Medizintechnik Wenn der Maschinen-Mensch die Natur übertrumpft

Technik brachte den Menschen bis zum Mond, doch sein Körper blieb dabei unverändert – bisher. Moderne Prothesen und Implantate werden das ändern: Sie lassen Behinderte und Gesunde über sich selbst hinauswachsen.

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Besser im Berg mit Techno-Beinen - Hugh Herr würde seine Spezial-Prothesen nicht mehr gegen seine echten Gliedmaßen eintauschen wollen Quelle: Laif, Aurora, Andrew Kornylak

Steilwände sind Hugh Herrs Leidenschaft. Schon mit zwölf Jahren durchsteigt er schroffste Felsen, als sei es nichts. Ehrfurchtsvoll nennt die US-Kletterszene den Jungen aus Pennsylvania in ihren Gazetten „Baby Huey“. Er gilt als das Klettertalent der USA. Doch mit 17 Jahren scheint alles vorbei: Auf dem Weg zum Gipfel des Mount Washington verirrt er sich in einem Schneesturm – und wird erst drei Tage später gefunden. Die Beine sind erfroren und müssen amputiert werden. Die Karriere, scheint es im Winter 1982, ist zu Ende, bevor sie richtig begonnen hat.

Doch schon nach wenigen Monaten, als er mit Beinprothesen das Gehen neu lernt, rafft sich Herr auf. Er trainiert wieder an einer Steilwand, beginnt, neue Steighilfen zu entwickeln, und schraubt, was das Zeug hält, bis er am Ende – dank seiner neuen High-Tech-Beine – ein noch besserer Bergsteiger ist, als er es vor dem Unfall war.

Die Extremsten unter den Extremsportlern
Der Extremsportler Patrick Edlinger ist im Alter von 52 Jahren gestorben. Er machte in den 80er Jahren in Frankreich das Freiklettern beliebt. Vor allem seine waghalsigen Abenteuer 700 Meter über den Gorges du Verdon, dem größten Canyon der französischen Alpen, gaben ihm den Ruf, ein Spider-Man der Schluchten zu sein. Nach einem Sturz im Jahr 1995 aus 18 Metern Höhe in den Calanques - den schroffen Felsen am Mittelmeer, nur 20 Kilometer von Marseille entfernt - lebte Edlinger zurückgezogen im Departement Alpes-de-Haute-Provence. Nach Medienberichten ist die Todesursache noch unklar. Quelle: dpa
Felix BaumgartnerDer Österreicher Felix Baumgartner ist als erster Mensch der Welt aus 30 Kilometern Höhe auf die Erde gesprungen. Für den Basejumper war dies lediglich der Textsprung. Sein Ziel ist es, aus fast 37 Kilometern zu springen. Dabei will er nur in einem Schutzanzug und mit einem Helm bekleidet die Schallmauer durchbrechen. Quelle: dapd
David BelleDer Franzose David Belle gilt als Gründer des Parkour. Belle lernte bei seinem Vater Raymond, einem ehemaligen Vietnamsoldaten, in den Wäldern Nordfrankreichs die Méthode Naturelle. Diese wurde vor allem Soldaten im Rahmen der militärischen Ausbildung beigebracht und setzt auf die Stärken des Individuums. Letztlich geht es darum, sich den effektivsten Weg durch seine Umgebung zu suchen und dabei Hindernisse zu überwinden. Als die Familie in einen Pariser Vorort zog, übertrug David Belle die Méthode Naturelle auf die urbane Umgebung und erfand so Parkour. Quelle: dpa
Nik WallendaIm Juni 2012 ist der amerikanische Artist Nik Wallenda über die tosenden Gischt der Niagarafälle balanciert. 60 Meter hoch schwebte das Drahtseil über dem Wasser. Die 550 Meter lange Strecke legte er in 25 Minuten zurück. Die Welt schaute dabei via Livecam zu, und vor Ort hielten Zehntausende die Daumen. Die Übertragung hatte der Sender ABC geliefert und darauf bestanden, dass Wallenda einen Sicherheitsgurt trägt. Es war das erste Mal, dass sich der Artist überhaupt auf diese Art absicherte. Quelle: REUTERS
Walerij RosowDer Basejumper Walerij Rosow zählt zu den wagemutigsten in der Basejumping-Szene. Bei Temperaturen von minus 30 Grad Celsius bestieg der Russe den Berg Ulvetanna in der Antarktis, um dann die 3000 Meter hohe Steilwand hinabzuspringen. 45 Sekunden flog er an der Felswand entlang, ehe er die Reißleine zum Fallschirm zog. Quelle: dpa
Johan Vervoort Einer der bekanntesten Basejumper der Welt ist der Belgier Johan Vervoort. 2007 ging er ein hohes Risiko ein und sprang von einem nur 22 Meter hohen Turm. Nach bisherigen Erkenntnissen ist dies die geringste Höhe, aus der sich ein Fallschirm überhaupt noch sicher öffnen lässt. Quelle: AP
Jean-Yves BlondeauEr ist der Mann der Rollen - der Franzose Jean Yves Blondeau ist in einem Rollenanzug eine der berühmtesten Straßen Chinas heruntergerast. 99 enge Kurven auf elf Kilometern bewältigte er in nicht einmal 20 Minuten. Quelle: REUTERS

Immer besser werden und sich selbst zu verbessern – das lässt Herr, der Biophysik studiert hat und inzwischen die Forschungsgruppe Biomechatronik am renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT) leitet, bis heute nicht los: Der mittlerweile 46-Jährige besitzt künstliche Beine, die ihn 2,40 Meter groß machen. So kann er an sich unerreichbare Griffe und Tritte im Berg noch erreichen. Modelle mit Titan-Spikes helfen ihm, sich ins Eis des Berges zu krallen. Oder sie enden in entenfußartigen Gummilappen, die auf glattem Stein haften.

