumshormone in Pillenform sind derzeit der Renner auf dem Anti-Aging-Markt, weil sie frei verfügbar und günstiger sind als die Originalspritzen. Doch ein Hormon wie HGH (Human Growth Hormone) zu schlucken sei völlig wirkungslos, sagt Kleine-Gunk: „Es wird restlos verdaut.“
Hochburgen der Alternsforschung
Auch Peter Thiel, Mitgründer und früherer Chef des Online-Zahl-Systems PayPal investiert ins ewige Leben. Er steckte 3,5 Millionen Dollar in die Methuselah Foundation, die vom britischen Biomathematiker und Gerontologen Aubrey de Grey mitgegründet wurde. Der behauptet seit Jahren, dass es keine genetisch festgelegte Obergrenze für die Lebenserwartung des Menschen gebe. Er glaubt, dass Altern eine Krankheit sei, „die wir besiegen können“.
Ob das stimmt, versucht eine weltweit wachsende Schar von Forschern herauszufinden. Dabei gehört – neben Forschungseinrichtungen in den USA und Großbritannien – auch Deutschland zu den Hochburgen der Alternsforschung. Ganz vorne mit dabei: Köln.
In dem vor fünf Jahren gegründeten Max-Planck-Institut von Linda Partridge arbeiten mit dem Fliegen-Forscher Grönke 75 Wissenschaftler. 280 weitere Mediziner, Genetiker und Biochemiker beschäftigen sich am direkt gegenüberliegenden Exzellenzcluster CECAD der Universität Köln ebenfalls mit Fragen des Alterns. Zum Beispiel damit, wie zellulärer Stress zu Altersleiden führt. Weitere 50 Wissenschaftler ergründen am wenige Hundert Meter entfernten Max-Planck-Institut für neurologische Forschung die Ursache des geistigen Verfalls, der Demenzerkrankungen.
Was wirklich hilft
Omega-3-Fettsäuren seien als Nahrungsergänzungsmittel dagegen zu empfehlen, um dem Altern vorzubeugen, sagt der Anti-Aging-Experte. Denn ein allgemeiner Alterungsfaktor sind sogenannte unterschwellige chronische Entzündungen, das haben Forscher inzwischen erkannt. Die Entzündungen werden von Botenstoffen, den Zytokinen, vermittelt. Dabei werden die entzündungsfördernden unter ihnen aus gesättigten Fettsäuren aufgebaut. Die schützenden, anti-entzündlichen Zytokine dagegen aus ungesättigten Fettsäuren wie Omega-3-Fettsäuren. Die sind zwar auch in Seefisch enthalten. Aber da die meisten Menschen zu wenig davon essen, sei eine künstliche Zufuhr sinnvoll, glaubt Kleine-Gunk: „Es schützt vor Arteriosklerose, Alzheimer und Krebs.“
Vitamin D fehle im Winter fast allen Menschen, weil dieses Vitamin nur unter Sonneneinstrahlung in der Haut gebildet wird. Ein Zusatz in der dunklen Jahreszeit beuge Osteoporose, Krebs und Winterdepressionen vor und sei zudem preiswerter als manche Wunderdroge, sagt der Arzt: „Für weniger als zehn Euro kommen Sie durch den ganzen Winter.“
Sport und Bewegung sind noch günstiger zu haben – und als Jungbrunnen mindestens so wirksam, wenn man nicht gerade Risikosportarten betreibe, argumentiert Kleine-Gunk.
Sich ausgewogen zu ernähren und Übergewicht zu vermeiden ist nach Ansicht des Anti-Aging-Experten allerdings die wirksamste Maßnahme gegen das Altern und seine Gebrechen. Sein Fazit: „Das klingt zwar fürchterlich banal, aber es hilft.“
TOR
Dabei kommt es zu völlig neuen Konstellationen: „Bisher haben die Neurologen sich um Demenzen gekümmert, die Kardiologen um Herzkrankheiten und die Onkologen um Tumore“, sagt Thomas Benzing, CECAD-Mitinitiator und Direktor der Klinik II für Innere Medizin der Universitätsklinik Köln. „Wir suchen nun fachübergreifend nach den gemeinsamen Ursachen all dieser Altersleiden.“
Benzings große Hoffnung ist es, dabei „einen zentralen Schaltmechanismus der Altersprozesse zu finden, an dem wir angreifen können“. Diesem Ziel sind die Forscher so nah wie nie zuvor.
Dreh- und Angelpunkt ist ein körpereigener Eiweißstoff namens TOR. Die Abkürzung steht für Target of Rapamycin, also Angriffspunkt für Rapamycin. Das ist ein Krebsmedikament. Drei amerikanische Forschergruppen zeigten im Jahr 2009 unabhängig voneinander, dass Rapamycin das Leben von Labormäusen verlängert – und zwar drastisch.