Wo Internet und Produktion verschmelzen, komplizierte Maschinen oder schlichte Haushaltsgegenstände ohne menschliches Zutun effizienter produzieren oder mehr Lebensqualität im Alltag ermöglichen, können deutsche Schlüsselbranchen wie Auto- und Maschinenbau, Elektro- oder Medizintechnik reüssieren.
Diese Chance wollen Politik und Wirtschaft unbedingt nutzen: Unter dem Schlagwort Industrie 4.0 treiben sie die Verschmelzung von IT- und Produktionswelt voran, koordinieren Forschung und Förderung und definieren einheitliche Standards. Das ist dringend nötig, denn laut McKinsey sind Datenschutzbedenken, rechtliche Beschränkungen und unzureichende staatliche Regulierung noch Hemmschuhe bei der Nutzung des Internets der Dinge.
Made in Germany
„Die neue Weltsprache der Produktion muss aus Deutschland stammen“, trommelt deshalb auch Hartmut Rauen, Geschäftsführer beim Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA). Seine Organisation, der Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie, sowie der Spitzenverband der IT-Branche, Bitkom, betreiben ein gemeinsames Industrie-4.0-Projektbüro, um ihre Mitgliedsunternehmen zu sensibilisieren. Führende Industriekonsortien wie die M2M-Alliance propagieren branchenübergreifend das Geschäft mit der Maschine-zu-Maschine-Kommunikation – erst in Deutschland, nun auch international.
Zugleich investiert der Bund im Rahmen seiner High-Tech-Strategie in den nächsten Jahren 200 Millionen Euro allein in die Förderung internetbasierter Produktionssysteme und Dienste. Zwar zeigen Förderdesaster wie bei der Fotovoltaik, dass staatliche Programme nicht per se zu erfolgreichen Produkten und Marktführerschaft führen. Fachleute fordern daher, bei der Vernetzung der Maschinen nicht Produktentwicklung zu alimentieren, sondern Forschung an Technologiegrundlagen.
Doch koordinierte Industriepolitik kann auch funktionieren. Das belegen erfolgreiche Forschungsprogramme wie etwa der 2013 abgeschlossene Großversuch zum vernetzten Fahren, SimTD. Er hat Autoindustrie und Wissenschaft ermöglicht, unter Realbedingungen Verfahren zu entwickeln, mit denen sich Verkehrsfluss und -sicherheit deutlich verbessern lassen.
Nun geht es darum, den Kompetenzvorsprung zu nutzen. Denn noch ist offen, ob vom Internet der Dinge eher Unternehmen profitieren, die dank Technik-Know-how die Produktwelt dominieren. Oder eben doch – wie im klassischen Internet – jene, die die Mehrwertdienste dafür liefern?
Droht etwa Autokonzernen das Los der PC-Hersteller, die – mit minimalen Margen – nur noch die Hardware liefern, während die Googles oder IBMs das margenstarke Software- und Dienstegeschäft dominieren? Projekte wie die selbstfahrenden Autos von Google zeigen, wo die heutigen Internet-Giganten (auch) ihre Zukunft sehen.
Der Kampf um das Internet der Dinge beginnt jetzt. Wer als Erster Regeln und Standards in der Wirtschaftswelt vernetzter Maschinen definiert, wird ihn gewinnen.
Tiefe Veränderung
Jeder Schreibtischarbeiter kennt Microsoft Office, aber nur wenige kennen Microsoft Oslo. Dabei könnte das neue Programm, das der Softwarekonzern ab Herbst anbieten will, die Büroarbeit tief greifend verändern. Denn mit ihm erhält jeder Nutzer einen eigenen Assistenten – virtuell zwar, aber dafür rund um die Uhr hilfsbereit. Vor einer Besprechung etwa sucht Oslo passende Hintergrundartikel im Internet, zeigt relevante Blogeinträge von Kollegen an und listet die wichtigsten E-Mails auf.
Die neue Bürosoftware ist ein Vorgeschmack darauf, wie radikal sich Wissensarbeit in den kommenden Jahren verändern wird. „Computer agieren künftig wie Butler“, sagt Andreas Dengerl, Leiter des Bereichs Wissensmanagement am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Kaiserslautern. „Sie lernen stetig dazu und bieten ihren Nutzern situationsbezogen die passenden Informationen an.“ Damit werden viele Aufgaben, die bisher eine Sekretärin erledigt hat – Recherchen anstellen, Berichte verfassen – automatisiert.