Dank seiner High-Tech-Füße erklimmt Herr seit seinem Unfall Wände, die vor ihm kein Mensch bezwingen konnte. „Ich kann damit besser klettern als mit echten Beinen“, sagt er.

Ein Traum, so alt wie die Menschheit selbst

Über sich selbst hinauszuwachsen ist ein Traum, so alt wie die Menschheit selbst. Und so ist es dem Homo sapiens mit Hilfsmitteln wie dem Rad oder Erfindungen wie Flugzeugen und Raumschiffen im Laufe der letzten Jahrtausende gelungen, sich viel schneller fortzubewegen, als seine Füße ihn tragen – und sogar bis zum Mond zu fliegen. Doch keine der technologischen Innovationen hat den Menschen selbst verändert oder gar verbessert: In seiner körperlichen Entwicklung war er bisher auf die biologische Evolution angewiesen.

Damit ist jetzt Schluss, glauben Visionäre wie Herr: „Mensch und Maschine sind dabei, miteinander zu verschmelzen“ – zum Homo roboticus sozusagen.

Zahlen zu Prothesen und Implantaten

Für diese neue Spezies werden Unfallfolgen und Behinderungen nicht mehr nur repariert – Technologiesprünge in der Sensorik und Prothetik versetzen die Menschen in die Lage, Dinge zu tun, die ihnen bislang unmöglich waren: etwa Infrarot- oder Ultraschallwellen wahrzunehmen, Farben zu hören, Magnetismus zu spüren und das Gehirn zu tunen.

US-Forscher Herr sieht sich als Prototyp eines solchen neuen, optimierten Menschen. „Selbst wenn es möglich wäre – ich wollte meine echten Beine nicht wieder haben.“ Und selbst gesunde Menschen erschließen sich mithilfe elektronischer Bauteile diese neuen Sinneswelten. Sie lassen sich Sensoren und Computerchips in ihren Körper implantieren und verwandeln sich in sogenannte Cyborgs.

Unsterblich im Netz

"Wann kommt endlich das Beamen?"
HolodeckWas für Science-Fiction-Fans schon lange bekannt ist, beschäftigt derzeit ein Team von amerikanischen Wissenschaftlern: Lee Sheldon, Professor am Rensselaer Polytechnic Institute und Star-Trek-Autor, versucht ein Holodeck zu bauen, wie es in der SciFi-Serie Star Trek vorkommt. Das "Emergent Reality Lab" soll seinen Benutzern das Gefühl von Temperatur, Wind, Bodenbeschaffenheit und Gerüchen vermitteln - ganz so, als befinde er sich in einer realen Umgebung. In einem Testlauf habe man Studenten mit dem Holodeck nach China versetzt, damit sie die chinesische Sprache lernen. Quelle: Screenshot
Bereits im Vorfeld hatten Forscher der University of Southern California versucht, virtuelle Welten innerhalb eines Raumes zu schaffen. Die Universitätsforscher nutzen unter anderem die Virtual-Reality-Brille Oculus Rift, einen Motion Controller Razor Hydra und Playstation Move, um durch die virtuellen Welten zu wandern. Mit einem Holodeck, wie in der TV-Serie, hatte das aber noch nicht viel zu tun. Wissenschaftler der Universität in Tokio arbeiten eher an 3D-Projektionen als Grundlage für das Holodeck. 2009 stellten sie erstmals Holoprojektionen vor, die bei Berührung Druck ausübten. Quelle: dpa
BeamenKönnten wir uns von einem Ort zum anderen beamen, wären so viele Probleme gelöst: Keine Fernbeziehungen mehr, Familien könnten sich öfter sehen und weder Autos, noch Schiffe, noch Flugzeuge würden die Luft verpesten. Im Kleinen ist das sogar schon möglich. Wissenschaftlern ist es bereits gelungen ein Photon über eine Distanz von 144 Kilometern zu teleportieren. Doch vielmehr als eine verschlüsselte Nachricht, ist das noch nicht. Quelle: dpa
Augmented RealityEine Brille oder Kontaktlinsen, die einem die Fähigkeiten des Terminator verpassen - daran wird schon lange geforscht. Erste Ergebnisse sind auch schon auf dem Markt. So zum Beispiel die Ski-Brille Oakley Airwave. Das Display der Brille blendet Informationen wie Geschwindigkeit und Temperatur oder SMS ein. Für das nächste Jahr wird mit der Markteinführung der Googles Project Glass gerechnet, die ebenfalls Informationen über die Umgebung ausspuckt. Ein relativ neuer Trend ist die Kontaktlinse, mit der künftig auch das US-Militär arbeiten könnte, um den Soldaten so zusätzliche Informationen zu Drohnen und Satelliten zu liefern. Quelle: dpa
Autonome FahrzeugeGoogle hat im Mai 2012 die erste US-Lizenz für ein fahrerloses Auto erhalten, sofern sich Personen an Bord befinden, die im Notfall eingreifen könnten. Bislang sind die Testfahrzeuge unfallfrei unterwegs. Auch Toyota soll inzwischen mit recht weit sein und erste fahrerlose Autos getestet haben. Mit einer Markteinführung wird jedoch nicht vor 2020 gerechnet. Quelle: rtr
Der schlaue KühlschrankIntelligente Haushaltsgeräte gibt es bereits: Zum Beispiel den berühmten Kühlschrank, der sich per Online-Bestellung selbst wieder auffüllt. Im September 2011 stellte Siemens ein solches Gerät vor, das die fehlenden Lebensmittel per Smartphone-App orderte. Auch LG hat schon Schränke dieser Art entwickelt. Einheitliche Betriebssysteme oder Standards haben sich bisher allerdings noch nicht durchgesetzt. Quelle: dpa
SolarantriebEin Dach aus Photovoltaik treibt dieses Fahrzeug an. Während Hybrid-Fahrzeuge schon in Serie hergestellt werden, scheint dies für solarbetriebene Fahrzeuge erst einmal nicht möglich - witterungsbedingt. Quelle: dpa

