Für Thomas Bauernhansl, Leiter des Stuttgarter Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA), ist es jedenfalls kein Zufall, dass der Web-Gigant Google gleich acht Roboterhersteller gekauft hat. Die Amerikaner würden, da ist er sich sicher, alles daran setzen, die aufwendige Programmierung und Steuerung der Maschinen durch ein einfaches, intuitives Bediensystem radikal zu vereinfachen.
So wie sie es bei Smartphones schon gemacht haben. Dann könne fast jeder mit so einem Gefährten umgehen – ob Fabrikarbeiter oder Privatperson. Das erweitere den Markt enorm. „Unsere etablierten Roboterhersteller werden sich wundern, wenn Google in zwei Jahren die Rollladen hochzieht“, sagt Bauernhansl voraus. „Da wächst ein ernsthafter Konkurrent heran“.
Keine Panik
Bei allen Schwächen – Grund zur Panik besteht keiner. Denn bei der Basis allen Wirtschaftens, der Produktion und den Produkten selbst, ist Deutschland im Vorteil. Kein zweites Land verdient – relativ gesehen – annähernd so viel Geld mit hochwertigen Technologien wie wir: Autos, Maschinen, chemische Grund- und Spezialstoffe. 8,1 Prozent der gesamten Wertschöpfung sind es hier – die USA schaffen gerade 1,7 Prozent. Die Statistik zeigt aber auch: Bei wissensintensiven Dienstleistungen sind Amerika und selbst Großbritannien uns weit voraus.
Wollen wir unseren Vorsprung bei der Hardware verteidigen, müssen wir den Rückstand bei den digitalen Diensten dringend verkürzen. Die USA treiben ihre Reindustrialisierung massiv voran, beflügelt von konkurrenzlos niedrigen Energiepreisen und einem Milliarden-Dollar-Programm von Präsident Barack Obama.
Gewinnen wird den Zweikampf, davon ist McKinsey-Mann Tschiesner überzeugt, wer die Schnittstelle zum Kunden besetzt. Fahren zum Beispiel Autos erst einmal autonom, entscheidet nicht mehr in erster Linie die PS-Stärke über den Kauf eines Wagens. Sondern wer das bessere Navigationssystem anbietet, um schnell das Ziel zu erreichen. Dabei könnte dann Google statt Volkswagen im Vorteil sein.
Dreh- und Angelpunkt wird mithin die Hoheit über die Daten. Die liegt momentan meist bei Amazon, Facebook und Google. Um sie ihnen zu entreißen, drängt Fraunhofer-Präsident Reimund Neugebauer zum Aufbau eines europäischen Google-Pendants. „Das ist die einzige Chance, die Kontrolle zurückzugewinnen“.
Lesen Sie nun, was Deutschland in den fünf ökonomisch wichtigsten Zukunftstechnologien zu bieten hat und wie es auf die Siegerstraße kommen kann.
Internet der Dinge: Auf dem Weg an die Spitze
Im globalen Geschäft mit komplexen Maschinen macht deutschen Unternehmen so leicht niemand etwas vor. Doch beim wichtigsten Innovations- und Wachstumstreiber der vergangenen Dekaden, der Informationstechnik, rangiert Deutschlands Industrie weit abgeschlagen hinter den Konzernen und Start-ups der USA.
Noch. Glaubt man den Prognosen der Berater von McKinsey, bietet ausgerechnet die jüngste Evolutionsstufe der Digitalisierung – das Internet der Dinge – die Chance, den Rückstand nicht nur aufzuholen: Die Verknüpfung von Maschinen und Geräten könnte Deutschland bis 2025 sogar weltweit an die Spitze katapultieren.
Denn jetzt werden sie abgesteckt, die Claims für innovative Hard- und Softwareangebote sowie Internet-Dienste. Es geht um Werkstücke, die auf autonom arbeitenden Produktionsstraßen den Maschinen vorgeben, wie sie die Bauteile montieren sollen. Um Bagger und Lastwagen, die auf Baustellen selbst koordinieren, wer wann welche Baumaterialien abholt oder abliefert. Oder um Autos, die einander vor Gefahrenstellen warnen und bremsen, bevor der Fahrer sehen kann, was los ist.