Das ist nur der Anfang. Futurologen wie der US-Forscher Ray Kurzweil sind überzeugt, dass binnen weniger Jahrzehnte auch die Datenübertragung zwischen Gehirn und externen Computern funktionieren wird. Dann ließe sich nicht bloß die eigene Denkleistung mit fremder Rechnerleistung steigern. Wenn wir auf diesem Weg eines Tages all unsere Erinnerungen und unser Wissen auf Festplatten auslagern können, würden wir quasi unsterblich, glaubt Kurzweil: Wir lebten digital im Internet ewig weiter.

Das ist noch Science-Fiction. Ganz real dagegen sind künstliche Gliedmaßen, digital steuerbare Implantate und vernetzbare Schrittmacher.

Mensch 2.0 - Welche Techniken und Implantate uns besser leben lassen

So geben Computerchips Blinden ihr Augenlicht zurück und lassen Taube wieder hören. Moderne Prothesen werden an die elektrischen Impulse der verbliebenen Körpermuskeln oder Nerven angekoppelt und so gesteuert.

Elektronische Schrittmacher aller Art greifen in fehlgeleitete oder erlahmende Körperfunktionen ein: Sie halten Herz und andere Organe mit elektrischen Impulsen auf Trab und stillen Schmerzen. Einige der Steuergeräte reichen mit ihren Elektroden sogar bis ins Gehirn, um epileptische Anfälle oder das Zittern von Parkinson-Kranken zu heilen.

Eine neue Ära

Seit den Anfängen von Krücken, Holzbeinen, Lupen oder Hörrohren haben sich die Möglichkeiten der Körperrestauration und damit auch der Lebensverlängerung enorm verbessert. Heute sind es vor allem mit Mikroelektronik vollgestopfte Bauteile, die diese Entwicklung in großen Sprüngen vorantreiben. Lange Zeit lieferten sich die Informatiker bei der menschlichen Optimierung einen Wettlauf mit den Biotechnologen.

Auch die stehen vor einer neuen Ära: Regenerative Therapien sollen mithilfe von Stammzellen ganze Organe wie Herz, Niere oder Leber nachwachsen lassen. Derzeit aber liegen die Biotechnologen zurück. Denn verglichen mit dem, was sie vorhaben, ist es gerade ein Kinderspiel, Elektroden in den Körper einzukoppeln.

Und auch die Verfechter der Gentherapie, die defekte Erbanlagen repariert, halten mit den Fortschritten der IT-Optimierer nicht mit. Die nächste Evolutionsstufe biotechnischer Bastelarbeiten kommt schlicht zu langsam voran.

So bekam erst kürzlich – nach 25 Jahren Forschungsarbeit – die erste Gentherapie der westlichen Welt eine Zulassung. Und vom Ursprungstraum vieler Forscher, den Nachwuchs genetisch zu optimieren, lässt die Wissenschaft seit Jahren die Finger. Ganz einfach, weil diese Art von Zuchtwahl in der westlichen Welt ethisch und moralisch für das Gros der Menschen derzeit inakzeptabel ist.

Dagegen hat das technische Tuning, wie etwa der Einsatz von Mikrochips und Schrittmachern aller Art, seinen Schrecken verloren. Und je ausgefeilter die technischen Hilfsmittel in den vergangenen Jahren geworden sind, desto öfter stellen sich Betroffene und Entwickler die Frage: Warum sollte Prothetik beim Normalmaß haltmachen und bloß das Original kopieren?

High-Tech-Prothesen

Sportler wie Oscar Pistorius nutzen leichte Karbonfedern für die Beine - und erreichen damit Spitzenzeiten. Quelle: dpa

Etwa beim weltweit führenden Prothesenhersteller Otto Bock aus Duderstadt bei Göttingen. Dessen Kunstarme und -beine stellen technologisch derzeit die Spitze der Technik dar: Sie stecken voller Elektronik, steuern in Millisekunden zum Beispiel die Position eines Kunstbeins beim Gehen, Rennen oder Treppensteigen. „Wir sind froh, wenn wir Menschen so die verlorenen Funktionen teilweise wiedergeben können“, sagt Neurotechnik-Forschungschef Bernhard Graimann.

30.000 bis 40.000 Euro kosten solche High-Tech-Beine inklusive Behandlung – pro Stück. Und bisher sehen sie normalen Beinen noch sehr ähnlich. Doch auch bei Otto Bock hat der Trend zur Optimierung Einzug gehalten: So gibt es für Handwerker spezielle zangenartige, robuste Arbeitsaufsätze als Alternative zur naturgetreuen Greifprothese. Und Sportler nutzen superleichte Karbonfedern für die Beine.

Pistorius weist Bolt-Vergleich zurück

Der südafrikanische Olympionike Oscar Pistorius trug solch einen Fußersatz vergangenes Jahr bei den Sommerspielen in London – und musste vorher nachweisen, dass die Federn ihm – wegen der größeren Schnellkraft – gegenüber nicht behinderten Sportlern keine Vorteile verschaffen. Auch die US-Sportlerin Aimee Mullins schätzt solche Federbeine. Schon 1996 stellte sie mit ersten Prototypen bei den Paralympics in Atlanta zwei Sprint-Weltrekorde über 100 und 200 Meter auf.

Schöner als das Original

Die Leichtathletin und Schauspielerin Aimee Mullins kam wie Pistorius ohne Wadenbeine auf die Welt. Sie trägt Prothesen, seit sie zwei Jahre alt ist. Von den Kunstbeinen hat sie heute mehr als ein Dutzend, die sie beim Sport, auf dem Laufsteg und vor der Kamera ganz offen zeigt. Ein Teil glänzt nämlich weniger mit aufwendigem High-Tech-Innenleben, sondern vor allem mit auffallender Optik: etwa ein Paar handgeschnitzte Holzstiefel, mit denen Mullins 1990 auf dem Laufsteg für heftige Diskussionen sorgte. Und in ihrer Rolle im Film „Cremaster 3“ trägt sie Beine, die wie Gepardenläufe mit Pfoten gefertigt sind.

Für ihre Arbeit als Model hat sich die 37-Jährige in London jüngst ein Paar Prothesen anfertigen lassen, das sie 15 Zentimeter größer macht. Die superlangen Beine kommen auf dem Laufsteg gut an. Die in New York lebende Schauspielerin trägt sie aber auch in ihrer Freizeit, etwa wenn sie in Manhattan auf Partys geht. Als sie einer Freundin dabei erstmals in Langform begegnete, berichtet Mullins, habe sich die allen Ernstes über den ungleichen Wettbewerb beklagt: „Es ist einfach nicht fair, dass du diese Wahlmöglichkeiten hast.“

Gerade dass sie sich ihre Beine je nach Gusto aussuchen könne, sei ein Grund dafür, das sie sich nicht im Geringsten behindert, sondern geradezu im Vorteil fühle, sagt Mullins. „Was bedeutet es eigentlich, eine Behinderung zu haben?“, fragt sie und verweist auf Pamela Anderson. Die habe jede Menge Prothesen im Körper: „Aber niemand würde sie deshalb als behindert bezeichnen.“

Umso mehr, als der Körper sein Potenzial oftmals gar nicht ausschöpft. Etwa bei den Augen: Deren Farb- und Helligkeitsrezeptoren könnten theoretisch etwa doppelt so gut sehen, wie sie es tatsächlich tun, sagt der Kölner Augenchirurg Omid Kermani. Doch das Adler-Potenzial im Augeninneren bleibt ungenutzt, weil die vor die Netzhaut geschaltete Augenlinse und die Hornhaut zu viele bauliche Fehler haben.

180 Prozent Sehfähigkeit

Wie Brillen das Image verändern
Kleider machen Leute, sagt der Volksmund. Wenn das stimmt, dann sind Brillen das i-Tüpfelchen des modebewussten Menschen. Natürlich liegt diesem vermeintlichen Stylevorsprung einer Schwäche zugrunde: Ohne Brille können immer mehr Menschen in unserer heutigen Zeit nicht mehr richtig sehen. Doch diese Schwäche gilt es zu kaschieren und die Fassung dient dabei als mögliches Mode-Accessoire, dessen Potenzial es völlig auszuschöpfen gilt. Politiker, Künstler und Firmenchefs machen vor wie. Quelle: AP
Außenminister Guido Westerwelle hat bei seinem Brillenkauf alles richtig gemacht. „Die schmale Fassung ist modern, neu, elegant und sachlich. Sie passt zum Typ und sicher gewollten Image”, sagt Kerstin Kruschinski vom Kuratorium Gutes Sehen. Quelle: AP
"Brillen dienen bei Personen des öffentlichen Lebens dazu, einen optischen Wiedererkennungswert zu schaffen", so Petra Waldminghaus, Geschäftsführerin der Imageberatung Corporate Color. "Ohne Gläser könnten sich Fans und Medien nicht so einfach an die Personen wieder erinnern". Sicherlich ein Beispiel für eine Marke, die ohne Brille nicht so gut funktionieren würde: Der Musiker Udo Lindenberg. Quelle: dapd
Gregor Gysi zeigt sich gegenüber Trends resistent und trägt schon seit Jahrzehnten Brillen mit runden Gläsern. Quelle: dpa
„Die runden Gläser passen gut zu seiner extravaganten Erscheinung und der intellektuelle Touch des Modells betont seine pfiffige Art zusätzlich”, urteilt Kruschinksi dagegen über die Brille von Horst Lichter. Quelle: dpa
Auch Politikern ist ihre Außenwirkung besonders wichtig. Die Ausprägung dieser Eitelkeit variiert natürlich, einigen reicht es schon, wenn sie als Politiker und mögliche Staatsmänner überhaupt wahr genommen werden. "Eine schwarze Fassung mit breiten und dicken Brillenrändern hilft einer Person bei ihrer äußeren Wahrnehmung in einem Raum", so die Imageberaterin Petra Waldminghaus. "Einige Politiker oder Unternehmenschefs brauchen daher diese trendigen und nerdigen Brillen, um sich eine stärkere Präsenz zu verschaffen". Vor diesem Hintergrund lässt sich der Brillenwechsel des SPD-Fraktionsvorsitzenden Frank-Walter Steinmeier vielleicht besser erklären. Links: die alte Fassung der Steinmeiergläser; rechts: der neue Steinmeier im Bundestag. Quelle: dapd
Kein anderer deutscher Politiker hat in der Vergangenheit so viele verschiedene Brillenmodelle ausprobiert wie Ronald Pofalla. Nach markanten ovalen und eckigen Modellen trägt er aktuell ein rahmenloses Gestell. Quelle: AP/dapd

„Ein biologisches System ist nie so optisch korrekt wie eine technische Linse“, sagt Kermani. Und so wird inzwischen mancher Sehgetrübte durch die Augen-OP zum technisch aufgerüsteten Menschen. Denn Patienten mit grauem Star können das getrübte Original heute durch Hochleistungs-Kunststofflinsen ersetzen lassen. Manche der Operierten erreichen damit 120 bis 180 Prozent der normalen Sehleistung, sagt der Augenarzt.

Prominentestes Beispiel aus Kermanis Praxis ist der Fernseh-Kabarettist Rüdiger Hoffmann. Der trat zwar immer ohne Brille auf, doch wegen seiner Star-Erkrankung konnte er dabei in den letzten sechs Jahren kaum noch etwas sehen. Nach der Operation im vorigen Jahr ist er nun quasi mit Adlerblick ausgestattet: „Ich sehe viel besser als vor der Erkrankung.“

Solche Erfolge lassen sich mithilfe von Sehchips, die vor oder hinter die Netzhaut implantiert werden, noch nicht erreichen. Aber immerhin erfassen die Sensoren ein Schwarz-Weiß-Bild, das den zuvor erblindeten Menschen erlaubt, sich ohne Hilfe zu orientieren und auch große Schriftzeichen wieder zu erkennen.

Der britische Künstler Neil Harbisson hat der Optimierung seines Körpers noch eine weitere Komponente hinzugefügt. Der Musiker und Maler ist farbenblind, er kann die Welt nur in Schwarz-Weiß und in Grautönen sehen. „Für mich sehen Himmel und Wiese immer grau aus, genauso wie Blumen“, beschreibt Harbisson: „Und auch das Fernsehen läuft für mich noch in Schwarz-Weiß.“

Der farbenblinde Künstler Neil Harbisson kann dank einem

Er hat seine Sinne deshalb mit einer technischen Apparatur erweitert, die er Eyborg nennt. Das elektronische Auge hatte Harbisson vor neun Jahren zusammen mit dem Informatiker Adam Montandon entwickelt, um Farben hören zu können. Seither wandelt der optische Sensor des Eyborgs, den Harbisson an einem Bügel vor seiner Stirn trägt, Farben für ihn in Töne um, die er via Knochenschall empfängt.

Farben als Klangteppich

So klingt die Farbe Rot für ihn wie der Ton F, Gelb wie ein G, und ein Gemüsestand ist für ihn heute ein akustischer Genuss. Wenn er sich anziehe, erzählt Harbisson, dann wähle er die Farben nach seiner Stimmung aus: „Zu einer Beerdigung würde ich wohl Moll tragen.“ Inzwischen ist er so vertraut mit dem Bunt-Hören, dass er auch farbige Kunstwerke malt.

Der 30-Jährige belässt es nicht beim farbigen Standardrepertoire. Er findet die Vorstellung spannend, wie zum Beispiel Haie auch elektromagnetische Felder wahrnehmen zu können. Sein Credo lautet: „Wenn wir unsere Sinne erweitern, werden wir folglich auch unser Wissen vergrößern.“

Mithilfe seines technischen Hilfsmittels ist er deshalb auch in der Lage, infrarotes und ultraviolettes Licht – in Töne verwandelt – wahrzunehmen; Farben, die kein Mensch sonst erkennt.

Wozu Infrarot- und UV-Sinn gut sein sollen? Harbisson findet es praktisch: „So merke ich, ob sich ein Bewegungsmelder in der Nähe befindet oder ob es ein guter Tag zum Sonnenbaden ist.“

Tatsächlich trägt der in Spanien lebende Brite seinen Eyborg heute ständig, obwohl das Gerät bisher nur an den Kopf geklemmt ist. Lediglich der Empfangschip wurde ihm in den Kopf eingepflanzt. Dennoch setzte er durch, dass die britischen Behörden im Pass ein Foto akzeptierten, das ihn mit dem Gerät zeigt.

Anerkannter Cyborg

Die Stars unter den Maschinenwesen
Der Sensible Quelle: Massachusetts Institute of Technology (MIT)
Mondspinne Quelle: dpa
Helfer fürs Heim Quelle: AP
Eiserne Hand Quelle: DLR
Genossin Frida
Nächste Stufe Quelle: Honda
Flinker Putzer Quelle: dapd

Der technische Sehsinn sei eben kein Handy, das man weglegen könne, so Harbisson: „Es gehört zu mir und meinem Körper.“ Entsprechend konsequent betrachtet sich der junge Mann seither nicht nur als ersten staatlich anerkannten Cyborg. In diesem Jahr, noch vor Ostern, will er sich den Eyborg in Barcelona sogar in den Kopf implantieren lassen. Dazu musste er 14 Ärzten Rede und Antwort stehen. Es dauerte Monate, bis sie zustimmten.

Auch wenn Harbisson seine Sinneserweiterung ursprünglich wegen der Farbenblindheit erdachte, so motiviert er inzwischen offensiv auch gesunde Menschen dazu, sich technische Implantate einsetzen zu lassen. Tatsächlich gibt es bereits zahlreiche Enthusiasten, die sich mithilfe von technischen Implantaten optimieren wollen. Sie nennen sich Body-Hacker oder Gringer, was sich mit Körper-Knackern oder Schleifern übersetzen lässt.

Sie lassen sich beispielsweise Magnete unter die Haut einer Fingerkuppe implantieren. Damit können sie dann kleine Nägel oder Nadeln anziehen und vom Boden aufheben. Ein leichtes Vibrieren im Finger wiederum zeigt an, dass elektromagnetische Felder in der Nähe sind, sei es die Mikrowelle in der Küche oder die Hochspannungsleitung vor der Tür. Auch die Stromleitung in der Wand sollte so zu erspüren sein, was vor dem Bohren eines Lochs ein entsprechendes Prüfgerät ersetzen könnte.

Und eine Jugendfreundin von Harbisson, Moon Ribas, trägt spezielle Ohrringe mit Infrarot-Sensor. So kann sie orten, ob sich jemand von hinten nähert – dann vibrieren die Ringe. Seit 2010 versammeln Ribas und Harbisson Gleichgesinnte in ihrer Cyborg Foundation.

Ein weiterer Pionier des Body-Hackings ist Tim Cannon aus Pittsburgh: „Schon als Kind habe ich allen Leuten erzählt, dass ich ein Roboter sein will“, offenbarte er dem US-Online-Magazine „The Verge“. Für den Softwareentwickler teilt sich die Welt demnach so auf: „Computer sind Hardware, Apps Software und Menschen Wetware.“

Die Körper-Knacker

Das Ziel der Bewegung schildert er so: „Verbessere dich selbst. Mach es selbst. Teile deine Erfahrungen mit der Welt.“ Cannon und seine derzeit schon rund 1.000 aktiven Mit-Hacker sind völlig infiziert von der Idee, dem menschlichen Körper mithilfe von Elektronikbauteilen ein Upgrade zu verpassen.

Was er über die Magnete hinaus bald an Mikroelektronik in das Feuchtbiotop Mensch integrieren will, verrät Cannon auf der Online-Plattform Grindhousewetware, wo man die Dinge auch erwerben kann: So soll in Kürze ein feuerzeuggroßes Messgerät für Blutdruck, Herzschlag und Körpertemperatur fertig werden. Das Heledd genannte Bauteil wird unter die Haut implantiert und soll die Messdaten per LED-Anzeige durch die Haut hindurch sichtbar machen und laufend an das Smartphone des Besitzers senden.

Gehirnstimulation durch Hirnschrittmacher

Cyborg wider Willen - Mit dem Hirnimplantat kann Helmut Dubiel Stimmungen steuern Quelle: Christof Mattes für WirtschaftsWoche

Ein zweites Projekt ist noch ambitionierter: Eine leitfähige Kopfkappe soll die Hirnströme von Menschen durch Elektrostimulation beeinflussen – und damit die Hirnleistung wesentlich steigern. Noch arbeiten die Körper-Knacker aber am technischen Design ihrer Thinkcap. Ist die Denkkappe erst fertig, könnte sie dem Träger wahre Geistesblitze verschaffen, hoffen Cannon und seine Mitstreiter. Wie dauerhaft und wie stark der Effekt dann sein wird, ist allerdings noch nicht klar.

Dass die Stimulation von Gehirnregionen nicht einfach ist, haben allerdings schon zahllose Forscher feststellen müssen. Auch Wissenschaftler des US-Medizintechnikherstellers Medtronic. Der Konzern ist einer der führenden Anbieter von Schrittmachern, sowohl für das Herz, aber auch für das Gehirn. Doch selbst bei zugelassenen Produkten ist nicht immer ganz klar, wie sie genau funktionieren – und warum eine tief ins Gehirn vorgeschobene Elektrode bei einem Patienten Parkinson-Symptome wie Zittern ohne Nebenwirkungen unterdrückt, beim anderen aber nicht.

Das Versuchskaninchen

So kam sich Helmut Dubiel einst vor wie ein Versuchskaninchen, als er vor zehn Jahren einen solchen Hirnschrittmacher implantiert bekam. Den Soziologie-Professor aus Frankfurt hatte die Parkinson-Krankheit ungewöhnlich früh getroffen. Mit 46 Jahren wurde sie bei ihm diagnostiziert. Damals stand er kurz davor, das renommierte Frankfurter Forschungsinstitut, das einst Adorno und Horkheimer geleitet hatten, als Direktor zu übernehmen. Doch die Krankheit, die ihn mal lähmte, mal schüttelte, machte ihn öffentlich unmöglich und ruinierte seine Karriere.

Die am häufigsten falsch behandelten Krankheiten
Platz 10: Uterus myomatosusKnapp zwei Drittel aller Fehler, die von den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Bundesärztekammer anerkannt wurden, ereigneten sich in Krankenhäusern. Auf Platz 10 der dort am häufigsten fehlbehandelten Krankheiten ist Uterus mymatosus. Dahinter verbergen sich Myome der Gebärmutter, die am häufigsten gutartigen Tumore bei Frauen. 21 Mal behandelten Krankenhaus-Ärzte diese Krankheit vergangenes Jahr falsch.Woran die zahlreichen Fehler in Krankenhäusern liegen, hat die WirtschaftsWoche bereits im April analysiert. Quelle: Fotolia
Platz 9: Gallenstein23 Mal wurden in Krankenhäusern Gallensteine, also Cholelithiasis, falsch behandelt. Quelle: Fotolia
Platz 8: Oberflächliche VerletzungenWunden und Schrammen wurden in deutschen Krankenhäusern 26 mal falsch behandelt – womit sie auf Platz 8 landen. Bei Fehlbehandlungen in Arztpraxen erreichen oberflächliche Verletzungen Platz 10. Niedergelassene Ärzte behandelten sie nur zehn Mal falsch. Quelle: REUTERS
Platz 7: HandfrakturKnochenbrüche an der Hand behandelten Krankenhausärzte vergangenes Jahr 30 Mal falsch. Damit erreichen Handfrakturen Platz 7. Bei Fehlbehandlungen durch niedergelassene Ärzte erreichen Handfrakturen Platz 8. Sie behandelten diese Knochenbrüche zwölf Mal falsch. Quelle: dapd
Platz 6: Schulter- und OberarmfrakturNur einmal mehr fuschten Krankenhaus-Ärzte bei Brüchen an Schulter und Oberarm: Hier gab es 31 Fehlbehandlungen. Bei niedergelassenen Ärzten kommen  Fuschereien in diesem Bereich gar nicht in den Top 10 vor. Quelle: Fotolia
Platz 5: Unterschenkel- und SprunggelenkfrakturGanze 21 Mal häufiger wurden Brüche an Unterschenkel- und Sprunggelenken falsch therapiert. Hier gab es in deutschen Krankenhäusern 52 Fehlbehandlungen. In Praxen gab es bei Unterschenkel- und Sprunggelenkfrakturen sogar mit 15 Fällen die zweithäufigsten Fehlbehandlungen. Quelle: dpa-tmn
Platz 4: OberschenkelfrakturMit 63 Fuschereien in Krankenhäusern landen Oberschenkelfrakturen auf Platz 4. In niedergelassenen Praxen kommen Oberschenkelfrakturen nicht in den Top 10 der Fehlbehandlungen vor. Quelle: dpa

Zwar lehrte er an der Universität Gießen weiter und versuchte die Symptome mit Medikamenten zu unterdrücken. Als diese nicht mehr wirkten, ließ er sich auf jeder Seite des Körpers einen Hirnschrittmacher einsetzen. Steuerung und Batterie der Implantate wurden unter den Schlüsselbeinen platziert, die Elektroden reichen bis ins Gehirn – in einen Bereich, der für das typische Zittern und Verkrampfen von Parkinson-Kranken zuständig ist. Mithilfe von elektrischen Impulsen lassen sie sich wieder unter Kontrolle bekommen.

Er wurde unfreiwillig zum Cyborg, der mithilfe eines Schalters, der Frequenz und Stärke der Impulse verändert, sowohl seine Körperfunktion als auch seine Befindlichkeit steuern konnte. Doch das war nicht die einzige Wirkung, wie Dubiel 2006 in seinem Buch „Tief im Hirn“ schreibt.

Gute Laune per Knopfdruck

So geht es der Winterdepression an den Kragen
Licht ist wichtigDie Wintertage sind in Mitteleuropa kurz. Wer kann, sollte die wenigen hellen Stunden am Tag nutzen und so viel Licht wie möglich tanken. Zu wenig Helligkeit ist meist der Grund für Winterdepressionen, der Körper stellt sich schneller auf das Schlafen ein und produziert verstärkt das Schlafhormon Melatonin. Schon ein kleiner Spaziergang hilft, sogar an Schlecht-Wetter-Tagen. Sogar dann liegt die Lichtstärke draußen noch bei 2000 Lux. In beleuchteten Räumen ist es zwischen 500 und 600 Lux hell. Im Norden Europas, wo es bekanntlich noch dunkler ist, versuchten Stockholmer Gastronomen aus dem Lichtmangel eine Geschäftsidee zu schlagen und eröffneten das sogenannte Lichtcafé. Hier saß man in grellem UV-Licht und genoss seinen Cappuccino. Richtig rentiert hat sich die Idee nicht. Das Café musste inzwischen wegen zu hoher Mieten geschlossen werden. Quelle: dpa
LachenLachen ist mit die beste Medizin gegen den Winterblues. Studien haben gezeigt, dass beim Lachen Serotonin also Glückshormone ausgeschüttet werden. Das regt die Selbstheilungskräfte des Körpers an. Am besten trifft man sich mit Freunden auf einen Spieleabend, schaut sich eine Komödie im Kino an oder besucht mal wieder das Kabarett. Das hilft. Quelle: dpa
SportSport hält nicht nur fit, Sport macht gute Laune. Durch die Bewegung kommt der Stoffwechsel in Schwung. Der Körper schüttet Hormone wie Endorphin, Dopamin und Serotonin aus. Das macht gute Laune. Doch Vorsicht: Wer im Winter gerne Sport treibt, sollte ein paar Regeln beachten. Diese finden sie hier. Quelle: dpa
Ab ins WarmeWer einen tropischen Indoor-Garten in seiner Stadt hat (wie hier im Leipziger Zoo), sollte die Gelegenheit nutzen und ein bisschen Wärme tanken. Das tut den Knochen und der Seele gut. Quelle: dpa
Beauty-TagWenn es draußen schon grau und hässlich ist, kann man doch wenigstens etwas für die eigene Schönheit tun. Eine vitaminreiche Maske sorgt für Entspannung, reinigt die durch Heizungsluft geplagte Haut und versorgt sie mit Feuchtigkeit. Quelle: AP
Wellness purSich einmal richtig durchkneten lassen - der Winter ist genau die richtige Zeit für das Verwöhnprogramm. Dabei bietet sich sowohl die schnelle halbstündige Massage in der Mittagspause als auch der Besuch einer Saunalandschaft oder eines Dampfbades an. Quelle: dpa/dpaweb
ShoppingDem grauen Tag einen bunten Schal entgegen setzen, so macht Winter Spaß. Frei nach dem Motto "Gönn dir was" ist shoppen in der Winterzeit eine gute Alternative, um aus dem Haus zu kommen. Am besten lässt es sich in beheizten Malls einkaufen - und das, wenn möglich unter der Woche, wenn die Läden nicht ganz so überlaufen sind. Quelle: dpa

Direkt nach der Operation war Dubiels Zustand niederschmetternd. Zwar war er seinen Tremor und unkontrollierte Bewegungen los. Doch dafür hatte er schwere Depressionen und konnte sich kaum noch verständlich ausdrücken. Er konnte nur noch leise und undeutlich sprechen. Verheerend für einen Professor, der Vorlesungen vor Studenten halten soll. Auch seine Neurochirurgen, die das Implantat in seinen Kopf eingesetzt hatten, waren lange ratlos.

Erst durch langes Probieren fand Dubiel heraus, wie er die Stromstärke und die Frequenz am Steuergerät einstellen musste, damit er wieder klar und deutlich kommunizieren konnte – auch die Depressionen verschwanden. Dafür zeigten sich unerwünschte Nebenwirkungen, denn auch das Zittern und Zappeln fing wieder an.

Dass er per Knopfdruck von Sprechen auf Bewegen umschalten konnte und mit derselben Fernbedienung willentlich seinen Kopf von Schwermut auf Heiterkeit umpolen konnte, das machte dem Soziologen erst einmal Angst. Doch seit er sich vor vier Jahren aus der Lehre zurückzog, hat er Frieden mit seinem Schrittmacher geschlossen: „Ich schalte einfach nicht mehr hin und her“, sagt der heute 66-Jährige – und hat sich dabei für die Beweglichkeit entschieden.

Neue Lebensfreude

Seine kleine, zweijährige Tochter versteht ihn auch so. Tatsächlich hat Dubiel sich in der Apotheke, in der er seine Medikamente holt, in die Apothekerin Hella Becker verliebt. Und sie sich in ihn. Sie heirateten und leben heute zu dritt in einem Einfamilien-Reihenhäuschen in Frankfurt. „Das gibt mir unendlich viel Lebensfreude, die ich schon längst verloren glaubte“, sagt Dubiel.

Statt Trübsal zu blasen, flitzt er nun wieder mit einem vierrädrigen behindertentauglichen Elektromobil durch die Stadt, erledigt Einkäufe und Besorgungen. Und in einem Punkt ist Dubiel sich inzwischen ganz sicher : „Ohne den Schrittmacher wäre ich ein körperliches Wrack.“ Und so denkt er inzwischen auch darüber nach, sich ein neues, verbessertes Modell einsetzen zu lassen.

Dass eine solche Hirnprothese seine grauen Zellen eines Tages womöglich per Turbo-Schalter auf doppelte Leistungsfähigkeit pushen könnte, das würde er heute in Kauf nehmen. Nach Jahren der Skepsis steht Dubiel dem optimierten Homo roboticus heute positiv gegenüber: „Auch wenn vieles noch verrückt klingt, man sollte es unbedingt ausprobieren.“

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